Recht 01.03.2016
Negative Internetbewertung für Zahnarzt: Urteil heute erwartet
Im Prozess um die negative Bewertung eines Zahnarztes auf dem Bewertungsportal jameda will der Bundesgerichtshof (BGH) heute sein Urteil fällen. Es muss geklärt werden, ob der Zahnarzt als Geschädigter, Anspruch auf die Entfernung des Eintrages hat.
Worum geht es im BGH-Verfahren?
Der Kläger ist Zahnarzt in Berlin und wurde auf www.jameda.de mit der Gesamtnote 4,8 bewertet. Der Bewertungstext mit der Überschrift „Ich kann Dr. […] nicht empfehlen.“ lautete: „Leider ist es einfach eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe.“ Der Zahnarzt meldete die Bewertung daraufhin über das Problemmelde-Formular auf www.jameda.de.
Darin bezweifelte er, dass es sich beim Verfasser der Bewertung um einen tatsächlichen Patienten handelt und forderte Auskunft über die Nutzerdaten. jameda leitete daraufhin einen Prüfprozess entsprechend rechtlicher Vorgaben ein, in dessen Zuge auch ein Beleg vom Patienten für die Behandlung angefordert wurde. Der Beleg wies die Patienteneigenschaft des Bewertenden glaubhaft nach, wurde dem Zahnarzt jedoch in anonymisierter Form erst im Prozess zugänglich gemacht. Die Bewertung wurde nach Abschluss des Prüfprozesses wieder veröffentlicht. jameda stützte dieses Vorgehen auf die Entscheidungen des BGH vom 01.07.2014 (Az. VI ZR 345/13) und vom 23.09.2014 (Az. VI ZR 358/13), die nach § 13 Abs. 6 TMG die Bedeutung der anonymen Arztbewertung hervorheben.
Daraufhin reichte der Zahnarzt eine Klage gegen jameda ein. Der Klage wurde in erster Instanz vor dem LG Köln stattgegeben. In zweiter Instanz wies das OLG Köln dagegen die Klage des Zahnarztes ab und bestätigte die Vorgehensweise von jameda im Prüfprozess. Hiergegen legte der Zahnarzt Revision zum BGH ein, über die am 15.12.2015 verhandelt wurde. In der Verhandlung ging es vor allem darum, ob, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt jameda den vom Patienten erbrachten Beleg darüber, dass er Patient des Arztes war, an den Arzt weiterleiten muss. Der BGH verkündet sein Urteil am 01.03.2016.
Warum sind anonyme Online-Arztbewertungen wichtig?
Arztbewertungen sind aktuell die einzige Quelle, über die sich Patienten bereits vor ihrem Besuch in einer Arztpraxis ein Bild vom Arzt machen können. Sie sorgen damit für mehr Transparenz über ärztliche Qualität und ermöglichen dem mündigen Patienten eine informierte Wahl des für sich passenden Arztes. Gerade im sensiblen Gesundheitsbereich kommen aussagekräftige und damit hilfreiche Bewertungen nur zustande, wenn Patienten die Bewertungsabgabe anonym ermöglicht wird. Beispielsweise möchte niemand seinen Proktologen mit Klarnamen bewerten oder öffentlich seine Krankheit schildern.
Als seriöses Bewertungsportal schützt jameda vor einem möglichen Missbrauch von Anonymität durch eine aufwendige Qualitätssicherung.
Wie sichert jameda die Qualität von Arztbewertungen und verhindert Missbrauch?
Das Ziel von jameda ist es, für mehr Transparenz über die Qualität von Ärzten zu sorgen. Dafür ist eine hohe Qualität der Arztbewertungen von großer Bedeutung. Daher hat jameda eine deutschlandweit einzigartige Qualitätssicherung etabliert, die dafür sorgt, dass sich Patienten auf die Bewertungen bei jameda verlassen können. Die jameda Qualitätssicherung beinhaltet z. B. einen sehr elaborierten Prüfalgorithmus, ein großes Team an Experten, das bei Unstimmigkeiten im engen Austausch mit Bewertenden und Ärzten steht, und eine SMS-Verifizierung bei technisch auffälligen Bewertungen. Ein kostenpflichtiger Premium-Eintrag von Ärzten hat keinen Einfluss auf die Bewertungen.
Welche Tipps helfen Patienten beim Schreiben von Arztbewertungen?
Im Bewertungstext sollte deutlich werden, dass es sich dabei um einen persönlichen Erfahrungsbericht des Patienten handelt, der seine subjektive Meinung widerspiegelt. Durch das Recht auf freie Meinungsäußerung (§ 5 GG) ist diese in Deutschland geschützt.
Darüber hinaus ist es uns sehr wichtig, dass eine Bewertung differenziert und fair ist. Denn nur dann sind diese auch hilfreich für andere Patienten. Pauschale „Alles-war-schlecht“- oder „Alles-war-gut“-Aussagen geben anderen Patienten keine echte Hilfestellung bei der Arztwahl. Eine überlegte Benotung der einzelnen Kategorien ergänzt durch einen Text ist ideal.
Dass Beleidigungen, Schmähkritik und unangemessene Übertreibungen tabu sind, sollte sich von selbst verstehen. Haben wir Kenntnis davon, löschen wir derartige Bewertungen.
Was können Ärzte bei ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Bewertungen machen?
Ärzte können (kritische) Bewertungen nicht löschen lassen. Der Gesetzgeber sieht jedoch vor, dass Ärzte Bewertungen, die aus ihrer Sicht problematisch sind, prüfen lassen können. Dazu muss der Arzt eine substantiierte Stellungnahme an jameda senden. Anschließend kontaktiert jameda auch den Patienten für eine erneute Bestätigung seiner Bewertung. Um eine Bewertung prüfen zu können, ist es wichtig, dass der Patient sich zurückmeldet.
Liegt jameda eine Bestätigung des Patienten vor, wird die Bewertung auf Grundlage der Stellungnahmen von Arzt und Patient sowie auf Basis der bisherigen Rechtsprechung geprüft. Ist die Bewertung dann aus Sicht von jameda nicht zu beanstanden, wird sie wieder veröffentlicht. Für die Dauer des Prüfprozesses wird die Bewertung offline genommen.
Ärzte haben zudem die Möglichkeit, eine Bewertung öffentlich zu kommentieren, um so ihre Sichtweise darzustellen.
Quelle: jameda
U P D A T E 1. März 2016, 11.46 Uhr
Das Gericht hat entschieden. Bewertungsportale müssen Einschätzungen strenger prüfen. Mehr dazu lesen Sie hier.