Psychologie 21.02.2011
Grundregeln im Umgang mit älteren Patienten
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Welche Vorstellung hat man allgemein von älteren Menschen oder Senioren? Immer noch schwirrt in den Köpfen die Vision eines kränklichen und buckligen Opas oder einer schwachen und zittrigen Oma herum. Zähne werden getragen oder auch nicht und der Austausch mit der Umwelt ist eher gering, da diese Menschen sowieso bettlägerig sind. Die Wahrheit ist davon jedoch weit entfernt.
Die Senioren von heute sind aktiv, am Leben interessiert, kümmern sich um ihr Aussehen und die Gesundheit. Die Bereitschaft, für professionelle Arbeit höhere Preise zu zahlen, ist in dieser Generation höher als bei jüngeren Patienten. Der Anteil der älteren Menschen in der Bevölkerung steigt zunehmend, sodass der Zahnarzt gut beraten ist, sich den Problemen und Wünschen dieser Patientengruppe verstärkt zu widmen.
Behandlungsschwerpunkte
Behandlungsschwerpunkte bei älteren Menschen liegen vorwiegend in der Parodontologie und der Wiederherstellung der Funktion bei fehlenden Zähnen. Es liegt nun an dem Zahnarzt, den Patienten über Ästhetik, Nutzen, Funktion und der damit verbundenen diffizilen Arbeit von z.B. hochwertigen Implantaten in Kenntnis zu setzen. Rein emotional und reizbezogen können Sie diese Kunden jedoch nicht gewinnen – das gelingt eher bei jüngerer Klientel. Ältere Menschen sind teilweise schon sehr gut informiert. Auf alle Fälle möchten sie aber umfassend und detailliert informiert und von Ihnen überzeugt werden. Der sogenannte Premiumkunde oder Best Ager muss inhaltlich davon in Kenntnis gesetzt werden, dass Sie und nicht Zahnarzt XY die beste Wahl sind. Zeigen Sie professionell anhand von Modellen, wie der genaue Vorgang sein wird. Geben Sie diesen Patienten auf alle Fälle etwas in die Hand, da Sie damit rechnen müssen, dass die visuellen oder auditiven Sinne schon etwas nachgelassen haben. Der Patient muss umfassend sehen, hören und fühlen, was Sie zu bieten haben. Geben Sie Informationsmaterial mit nach Hause, damit er sich noch einmal alles in Ruhe anschauen kann. Halten Sie wissenschaftliche und unabhängige Studien bereit, um zu überzeugen. Nennen Sie Zahlen, wie häufig Sie die Behandlung schon erfolgreich durchgeführt haben.
Weiterhin nimmt auch die Zahnreinigung einen hohen Stellenwert ein, da es den weniger agilen Menschen unter den Senioren eventuell motorisch nicht mehr möglich ist, einen Mix aus Interdentalbürsten, Zahnseide, Munddusche, Zungenschaber und Zahnbürste zu benutzen. Nehmen Sie sich die Zeit, ausführlich über Zahnpflege und die Notwendigkeit der Hygiene bei vorhandenen Prothesen zu sprechen. Üben Sie mit ihm und geben Sie die Informationen noch einmal schriftlich mit. Nicht selten hört die ältere Dame interessiert zu und hat zu Hause schon wieder alles vergessen. Auch für Familienmitglieder oder Pflegepersonal ist es wichtig, zu erfahren, was genau mit dem Patienten abgesprochen wurde. Das wunderschön voll bezahnte Zahnmodell, das in vielen Zahnarztpraxen vorhanden ist, hat für zahlreiche ältere Patienten übrigens keinerlei Wiedererkennungswert. Ein Modell, bei dem ein paar Zähne fehlen, kann hier weiterhelfen. Regelmäßig Prophylaxetermine werden gerne angenommen, um Schwierigkeiten bei der häuslichen Zahnhygiene auszugleichen.
Praxisregeln
Einige Grundregeln sollte eine Zahnarztpraxis einhalten, wenn sie den Wünschen der älteren Patienten gerecht werden will. Grundsätzlich sollte der Zahnarzt für die Behandlung mehr Zeit einplanen als mit jüngeren Menschen. Das hängt nicht nur von einer möglichen langsameren Auffassungsfähigkeit ab, sondern auch davon, dass ältere Patienten detailliert und tiefgründig informiert werden möchten. Vermeiden Sie im Wartezimmer ein bunt gemischtes Publikum, da rennende Kinder und Jugendliche mit MP3-Playern schnell die Geduld auf die Probe stellen können. Begleiten Sie die Patienten ins Behandlungszimmer – nicht nur aus Angst, dass sich die ältere Person verlaufen könnte. Es ist ein Zeichen von Respekt, wenn die junge Helferin den Patienten begleitet, anstatt ihm einfach nur den Weg zu weisen. Zu guter Letzt ist es für den nächsten Besuch hilfreich, ein Recall-System anzubieten.
Fazit
Zahnärzte, die sich auf die Behandlungsschwerpunkte der Seniorengeneration einstellen und einige Grundregeln im Umgang beachten, werden schnell merken, dass sie einen dankbaren Patientenstamm aufbauen. Ältere Patienten sind an Gesundheit und Ästhetik interessiert und bleiben treue Klientel, sobald sie von der Qualität überzeugt sind. Da sie aber auch gerne von ihren Beschwerden und ihrer Gesundheit erzählen, sind sie über Mund-zu-Mund Propaganda gute Multiplikatoren, was der Zahnarztpraxis wiederum zugute kommt.