Recht 11.07.2024

Wer darf sich „Arzt für ästhetische Eingriffe“ nennen?



Wer darf sich „Arzt für ästhetische Eingriffe“ nennen?

Foto: 78art – stock.adobe.com

Das Landgericht (LG) Bochum hatte in einer Entscheidung Ende letzten Jahres (Urteil vom 20.12.2023 – I-13 O 74/23) zu prüfen, ob die Bezeichnung „Arzt für ästhetische Eingriffe“ irreführend sein kann und in welchem Kontext diese „Qualifikation“ geführt werden darf.

Hintergrund

Die Beklagte ist ein Unternehmen, welches minimalinvasive Beauty-Behandlungen, operative Behandlungen, die Erstellung medizinischer Studien, Ausbildungs-, Werbe- und Vertriebstätigkeiten, die Erbringung von Beratungsleistung sowie den Vertrieb von Kosmetik- und Beautyprodukten erbringt. Sie betreibt drei Praxen in Oer-Erkenschwick, Düsseldorf und Konstanz. Auf ihrer Internetseite stellt sie ihre für sie als Ärzte tätigen Geschäftsführer unter deren Phantasienamen vor. Neben dem Foto der Geschäftsführer befindet sich im Textteil oben „Arzt für ästhetische Eingriffe“. Darunter steht der Pseudoname und der bürgerliche Name des jeweiligen Geschäftsführers, ein Hinweis auf die vorhandenen Zertifizierungen und ein Hinweis auf Spezialisierungen.

Die Klägerin ist ein Wettbewerbsverband, dem unter anderem verschiedene Ärztekammern als Mitglieder angehören. Sie mahnte das beklagte Unternehmen ab und forderte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Sie ist der Ansicht, dass die Bezeichnung „Arzt für ästhetische Eingriffe“ irreführend sei, da Verbraucher hierin eine Facharztbezeichnung verstünden. Deshalb sei dies nach dem Gesetz für unlauteren Wettbewerb (UWG) zu unterlassen.

Dem kam das Unternehmen nicht nach, weshalb der Wettbewerbsverband klagte.

Die Entscheidung

Das LG Bochum gab der Klägerin Recht. Die Beklagte hat es zu unterlassen, die als Ärzte für sie tätigen Geschäftsführer im geschäftlichen Verkehr als „Arzt für ästhetische Eingriffe“ zu bezeichnen.

Die Gründe

Das Gericht ist ebenfalls der Ansicht, dass die Bezeichnung „Arzt für ästhetische Eingriffe“ irreführend im Sinne des UWG ist. Die Bezeichnung könne bei den angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich um medizinische Laien handelt, eine Fehlvorstellung hinsichtlich der Qualifikation der für die Beklagte tätigen Ärzte auslösen. Zwar sind dem Durchschnittsverbraucher auch Facharztbezeichnungen nicht fremd. Indes sind vom Durchschnittsverbraucher keine vertieften Gedanken zur Dauer und zum Inhalt einer solchen Weiterbildung zu erwarten.

Eine Irreführung liegt vor, wenn das Verständnis, dass eine Angabe bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.

Hiernach ist das Gericht der Ansicht, dass die Kombination der Begriffe „Arzt für“ und „Eingriffe“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht die Vorstellung einer kosmetischen Behandlung, sondern einer ärztlichen in den Körper eingreifenden Behandlung erwecke. Durch die Gesamtgestaltung werde bei den angesprochenen Verbrauchern die Fehlvorstellung dahingehend ausgelöst, dass die Geschäftsführer eine von der zuständigen Berufsaufsicht anerkannte Weiterbildung im Bereich der plastischen Chirurgie erworben haben.

Deshalb könne auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt.

Die in diesem Fall vorzunehmende Interessenabwägung, bei der auch die durch Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit zu berücksichtigen ist, ergibt, dass das Verbot der streitgegenständlichen Werbung keinen unverhältnismäßigen Eingriff darstellt. Dem Unternehmen ist es ohne weiteres möglich, die Qualifikation der für sie tätigen Ärzte anderweitig hervorzuheben, beispielsweise durch den nach der Berufsordnung für Ärzte zulässigen Hinweis auf Tätigkeitsschwerpunkte.

Der Artikel erschien unter dem Originaltitel "Arzt für ästhetische Eingriffe" auf lenmed.de.

Quelle: lenmed Newsletter 06/2024

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