Recht 19.08.2024
Immer wieder Diskussionen um das Praxisausfallhonorar
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Immer mehr Praxen arbeiten mit einem sogenannten Praxisausfallhonorar. Dabei wird mit dem Patienten vereinbart, dass er für das zu späte Absagen eines Termins eine Entschädigung an die Praxis leistet. Die Gerichte stellen teilweise unterschiedliche Voraussetzungen für eine solche Vereinbarung auf. Einige Gerichte versagen einen solchen Anspruch gegenüber dem Patienten schon vom Ansatz her. Dennoch kann es sich lohnen, ein Ausfallhonorar zu vereinbaren, um dem Patienten gegenüber zu verdeutlichen, dass die Praxis bei einer zu späten Absage Leerlaufzeiten haben kann und so den Patienten zu motivieren, so früh wie möglich abzusagen.
Das OLG Stuttgart hat in seiner Entscheidung vom 17. April 2007 (Az. 1 U 154/06) zumindest Zweifel an dem Anspruch auf ein Ausfallhonorar formuliert, musste es aber letztlich nicht entscheiden, da der Anspruch aus anderem Grunde nicht gegeben war.
„Die grundsätzliche Streitfrage, inwieweit Vergütungsansprüche nach § 615 BGB bei Absage eines Behandlungstermins oder bei unentschuldigtem Fernbleiben des Patienten in Betracht kommen können, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Zweifel erscheinen im Hinblick auf das freie Kündigungsrecht des Patienten (§§ 621 Nr. 5, 627 BGB) und im Hinblick auf den Zweck einer Terminvereinbarung angebracht, zumal auch Ärzte und Zahnärzte ihren Patienten nicht selten erhebliche Wartezeiten ohne Ausgleich für entgangenen Verdienst abverlangen. […]“
Vorsicht bei Terminverlegung
Ein Anspruch auf Ausfallentschädigung setzt voraus, dass sich der Patient im Annahmeverzug befunden hat. Ein Annahmeverzug liegt vor, wenn die angebotene Leistung (die zahnärztliche Behandlung) nicht in Anspruch genommen wird, der Patient also fernbleibt. Einigen sich der Zahnarzt und der Patient bei der Absage auf die Verlegung des Termins, weil der Patient den Termin nicht wahrnehmen kann, entfällt der Annahmeverzug, erklärt das OLG Stuttgart, nachdem der Zahnarzt den Patienten verklagt hatte:
„Im vorliegenden Fall steht einem Anspruch nach § 615 BGB aber bereits der Umstand entgegen, dass die Parteien den für den 5. Juli 2005, 13.00 Uhr vereinbarten Termin im Einvernehmen auf einen späteren Zeitpunkt (5. September 2005) verlegt haben. Durch diese Terminänderung war für die Mitwirkungshandlung des Beklagten i. S. des § 296 BGB nicht mehr der 5. Juli 2005, sondern der 5. September 2005 maßgeblich. Daher konnte am 5. Juli 2005 kein Annahmeverzug mehr eintreten. Dass der Kläger zu dieser Terminänderung nur bereit gewesen sein mag, weil sich der Beklagte durch ein Beharren auf dem Termin – möglicherweise – nicht hätte umstimmen lassen, ist für die rechtliche Beurteilung im Rahmen des § 615 BGB ohne entscheidende Bedeutung.“
Auch wenn das OLG Stuttgart für den konkreten Fall einen Anspruch auf Praxisausfallhonorar weder bestätigt noch verneint hat, haben diverse andere Gerichte Zahnarztpraxen schon ein Ausfallhonorar zugesprochen.
Oft wird der Ansatz eines Ausfallhonorars mit auf dem Anamnesebogen erwähnt. Je nach Ansicht des Gerichts könnte dies schon formal nicht ausreichend sein. Für eine separate Vereinbarung auf einem gesonderten Blatt spricht jedenfalls, dass dem Patienten die Bedeutung und die Konsequenz so bewusster wird. Manch einem Patienten mag vielleicht gar nicht klar sein, dass ein nicht wahrgenommener Termin extra für ihn freigehalten worden ist und eine andere Behandlung bei zu spätem Absagen oft nicht möglich ist. Wenn der Patient dies verstanden hat, wird er mit einem fest vereinbarten Termin vielleicht respektvoller umgehen.
Dieser Artikel ist im EJ Endodontie Journal erschienen.