Qualitätsmanagement 18.12.2023

Ein QMS von der „Stange“ macht keinen Sinn!



Ein QMS von der „Stange“ macht keinen Sinn!

Foto: Sementsova321– stock.adobe.com; Porträt: © Dr. Thomas Spielau

Was macht ein belastbares QM-System im Praxisalltag aus? Hier gelten für jede Praxis eigene Parameter, denn jede Praxis ist anders. Auch noch so kleine Unterschiede kommen in einem QMSystem zum Tragen. Deshalb gilt es, so betont unser Interviewpartner, Qualitätsmanagementberater und Auditor Dr. Thomas Spielau, das Qualitätsmanagement genau auf die Gegebenheiten und Bedarfe der eigenen Praxis zuzuschneiden. Alles andere führt am Ziel vorbei.

Herr Dr. Spielau, worauf kommt es beim Qualitätsmanagement in (Zahn )Arztpraxen an?

Beim Aufbau eines QM-Systems (QMS) ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Gegebenheiten vor Ort angeschaut werden. Wie Menschen sind auch Zahnarztpraxen unterschiedlich, und genau darauf muss man eingehen. Ein QMS von der „Stange“ macht keinen Sinn. Solche Systeme sind genau das Gegenteil von dem, was eine Praxis braucht, ein System, das den Praxisalltag entspannter macht und Ressourcen und Nerven schont. Wichtig ist auch zu verstehen, dass nicht alles, was machbar ist, umgesetzt werden muss, nur um zum Beispiel eine ISO-Norm zu erfüllen. Eine Norm bietet nur einen Rahmen und ist als Leitlinie zu verstehen.

Natürlich wird die Qualitätsmanagement-Richtlinie/QM-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) stetig überarbeitet und an die aktuellen Bedingungen angepasst. In diesem Jahr bezogen sich die Anpassungen auf einige gesetzliche Aktualisierungen und sprachliche Konkretisierungen. Im Beschluss des G-BA wurde auch der Fragebogen veröffentlicht, den Praxen zugestellt bekommen, wenn sie für eine Überprüfung ausgewählt wurden. Man kann sich also im Vorfeld einer Begehung schon sehr genau mit den zur Prüfung stehenden Themen auseinandersetzen.

Was sind die Must haves eines erfolgreichen QM Systems in der Zahnarztpraxis?

Natürlich steht im Zentrum der zahnärztlichen Tätigkeit das Patientenwohl. Neben diesem wichtigen Punkt sollten aber nicht die Mitarbeiter vergessen werden. Ohne motivierte und zufriedene Mitarbeiter ist ein reibungsloser Betrieb nicht möglich. Aus diesem Grund ist immer darauf zu achten, dass die Mitarbeiter bei der Einführung eines QMS gesehen und mitgenommen werden. Nur so kann in einer Zahnarztpraxis ein erfolgreiches QMS eingeführt und aufrechterhalten werden. Der G-BA gibt vor, was ein QMS beinhaltet. Dazu gehören unter anderem:

1. Verantwortung und Führung

Die Verantwortung für die Einführung, Aufrechterhaltung und Umsetzung eines QMS liegt immer beim Praxisinhaber. Nur durch gute Führung aller Mitarbeiter kann ein QMS funktionieren.

2. Patientenorientierung einschließlich Patientensicherheit

Das System soll auf die Patienten ausgerichtet sein und damit die Behandlung unterstützen und nicht behindern.

3. Mitarbeiterorientierung einschließlich Mitarbeitersicherheit

Die Mitarbeiter stehen, wie schon erwähnt, ebenso wie die Patienten im Mittelpunkt eines gut funktionierenden QMS. Die Mitarbeiter wenden das QMS an, halten es aufrecht und entwickeln es weiter. Also müssen sie sich damit auch wohlfühlen.

4. Prozessorientierung

In den letzten Jahren hat die Prozessorientierung immer mehr an Bedeutung gewonnen. Das macht in den Praxen vieles einfacher. Mit gut funktionierenden, robusten und verständlichen Prozessen geht weniger schief und alle sind zufriedener.

5. Kommunikation und Kooperation

Wie findet die Kommunikation statt? Wer kommuniziert was und wie mit den Patienten oder Kooperationspartnern? Das sollte klar geregelt werden, um Missverständnisse in der Praxis zu vermeiden.

6. Informationssicherheit und Datenschutz

In Zahnarztpraxen wird mit hochsensiblen Daten gearbeitet. Regelungen zum Umgang und dem Schutz dieser Daten sind essenziell.

7. Hygiene

Natürlich ist auch dieser Bereich sehr wichtig. Bei der Arbeit im Gesundheitswesen muss die Hygiene passen. Kein Patient möchte in einer unhygienischen Umgebung behandelt werden. Es gibt noch weitere Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses. Aber diese Beispiele zeigen bereits, dass wir alle Vorgänge/Prozesse in der Praxis durchdenken müssen. 

Team versus Einzelplayer: Wie funktioniert ein QM am besten und wo sollten die Kernverantwortlichkeiten liegen?

Die Nutzung, Aufrechterhaltung und stetige Verbesserung eines erfolgreichen QMS ist nur im Team möglich. Hier müssen alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen. Wichtig ist, dass man Verantwortlichkeiten klar und verbindlich festlegt. Wer ist z. B. für die Bestellungen verantwortlich? Wichtig ist, und das wird leider häufig vernachlässigt: Wer ist die Vertretung? Mitarbeiter sind auch einmal krank oder haben Urlaub. Deren Aufgaben sollten aber nicht liegen bleiben. Immer zu bedenken ist, dass der Praxisinhaber für alles verantwortlich bleibt, er kann die Aufgabe delegieren, nicht aber die Verantwortung. 

QM und Digitalisierung: Welche Rolle spielt heute schon KI beim QMS?

Das QMS ist in den letzten Jahren digitaler geworden. In den meisten Praxen ist ein elektronisches QMS im Einsatz. Damit sind Anpassungen schnell umsetzbar und alle Mitarbeiter können auf neue Dokumente zugreifen. Bei der Nutzung von KI im QM gibt es bereits einige Ansätze. Bisher ist der Erfolg aber recht überschaubar. Es ist meiner Meinung nach auch nicht so schnell machbar, dass eine KI das Praxis-QM erfolgreich managt. Wenn eine KI ein System erstellt, erhalten wir genau das, was wir nicht wollen, ein System von der „Stange“. Hier werden nicht alle Praxisgegebenheiten beachtet. Und wir haben ein unflexibles System, das uns behindert. Oft muss gerade im Gesundheitsbereich schnell und flexibel reagiert werden. Hier ist bei der KI noch Luft nach oben.  

Info:

Dr. Thomas Spielau ist Qualitätsmanage mentberater und Auditor. Er bietet seine langjährige Fachexpertise in verschiedenen Formaten an. Weitere Informationen zu seinen vielfältigen Kursen und Beratungsangeboten finden Sie auf: www.din-institut.de

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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