Psychologie 10.10.2011
Hypnotische Sprachmuster im Gespräch mit den Patienten
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Diplompsychologin Dr. Lea Höfel widmet sich der Thematik „Psychologische Trickkiste in der Zahnarztpraxis“ und erläutert konkrete Beispiele für hypnotische Sprachmuster, um Angstpatienten die Panik vor der Behandlung zu nehmen.
Seit dem letzten ZWP-Artikel „Psychologische Trickkiste in der Zahnarztpraxis“ wurde ich mehrfach darauf angesprochen, konkrete Beispiele für hypnotische Sprachmuster zu nennen. Eine Bitte, der ich an dieser Stelle gerne für alle Leser nachkommen möchte. Ich bin mir sicher, dass Sie die eine oder andere Technik schon länger unbewusst anwenden. Ich werde Sie dabei unterstützen, zu erkennen, wie einfach es war, Ihre kommunikativen Fähigkeiten noch wirksamer einzusetzen.
Wie die Formulierung „Hypnotische Sprachmuster“ schon beinhaltet, wird diese Form der Sprache bevorzugt in
der Hypnose- oder Trancearbeit angewandt. Wer jedoch erkennt, dass jede Form der Kommunikation eine Art Trance ist, weiß, dass diese sprachlichen Mittel ständig wirksam sind. In jedem Gespräch bringen wir unseren Gesprächspartner dazu, sich Dinge, Abläufe und Prozesse vorzustellen, die wir ihm erzählen. Schläft er im Gespräch ein, haben wir das wahrscheinlich auch durch unsere Erzählweise beeinflusst. Wir haben ihn sozusagen in einen anderen Bewusstseinszustand gebracht. Kommunikation findet überall statt, egal ob wir miteinander reden oder nicht. Sie findet statt, unabhängig davon, ob wir uns unserer sprachlichen Mittel bewusst sind oder nicht. Wäre es da nicht sinnvoll, zu wissen, was wir tun?
Hypnose oder Trance wird häufig mit Showvorführungen gleichgesetzt, bei denen Menschen Stühle küssen, mit den Händen an Tischen festkleben oder einen Schlag gegen das Schienbein regungslos über sich ergehen lassen. Ich persönlich bin kein Fan von solchen Vorführungen, da sie den Fokus von den faszinierenden zwischenmenschlichen und therapeutischen Möglichkeiten der Methodik weglenken. Mit Trance oder hypnotischen Sprachmustern eröffnet sich die Chance, direkt mit dem Unterbewusstsein zu kommunizieren, ohne dass sich der bewusste Verstand hemmend dazwischenschaltet.
Der Angstpatient in der Zahnarztpraxis weiß meist, dass seine Angst unbegründet ist. Er versteht, dass der schreckliche Zahnarztbesuch aus der Kindheit 30 Jahre zurückliegt. Er weiß, dass der Zahnarzt sein Bestes geben will. Ihm ist durchaus bewusst, dass der Bohrer noch nie wehrlose Patienten gefesselt und gekillt hat. Und dennoch kann der Patient mit dem bewussten Verstand diese Bilder nicht abstellen.
Angebliche Wahlmöglichkeiten
– „Möchten Sie lieber im Sitzen oder im Liegen entspannen?“
– „Sie entscheiden, ob Sie jetzt oder in fünf Minuten entspannen.“
– „Welche der beiden Zahnfarben passt Ihrer Meinung nach besser zu Ihnen?“
Das Endresultat wird nicht infrage gestellt, der Weg dorthin liegt in der Entscheidung des Patienten. Gleich-zeitig animieren Sie durch die Formulierungen „entspannen“ und „Zahnfarbe, die zu Ihnen passt“, dass der Patient sich diese Resultate innerlich anschaut, verarbeitet und sich währenddessen darauf ausrichtet.
Positive Wortwahl einflechten
Zustimmung einholen
Widerstände vorwegnehmen und ableiten
Indirekte Suggestion
Bei vielen Patienten reicht es aus, direkt zu suggerieren, dass Sie entspannen, glücklich sind oder Spaß an neuen Zähnen haben. Im Fall des Patienten, der die Stimme seiner Mutter hört, ist es jedoch möglich, dass er gar nicht dazu kommt, sich die schönen Zähne vorzustellen, weil seine imaginär an-wesende Mutter dazwischenredet, sobald er sich auf direktem Wege etwas vorstellt. Der Patient erlaubt sich seine Wunschvorstellung nicht, und Sie können seine Imagination nutzen und ankurbeln, indem Sie ihm sagen, was er nicht kann.
– Vielleicht ist es Ihnen noch nicht möglich, Ihre schönen Zähne zu sehen.
– Es ist momentan irrelevant, ob Sie das Gefühl schon empfinden oder nicht, welches Sie mit gesunden Zähnen haben.
Die Mutter bleibt bildlich gesprochen ruhig, weil der Sohn sich die Zähne nicht direkt anschaut und das Gefühl nicht direkt empfinden soll. Subjektiv betrachtet tut er das sehr wohl, da er sich alleine durch die Suggestion von schönen und gesunden Zähnen solche vorstellt. Er stellt sich vor, was er sich nicht vorstellen kann und tut es in dem Augenblick.
Zeitliche Reihenfolge optimieren
Sowohl der ängstliche als auch der entschlussunfreudige Patient sind zum momentanen Zeitpunkt davon überzeugt, dass ein Zahnarztbesuch unmöglich ist. Wie wäre es, diese Überzeugung in die Vergangenheit zu schieben oder ganz zu löschen? Ich habe in diesem Artikel einige dieser Formulierungen gewählt, wie z.B. zu Anfang „Ich werde Sie dabei unterstützen, zu erkennen, wie einfach es war, Ihre kommunikativen Fähigkeiten noch wirksamer einzusetzen.“ Durch „wie einfach es war“ wird Ihre innere zeitliche Strukturierung verschoben. Das kommunikative Können wird in die Vergangenheit gesetzt und ist somit jetzt auf jeden Fall vorhanden. Wem das zu weit geht, der kann auch „wie einfach es jetzt ist“ verwenden. Gleichzeitig beschreibe ich, dass die kommunikativen Fähigkeiten „noch wirksamer“ eingesetzt werden, was impliziert, dass sie auch vorher schon vorhanden waren. Dieser Zusatz ist für alle Zweifler, die bisher meinten, dass sie nicht kommunizieren können, bevor sie merkten, dass sie diesen Gedanken schon vergessen hatten.
Verwirrende Momente nutzen
Sätze wie der zuletzt geschriebene helfen auf wunderbare Weise, im Zuhörer eine kurzzeitige Verwirrung auszulösen, während der Verstand nach Lösungen und Interpretationen sucht. Erkennen Sie in Ihren Patienten jeden Moment des Innehaltens, der innerlichen Suche und der Verwirrung, um wichtige Botschaften kurz und prägnant mitzuteilen. Bewusster und unbewusster Verstand greifen gerne nach weiterem Input, der sofort integriert wird (z.B. schön, gut, das macht Spaß etc.).
Alle Wortspiele dieser Art haben einen ungeheuren Einfluss auf die Reaktionen Ihrer Patienten. Zugleich macht es sehr viel Spaß, die eigenen Kommunikationsfähigkeiten zu analysieren und zu erweitern. Lesen Sie den Artikel am besten noch einmal und Ihnen fällt mehr auf, als Sie vorher für möglich gehalten hätten. Wir kommunizieren ständig, warum also nicht richtig?