Psychologie 05.12.2011
Überzeugungskraft bei Selbstzahlerleistungen
share
An dieser Stelle können unsere Leser der langjährigen ZWP-Autorin Dr. Lea Höfel Fragen im Bereich Psychologie in Bezug auf Patienten, das Team und sich selbst stellen. Die Fragen und Antworten finden Sie redaktionell aufbereitet hier wieder. Dieses Mal geht es um die Frage, wie der Patient von Selbstzahlerleistungen überzeugt werden kann.
Anfrage: Wenn ich eine Beratung durchführe, in der ich dem Patienten Vorschläge mache, die er finanziell mittragen
muss, habe ich das Gefühl, dass ich nicht genug Überzeugungskraft besitze. Wenn ich beispielsweise denke, dass Implantate die beste Lösung sein könnten, kann ich das dem Patienten häufig nicht so vermitteln. Am schlimmsten finde ich es, wenn ein Patient anfängt zu verhandeln und letztendlich eine Luxusbehandlung für wenig Geld möchte. Welche Methoden kann ich anwenden, um den Patienten von den Vorteilen zu überzeugen, auch wenn es sich um Selbstzahlerleistungen handelt?
Die verkäuferische Seite der Zahnheilkunde scheint immer wichtiger zu werden, da die Kassen immer weniger zahlen. Gleichzeitig haben viele Zahnärzte genau mit dieser Seite ihre Probleme. Ich werde einige meiner Beobachtungen anführen, die ich in den letzten Jahren in Beratungsgesprächen gesammelt habe. Bestimmt finden Sie sich an der einen oder anderen Stelle wieder.
Persönliche Überzeugung
Eine Frage sollten Sie zu Anfang beantworten können: Bin ich selbst von der geplanten Behandlung überzeugt? Ihre Formulierung, dass Sie „denken“, dass Implantate die beste Lösung „sein könnten“, wirkt an dieser Stelle noch nicht sehr zuversichtlich. Der Erfolg einer Beratung hängt zum Großteil von der zielgerichteten und genauen Wortwahl ab. Fangen Sie bei der Sprache am besten bei sich selbst an und formulieren Sie, dass „Sie wissen, dass Implantate die beste Lösung sind“. Diese Aussage hat eine viel stärkere Energie, die sich im folgenden Gespräch bemerkbar machen wird. Als Nächstes schlage ich vor, dass Sie zwei Themen gedanklich und in der Beratung voneinander trennen. Der erste und wichtigste Bereich betrifft die gesundheitlichen, funktionellen oder ästhetischen Vorteile der Behandlung. Im zweiten Schritt geht es um die finanzielle Frage. Diese Aspekte sollten getrennt voneinander besprochen werden.
Wünsche und Vorteile
Der Patient, dem Sie Implantate vorschlagen, kommt sicherlich in die Zahnarztpraxis, weil er einen Wunsch hat. Er möchte vielleicht schmerzfrei sein, besser kauen können, schönere Zähne oder überhaupt Zähne haben. Den genauen Wunsch sollten Sie möglichst schnell herausfinden, meist wird er in den ersten drei Sätzen genannt. Um den jeweiligen Wunsch zu erfüllen, wählen Sie die vorteilhafteste Behandlung, von der Sie – wie oben erwähnt – selbst überzeugt sein müssen. Und dann gibt es kein Zurück. Alle Formulierungen wie „würde“, „könnte“, „es wäre eventuell möglich“ fallen weg. Implantate „werden gesetzt“, „die beste Lösung ist …“ und „schöne Zähne erreichen Sie mit …“. Achten Sie auf die Worte, die Sie nutzen.
Überprüfen Sie die Botschaft, die Sie vermitteln. Häufig höre ich, dass das „Was“ und das „Wie“ gut vermittelt werden. Was sind Implantate? Was ist ein Knochenaufbau? Wie ist der Behandlungsablauf? „Was“ und „Wie“ sind der Stoff, aus dem Zahnarztträume bestehen. Patiententräume bestehen aus dem „Warum“. Warum sollte er sich für Implantate entscheiden? Welche Gefühle, welche Möglichkeiten ergeben sich daraus? Das ist es, was Sie ihm hauptsächlich vermitteln sollten, damit er ihn selbst von ganzem Herzen haben möchte. Denken Sie im nächsten Beratungsgespräch daran: Zahnärzte sind häufig begeistert von der Prozedur, der Patient ist begeistert vom Ergebnis. Wen möchten Sie überzeugen? (Empfehlenswertes Video zu „Was, Wie, Warum“ auf YouTube: Simon Sinek: How great leaders inspire action.)
Finanzen
Sie haben nun Ihren Patienten von den Vorteilen eines Implantats überzeugt. „Was“ und „Wie“ haben Sie erläutert, damit der Patient erkennt, welche Arbeit und Fachkompetenz hinter dieser Lösung steht. Mit dem „Warum“ haben Sie erreicht, dass er es selbst möchte. An dieser Stelle ist das Geld meist nicht mehr der ausschlaggebende Faktor – wiederum vorausgesetzt, dass Sie selbst von dem Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt sind. Jeder Mensch auf dieser Welt weiß, dass gute Produkte oder gute Dienstleistungen Geld kosten. Sollte der Patient diskutieren, dass er die beste Option zum kleinsten Preis möchte, so ist das aus seiner Sicht zumindest einen Versuch wert. Häufig erlebe ich, dass Zahnärzte darauf eingehen und anfangen, im Detail nachzugeben. Sie nennen einen Anfangspreis und gehen dann bei gleicher Leistung mit dem Preis runter. Bei diesen Zahnärzten wird diskutiert und gefeilscht. Dann wiederum gibt es Zahnärzte, die einen Preis nennen und bei dem bleiben. Möchte der Patient weniger zahlen, bekommt er bei geringerem Preis eine entsprechende Behandlungsalternative, die im „Was“, „Wie“ und vor allem im „Warum“ abweicht. Diese Gesundheitsleistung ist laut Gesetz noch „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“, aber sie befriedigt das „Warum“ nicht. Lassen Sie an dieser Stelle den Patienten entscheiden.
Psychologische Hinweise
Als körpersprachlichen Tipp gebe ich Ihnen mit, dass Sie die Behandlungsalternativen wie zwei Waagschalen in Ihren Händen gegeneinander abwägen. Auf der einen Seite das Implantat, mit all seinen Vorzügen. Diese Hand halten Sie oben – die schönen Bilder sind grundsätzlich oben. In der anderen Hand halten Sie die weniger attraktive Alternative mit all ihren durchschnittlichen und zweckmäßigen Anteilen. Diese Hand ist weiter unten. Fragen Sie den Patienten, welche Alternative er wählen möchte und lassen Sie nur Ihre Hände wirken. Ein kommunikativer Tipp ist, einen kritischen Patienten in seiner Argumentation zuerst sagen zu lassen, dass es zu teuer ist. Lassen Sie diesen Aspekt nicht als letzte Aussage im Raum stehen. Vergleichen Sie zur Verdeutlichung diese beiden Sätze:
– „Ich möchte Implantate, aber Sie sind zu teuer.“
– „Implantate sind zu teuer, aber ich möchte sie.“
Bei der Schlussvariante, dass sie zu teuer sind, ist eigentlich das Ende der Diskussion erreicht. Bei der zweiten Variante, dass der Patient sie möchte, stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen.