Recht 09.07.2012

Honorarkürzung wegen zu weniger Fortbildungspunkte?



Honorarkürzung wegen zu weniger Fortbildungspunkte?

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Nach § 95 d SGB V obliegt Vertragsärzten und angestellten Ärzten eine Pflicht zur fachlichen Fortbildung, wobei diese Regelung nach § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V auch für Vertragszahnärzte und deren angestellten Zahnärzte gilt. Wenn ein Vertragsarzt bzw. Vertragszahnarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbringt, ist die betreffende KV/KZV verpflichtet, das auszuzahlende Honorar für die ersten vier Quartale, die auf den Fortbildungszeitraum von fünf Jahren folgen, um 10 % zu kürzen (ab dem darauffolgenden Quartal um 25 %).  Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird, § 95 d Abs. 3 S. 4-6 SGB V.

In seiner Entscheidung vom 22.02.2012 (S 12 KA 100/11) hat sich das Sozialgericht (SG) Marburg mit den praktischen Auswirkungen dieser Regelung befassen müssen, wobei es Kürzungsmaßnahmen gegenüber einem Zahnarzt bestätigte.

Der Fall:

Gegenüber einem Zahnarzt, der auch approbierter Arzt ist,  wurde im September 2009 von der zuständigen KZV ein Bescheid erlassen, in dem festgestellt wurde, dass der erforderliche Nachweis der Pflichtfortbildung nicht erbracht wurde, woraufhin die Honorare ab dem laufenden Quartal um 10 % gekürzt würden. Mitgeteilt wurde auch, dass die Kürzung mit Ablauf desjenigen Quartals ende, in dem der vollständige Nachweis erbracht werde. Nach Ablauf von vier Quartalen erhöhe sich der Abzug auf 25 % falls der Nachweis nicht erbracht werde.

Gegen diesen Bescheid legte der Zahnarzt Widerspruch ein und reichte verschiedene Bescheinigungen zur Fortbildung nach. Diese Unterlagen wurden nicht als ausreichender Fortbildungsnachweis anerkannt, da u. a. auf einigen Bescheinigungen der Name und die Dauer der Veranstaltung nicht aufgeführt worden war.

Auch im weiteren Verlauf wurden die Fortbildungsnachweise nicht wie eingefordert übermittelt, weshalb dem Zahnarzt im Juli 2010 beschieden wurde, dass das abgerechnete Honorar nunmehr ab dem laufenden Quartal um 25 % zu kürzen sei. Gegen diesen Bescheid legte der Zahnarzt Widerspruch ein, dem nicht stattgegeben wurde.

Die Entscheidung:

Gegen den Bescheid erhob der betroffene Zahnarzt Klage, wobei er geltend machte, dass die Regelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Berufsausübungsfreiheit des Grundgesetzes verstoße. Die Regelung sei auch in keiner Weise geeignet, den vom Gesetzgeber angestrebten Zweck zu erreichen. Eine Verpflichtung zur kontinuierlichen Fortbildung bestehe aufgrund der Berufsordnung. Dieser Pflicht zur Fortbildung, deren Umfang und Inhalt die Ärzte selbst bestimmten, käme die überwiegende Mehrheit der Ärzte nach. Die Vorgabe einer bestimmten Anzahl von Fortbildungspunkten in einem 5-Jahreszeitraum stelle eine unzulässige Einengung der Berufsausübung dar. Die vom Gesetz vorgesehenen Sanktionen seien inadäquat und unverhältnismäßig.

Das SG Marburg gab der Klage des Zahnarztes nicht statt. Die Bescheinigungen, die bzgl. der 10 %-igen Kürzung vorgelegt worden seien, seien zu Recht nicht anerkannt worden, da die Angaben z. T. unvollständig waren und es sich ausschließlich um Kopien handelte. Die gesetzliche Regelung stelle eindeutig auf den Nachweis ab, wobei ausdrücklich angeordnet würde, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre „den Nachweis zu erbringen" hat, dass er in dem zurückliegenden 5-Jahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist. Folgerichtig knüpfe das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis.

Die gesetzliche Bestimmung sei verfassungsgemäß, da der Gesetzgeber befugt sei, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln. Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung sei nicht unverhältnismäßig. Nach den auf der Grundlage des § 95 d Abs. 6 SGB V ergangenen Richtlinien der KZBV seien im 5-Jahreszeitraum 125 Fortbildungspunkte nachzuweisen, wobei 10 Punkte pro Jahr durch Selbststudium erbracht werden könnten. Pro Fortbildungsstunde werde 1 Punkt vergeben, pro Tag 8 Punkte (Punktebewertung von Fortbildung BZÄK/DGZMK, gültig ab 01.01.2006). Die Fortbildungsverpflichtung diene der Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten Behandlung der Versicherten, wobei der Gesetzgeber sich auf die Feststellungen des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen berufe (Gutachten 2000/2001).

Quelle: Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte, Bonn, Newsletter I-06-12

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