Psychologie 25.04.2012

Zahnpflege dauerhaft ändern – durch Routine zum Erfolg



Zahnpflege dauerhaft ändern – durch Routine zum Erfolg

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Anfrage: Beim Thema Zahnhygiene kommt es häufig vor, dass wir den Patienten immer wieder erklären müssen, wie sie ihre Zähne pflegen sollten. Wir arbeiten mit Modellen, wir veranschaulichen die Vorgehensweise als Grafik, wir erklären es mündlich und üben gemeinsam mit den Patienten. Und dennoch gibt es welche, die trotz anfänglicher Motivation schnell wieder in ihr altes Zahnpflegemuster zurückfallen, auch wenn dieses schädlich und wenig hübsch ist. Wie müssen wir bei diesen Patienten vorgehen, damit auch dort die gründliche Zahnpflege zum täglichen Ritual wird?

Informationsvermittlung
Die Beschreibung Ihrer Vorgehensweise beim Erläutern von Zahnhygiene zeigt, dass Sie vom pädagogischen Standpunkt aus alles richtig machen. Sie geben Ihren Patienten mehrere Möglichkeiten, die Vorgänge zu verinnerlichen. Es gibt Personen, die erst einmal etwas in den Händen halten müssen, um es richtig zu verstehen. Andere wiederum sind eher die auditiven Typen, welche Erklärungen benötigen. Der Nächste bevorzugt das gemeinsame Üben und der Letzte eine visuelle Veranschaulichung in Form einer Grafik. Das haben Sie alles bedacht und könnten wahrscheinlich Schulungen zum Thema anbieten. An der überaus professionellen Vorgehensweise muss gar nichts geändert werden.

Motivation
Sie schreiben zusätzlich, dass eine anfängliche Motivation vorhanden ist. Demnach liegt es auch nicht an mangelndem Motivationsvermögen Ihrerseits. Der Patient scheint erkannt zu haben, dass er keine schmerzenden und ungepflegten Zähne haben möchte. Und er hat ein Ziel vor Augen in Form von gesunden Zähnen. Wären diese beiden Motivatoren nicht vorhanden – weg von Schmerzen hin zu Gesundheit –, wäre er auch zu Anfang nicht motiviert. Da er dies ist, machen Sie auch hier alles richtig.

Erarbeiten von Automatismen
Ich vermute, für Sie und Ihre Praxis ist es erst einmal wichtig, zu erkennen, dass der Patient Eigenverantwortung für sein Handeln übernehmen darf. Sie haben ihm das fachliche, informative und praktische Handwerkszeug gegeben, das er nun nutzen kann. Ob er es nutzt, liegt in seiner Verantwortung. Es liegt nun am Patienten selbst, achtsam aus den anfänglich neuen Schritten der Zahnhygiene ein automatisiertes Ri-tual zu machen. Und dies geschieht über ständiges Tun, Anpassen und Überprüfen außerhalb der Zahnarztpraxis. Schauen wir uns einmal an, wie das Gehirn verschaltet ist. Tätigkeiten, die häufig zusammen ausgeführt werden, laufen mit der Zeit automatisch ab, ohne dass es besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Die Gehirnzellen sind fest miteinander verdrahtet und feuern ohne bewusste Steuerung durch den Gehirnbesitzer. Alternative Verhaltensweisen sind zwar prinzipiell vorhanden, zum jetzigen Zeitpunkt sind sie jedoch noch nicht mit der automatisierten Nervenbahn gekoppelt. Da neue Verhaltensweisen und neue Verknüpfungen einen höheren Energieaufwand einfordern, tendieren wir Menschen dazu, alles beim Alten zu lassen. Möglicherweise handelt es sich um einen Patienten, der früh aufsteht (siehe Grafik).

Diese Tätigkeit setzt eine Folge von Handlungsschritten in Gang, die sogar noch im Halbschlaf problemlos erledigt werden können. Der Zellverband „Aufstehen“ ist fest mit der Region „Ins Bad gehen“ verknüpft. Dort angelangt, zieht das Energiepotenzial ungehindert weiter zum Griff nach der „Zahnbürste“. Das Zeitgefühlzentrum ist auf 30 Sekunden eingestellt, so-lange wird die Zahnbürste mechanisch hin und her bewegt. Leider bleibt die Gehirnregion, die für die „Zahnpasta“ zuständig ist, im Stand-by-Modus. Nach Ablauf der 30 Sekunden geht es ungehindert weiter zum Kleiderschrank, wo sich die Person anzieht. Vielleicht fällt unserem Patienten an dieser Stelle erst bewusst auf, dass er aufgestanden ist. Es liegt nun in der Verantwortung Ihres Patienten, solch eingefleischtes (oder eingehirntes) Verhalten zu ändern. Mit regelmäßigem, achtsamen und aufmerksamen Training kann er sein Ge-hirn neu programmieren. Eine ethisch fragliche Herangehensweise wäre ein traumatisches Erlebnis, durch das wir enorm schnell in der Lage sind, innerhalb von einer Sekunde für immer unser Verhalten zu verändern. Da wir unseren Patienten jedoch ungern mit einem Auftragskiller drohen möchten, der auf 30-Sekunden-Zahnbürsten-benutzer spezialisiert ist, dauert der Weg etwas länger. Unter normalen, nicht bedrohlichen Umständen erfordert es sieben bis zwölf Wochen, bis neue automatisierte Nervenbahnen verschaltet sind. Diese Zeit sollten Sie Ihren Patienten gönnen. Alles, was Sie tun können, ist eine professionelle Aufklärung und zielgerichtete Motivation. Da Sie dies schon tun, bedarf es nur noch einiger Wochen in Eigenverantwortung, und Ihre Patienten haben das neue Ver-
halten verinnerlicht.

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