Praxismanagement 06.08.2009

Wie Zahnärzte das Potenzial für Verbesserungen erkennen



Wie Zahnärzte das Potenzial für Verbesserungen erkennen

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Beobachtet man erfolgreiche Zahnärzte, treibt diese gemeinschaftlich eine Einstellung an: Sie leben in dem Bewusstsein, dass es in einer Praxis nichts gibt, was nicht besser werden könnte. Sie haben erkannt: Die kontinuierliche Verbesserung ist allemal besser als die aufgeschobene Vollkommenheit. Und sie tun sehr viel dafür, ständig besser zu werden.

Viele Zahnärzte sonnen sich in ihren Stärken und merken dabei nicht, wie schnell diese Stärken heute kopiert werden können. Es reicht nicht aus, sich bestätigen zu lassen, in welchen Bereichen man sehr gut ist. Viel wichtiger ist, herauszufinden, wo das Potenzial für Verbesserung liegt. Viele Zahnärzte erkennen Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens häufig zu spät, obwohl sie im Vergleich zu größeren Unternehmen doch eigentlich flexibler sein müssten. Ursachen sind nicht selten die mangelnde Anpassungsfähigkeit im Informationszeitalter und die immer kürzer werdenden Zyklen von gesundheitspolitischen Entscheidungen.

Qualität steht vor Quantität
Zahnärzte tun oft etwas, weil sie es schon immer getan haben. In Zeiten der Globalisierung und der wirtschafts- und gesundheitspolitischen Versäumnisse der letzten 20 Jahre stehen Zahnärzte in Deutschland zunehmend in einem harten – nein, in einem sehr harten – Wettbewerb. Hierauf kann der einzelne Zahnarzt nur auf eine Art und Weise reagieren: Er muss aufhören zu jammern, sich seine eigene Konjunktur schaffen und seine Praxis – unter Akzeptanz der (noch) existierenden Rahmenbedingungen – perfekt aufstellen. Perfekt aufstellen heißt, die Praxis möglichst effektiv und effizient zu organisieren. Mit anderen Worten: Der Zahnarzt muss „die richtigen Dinge tun“ (Effektivität) und gleichzeitig müssen er und seine Mitarbeiter „die Dinge richtig tun“ (Effizienz). Nur beides zusammen ist sinnvoll, andernfalls wird die Praxis „fleißig erfolglos“ sein.

Organisation – schwäche die Schwächen
Bei einer Organisation, so wie bei einem Organismus, führen Schwächen zu Krankheit und Tod. Immer wieder kommt es in Praxen zu Schwachstellen und Engpässen. Diese ändern sich von Jahr zu Jahr, sogar oft von Monat zu Monat. In einem Moment gibt es Probleme bei der Terminvergabe, im nächsten klappt die Zimmerbelegung nicht. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Zahnarzt weiß, wo derzeit das größte Problem und die größte Schwachstelle liegen. Es ist wie mit einem Eimer, der Löcher hat. Zuerst muss das große Loch verschlossen werden und dann die kleinen. In einer Praxis gilt daher: Schwäche die Schwächen und verändere ständig!

Die ständige Verbesserung als Weg (Kaizen)
Kaizen ist eine zentrale Säule in jedem Qualitätsmanagement. Das japanische Wort „Kaizen“ (kai = ändern; zen = das Gute) beschreibt ein Managementkonzept, das auf die ständige Veränderung eines Unternehmens hin zum Guten abzielt. Dabei geht es im Gegensatz zu den sprunghaften Veränderungen durch Neuerungen (Innovationen) um eine schrittweise Perfektionierung und Optimierung des Vorhandenen. In dieser Definition finden wir eines der Hauptprobleme des Kaizen, das der ständigen Verbesserung. Diese Verbesserung muss im Ganzen auch von der Unternehmensführung und den Führungskräften gewünscht und gelebt werden sowie ein Grundsatz des Unternehmens sein, der für alle gleiche Gültigkeit hat. Denn wenn es um wirkliche Verbesserung des ganzen Unternehmens geht, kann kein Bereich ausgespart bleiben.

Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP)
Jeder Mitarbeiter ist aufgerufen, sich Gedanken über Verbesserungen im eigenen Arbeitsumfeld und in der Praxis allgemein zu machen. Diese Ideen werden formuliert und in einem Team bewertet, entschieden und umgesetzt. Dieser Vorgang wird dann „kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ genannt und besteht aus vier Vorgängen:

 

  • Einführung des KVP,
  • Sammlung der Ideen und Verbesserungsvorschläge,
  • Bewertung der Ideen und Entscheidung über die Umsetzung,
  • Umsetzung der Idee und Verbesserung.
  1. Einführung: Der wichtigste Schritt ist die Einführung dieses neuen Werkzeuges. Zunächst müssen alle Mitarbeiter auf den gleichen Kenntnisstand gebracht werden, wozu eine ständige Verbesserung und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess überhaupt gut sind. Auch brauchen alle das Vertrauen, dass es dem Chef damit ernst ist und dass wirklich alle an der Gestaltung der Praxis mitwirken können. Wenn dieses Vertrauen aufgebaut wurde, ist die Motivation groß.
  2. Sammlung: Wie soll der Vorgang der Sammlung geschehen? Wohin gehen die Ideen? Werden sie per Papier oder elektronisch eingereicht? Kann jeder Mitarbeiter diesen Weg gehen oder braucht es an manchen Stellen auch Unterstützung, weil Mitarbeiter nicht so gut in der Sprache oder dem Schreiben sind und aus Unsicherheit gute Ideen unterbleiben?
  3. Bewertung der Ideen und Entscheidung über die Umsetzung: Es muss mindestens monatlich ein Team über die eingereichten Ideen und Verbesserungen entscheiden und sofort kommunizieren, ob diese zur weiteren Prüfung aufgehoben, ob sie angenommen oder abgelehnt werden.
  4. Umsetzung der Idee und Verbesserung: Auch der Vorgang der Umsetzung muss geregelt werden. Inwieweit ist der Mitarbeiter, der die Idee oder Verbesserung hatte, eingebunden (er sollte es sein) und gibt es einen Umsetzungsplan (Projektplan)?

Die Anzahl der eingebrachten Ideen für eine Verbesserung und deren Umsetzungsquote sollte in einer Praxis dokumentiert und kommuniziert werden. Beides kann auch Gegenstand von Jahreszielen sein, wobei immer wieder darauf hingewiesen werden muss, dass nicht die Quantität, sondern die Qualität von Prozessen entscheidend ist.


Jeder ist ein Kunde

Ein wichtiger Grundsatz der ständigen Verbesserung ist, dass es in einer Praxis viele Kunden gibt – externe und auch interne. Ist ein Praxisbereich für einen anderen tätig, ist in diesem Fall die eine Praxiseinheit Kunde, die andere Lieferant. Wenn Mängel festgestellt werden, geht häufig ein beliebtes Spiel los. Jeder meldet das, was die anderen besser machen könnten, und niemand hat den wirklichen Kunden im Sinn. Viel besser wäre es, wenn in einer Vertrauenskultur der eine Bereich den anderen auf die festgestellten Fehler hinweist und dieser diese dann in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess einbringt. So entsteht innerhalb einer Praxis die wertschätzende Kultur, dass alle zugleich Lieferanten von Leistungen und ebenso Kunden von Leistungen sind. Das nennen wir dann eine lebende Dienstleistungskultur.

Das Ziel der ständigen Verbesserung
Das Ziel der ständigen Verbesserung ist eine hohe Patienten- oder besser Kundenzufriedenheit, die sich in einer hohen Kundenloyalität ausdrückt. Um diese Form der Kundenzufriedenheit dauerhaft zu sichern, sind ständig kleine Schritte notwendig. Ziel ist es, möglichst große Qualität zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis (dies gilt vor allem auch für private Zusatzleistungen wie Zahnreinigung, Bleaching u.a.) in hoher Geschwindigkeit und mit bequemen Zugangswegen zur Leistung anzubieten. Weitere Ziele sind die Zufriedenheit der Mitarbeiter, das gesellschaftliche Image und natürlich auch das Geschäftsergebnis als Messgröße des Praxiserfolges. Wichtig ist an dieser Stelle wahrzunehmen, dass eine Praxis, die sich ständig verbessert, sich auch ständig verändert – in allen seinen Bereichen, denn keiner darf ausgespart werden. Auf diesen Weg der ständigen Veränderung müssen die Mitarbeiter sorgsam mitgenommen werden. Permanente Weiterbildung ist deshalb Teil des Prozesses der ständigen Verbesserung. Es scheint leicht und ist verführerisch, in schweren Zeiten an der Weiterentwicklung und Ausbildung zu sparen. Kurzfristig mag diese Strategie zur Erleichterung durch Kostenreduktion führen, mittelfristig ist sie eine Katastrophe. Nicht nur weil notwendige Investitionen in die Zukunft verschoben werden, sondern weil so der Wettbewerber einen Vorsprung bekommt, ein Vorsprung, der vielleicht nicht mehr aufzuholen ist.
Eigentlich ist Qualitätsmanagement einfach, aber es ist auch harte Arbeit und braucht die Einbindung aller an und in der Praxis beteiligten Menschen. Es braucht Konsequenz und vor allem den Willen, ständig besser werden zu wollen. Eine wichtige Entscheidung, die heute über die Zukunftsfähigkeit jeder Zahnarztpraxis entscheidet.

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