Recht 17.01.2013
Bewertungsportale – auch negative PR ist gute PR!
Mit der wachsenden Anzahl und Beliebtheit von Bewertungsportalen sehen sich immer mehr Zahnärzte mit der Situation konfrontiert, dass über sie anonym im Internet negativ oder abwertend geschrieben wird. Doch muss sich der Zahnarzt mit solchen Bewertungen abfinden?
Zum Thema der Bewertungsportale sind im Jahr 2012 zwei interessante Entscheidungen für die Zahnärzteschaft ergangen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen:
Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 8.3.2012 – Az. 16 U 125/11: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte im März des letzten Jahres über die Klage einer Ärztin zu entscheiden. Die klagende Fachärztin begehrte die Löschung bzw. Unterlassung von Veröffentlichungen von Kontaktdaten, beruflicher Tätigkeit, Bewertungsmöglichkeit und erfolgten Bewertungen. Das Gericht wies die Klage ab, da es die Auffassung vertrat, dass sich niedergelassene Ärzte auch vor dem Hintergrund des Patientenrechts auf die freie Arztwahl dem herrschenden Wettbewerb stellen müssten. Im heutigen Zeitalter gehöre – nach Ansicht der Richter – zu diesem Wettbewerb auch die Bewertungsmöglichkeiten in öffentlich zugänglichen Bewertungsportalen. Auch hinsichtlich der Verwendung der persönlichen Daten durch den Hostprovider des Bewertungsportales war das Gericht einverstanden, soweit Name, Adresse und Tätigkeitsbereich bereits in allgemein zugänglichen Quellen vorhanden sind. Unter dieser Voraussetzung sei es dem Anbieter des Internetportals erlaubt, die Daten zu erheben, zu speichern, zu verändern oder zu nutzen. Hieraus folgt nach Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts, dass die Klägerin die Bewertung ihrer ärztlichen Leistung in einem öffentlichen Portal hinnehmen müsse.
Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8.5.2012 – Az. 11 O 2608/12: Das Landgericht Nürnberg-Fürth setzte sich im Mai 2012 mit der Frage auseinander, ob ein Zahnarzt einen Anspruch auf Löschung von besonders negativen Bewertungen gegen den Seitenbetreiber hat. Ein niedergelassener Zahnarzt wehrte sich vor dem Gericht gegen eine äußerst negative Bewertung in einem einschlägig bekannten Onlineportal. So hat ein namentlich nicht bekannter Nutzer folgende Bewertung eingestellt: „Dieser Arzt arbeitet leider nur nach Quantität, als auf Qualität zu setzen, und ist ganz schnell mit Kronen einsetzen, obwohl es vielleicht noch gar nicht nötig wäre. Hatte durch einen Unfall einige Kronen bekommen, die leider für ihren Preis von mehreren Tausend Euro sehr schlecht im Mund eingearbeitet wurden, sodass ich seitdem immer Zahnfleischbluten habe und anfangs öfters die eine Krone verloren habe, bis ich zu einem anderen Arzt ging. Die Farbe der Keramik passt mit der Farbe meiner Zähne nicht überein, Implantate sind gegenüber meinen anderen Zähnen zu groß usw. Ich könnte hier jetzt noch mehr aufzählen, was ich mit diesem Arzt erlebt habe, aber dies würde das ganze hier nur sprengen. Wenn ihr eure Zähne behalten wollt, dann geht woanders hin …“
Gegen diese Bewertung wehrte sich der Zahnarzt mit der Behauptung, dass die beanstandete Behandlung nicht stattgefunden habe und begehrte die Löschung der Bewertung. Dem Begehren kamen die Richter nach. Sie sahen in der Bewertung sowohl eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes als auch des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Nach Ansicht der Richter sei der Betreiber des Onlinebewertungsportales zur Löschung der Bewertung nach den Grundsätzen der Störerhaftung verpflichtet. Die Störerhaftung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen oder Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind. Als Störer kann grundsätzlich jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich oder zumindest verantwortlich an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Auf eine Kenntnis oder gar ein Verschulden des Dritten kommt es hierbei nicht an. Indem der Hostprovider die Bewertung des unbekannten Nutzers auf seiner Website bereitstellt und den Abruf dieser Website über das Internet ermöglicht, beteiligt er sich an der Verbreitung der Äußerungen, welche das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dritten beeinträchtigt.
Um die Hostprovider jedoch nicht vor unlösbare Aufgaben zu stellen, so führt das Gericht weiter aus: „So verletzt allein die Bereitstellung eines Internetforums regelmäßig keine Verkehrssicherungspflichten, weil es dem Betreiber grundsätzlich nicht zumutbar sein dürfte, jedes Angebot bzw. jeden Beitrag zur Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (BGH-Urteil vom 17.12.2010 – Az. 7 U 70/09). Allerdings ist dem Betreiber eines Internetforums, der – wie hier – lediglich als technischer, nicht als intellektueller Verbreiter des angegriffenen Inhalts in Erscheinung tritt, dann zur unverzüglichen Sperrung bzw. Entfernung eines von einem Dritten eingestellten Beitrages verpflichtet, sobald er von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt (BGH-Urteil vom 27.3.2007 – Az. VI ZR 101/06). Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch einen Nutzer/Kunden hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (BGH- Z 158, S. 236 ff, 252).“
Somit ist es grundsätzliche Voraussetzung, damit ein Hostprovider überhaupt in die Störerhaftung gerät, dass er über die beanstandete Tatsachen-behauptung Kenntnis hat. Hat der Internetprovider Kenntnis von einer möglichen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, ist es nach Auffassung der Richter die Pflicht des Betreibers, den Sachverhalt sorgfältig zu überprüfen und sich von dem Nutzer einen Nachweis dafür vorlegen zu lassen, dass die getroffene Aussage über die Behandlung auch stimmt. Kommt der Betreiber dieser Nachforschungspflicht nicht nach und liegt möglicherweise eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Zahnarztes vor, so haftet der Internetprovider ungeachtet der Frage, ob die Bewertung zutreffend ist, nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung der Bewertung. Bereits zuvor hatten andere Gerichte entschieden, dass der Hostprovider nach Hinweis des Betroffenen auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes durch eine Bewertung als Störer verpflichtet ist, diese zu löschen und zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (BGH-Urteil vom 25.10.2011 – Az. VI ZR 39 oder 93/10). Diese Erwägungen stehen grundsätzlich auch im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internetmarktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben. Da im zu entscheidenden Fall der Seitenbetreiber nach Kenntniserlangung nicht seiner Nachforschungspflicht nachgekommen war, wurde er zur Löschung der Bewertung verpflichtet.
Fazit
Vorstehende Entscheidungen zeigen, dass Zahnärzte negativen Bewertungen unbekannter Nutzer auf den diversen Bewertungsportalen nicht hilflos ausgesetzt sind. Dennoch sollte nicht jede negative Bewertung umgehend mit juristischen Mitteln angegriffen werden. Oftmals empfiehlt es sich, zunächst ganz konkret mit der negativen Bewertung und deren Wahrheitsgehalt auseinanderzusetzen. So mag auch negative Kritik durchaus konstruktiv sein. Oftmals ist darüber hinaus festzustellen, dass gerade durch eine einzelne negative Kritik unter mehreren sehr positiven Bewertungen in der Wahrnehmung der Patienten dazu führt, dass die positiven Bewertungen aufgewertet werden, da sie authentischer wirken. So werden Patienten argwöhnisch bei Zahnärzten mit ausschließlich sehr guten Bewertungen, da diese Bewertungen als nicht glaubhaft wahrgenommen werden. Sollte es sich jedoch um eine negative Bewertung handeln, die so für den Zahnarzt nicht hinzunehmen ist, empfiehlt sich mittels fachkundiger Hilfe die Erfolgsaussichten einer begehrten Löschung zu prüfen und auch durchzusetzen.