Recht 29.04.2013

OLG Hamm: Fremde Fotos auf Praxiswebsite



OLG Hamm: Fremde Fotos auf Praxiswebsite

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In seinem rechtskräftigen Urteil vom 07.06.2011 (I-4 U 208/10) hat sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Fallgestaltung befasst, dass ein Zahnarzt ohne Autorisierung fremde Fotos auf seiner Praxiswebsite eingestellt hat. Der Fall zeigt eindringlich, dass man sich bei der Erstellung einer Praxiswebsite sehr genau nach der „Provenienz" der Bilder und den Nutzungsrechten erkunden sollte, um teure Abmahnungen und Schadensersatzansprüche zu verhindern.

Der Fall

In dem konkreten Fall stellte ein Zahnarzt auf seiner Praxiswebsite zwecks Bewerbung einer professionellen Zahnreinigung zwei Fotografien ein, die eine Kollegin 1987 im Rahmen einer Dissertation angefertigt hatte. Die Internetseiten des Zahnarztes wurden von einer Firma erstellt und betreut, die die Fotos der Zahnärztin entsprechend eingestellt hatte. Die Fotos wurden von der Firma auch für weitere Praxiswebsites genutzt. Zudem verwendete eine Dentalfirma die Bilder für Verkaufsprospekte, wobei die Zahnärztin zumindest temporär als Urheberin benannt wurde.

Im Rahmen einer Abmahnung ging die Zahnärztin gegen die nicht autorisierte Einstellung ihrer Fotografien auf der Praxiswebsite des Zahnarztes vor, der hinsichtlich der Nutzung der Bilder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. Die geforderte Auskunft über den Umfang der Nutzung der Bilder erteilte der Zahnarzt allerdings nicht, wobei er auch die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht anerkannte.

Entscheidung der Vorinstanz

Die Zahnärztin ging wegen der nicht erfolgten Auskunftserteilung und wegen des Schadensersatzes gegen ihren Kollegen vor, wobei das Landgericht Bielefeld ihr mit Urteil vom 27.09.2011 (4 O 242/10) Recht gab. Sie habe einen urheberrechtlichen Auskunftsanspruch, da der Kollege widerrechtlich die an den beiden Fotografien bestehenden Rechte der Zahnärztin verletzt habe. Sie sei u.a. in den veröffentlichen Vervielfältigungsstücken ihrer Dissertation als Schöpferin der Fotografien bezeichnet worden. Es sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, dass die Zahnärztin ihre Auskunfts- und Schadensersatzansprüche durchsetze. Sie verfolge damit legitime und gesetzlich geschützte Interessen, was selbst dann nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn sie dies gleichzeitig auch gegenüber einer Vielzahl anderer Zahnärzte tue bzw. getan habe. Ihr stünde ferner dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 97 Abs.1 Satz 1 UrhG zu. Der Zahnarzt habe fahrlässig und damit schuldhaft in bestehende Leistungsschutzrechte eingegriffen.

OLG sieht besondere Sorgfaltspflicht

Gegen die Entscheidung legte der unterlegende Zahnarzt Berufung ein, wobei das OLG Hamm der fotografierenden Zahnärztin Recht gab. Das für einen Schadensersatzanspruch und den vorbereitenden Auskunftsanspruch nötige Verschulden sei mit der Vorinstanz zu bejahen. Dies schon deshalb, da der Zahnarzt sich nicht, geschweige denn mit gehöriger Sorgfalt, danach erkundigt habe, ob die Firma, von der er glaubte, Rechte herzuleiten, selbst im Besitz solcher Verwertungsrechte war.

Soweit der Zahnarzt auf die Zuverlässigkeit der vertrauenswürdigen und etablierten Firma vertraut habe, die sich auf die Erstellung von Internetauftritten für Zahnärzte und Kieferorthopäden spezialisiert hat, rechtfertigte dies eine Exkulpation nicht. Wer auf seinen Internetseiten im Rahmen von Werbung viele fremde Bilder veröffentliche, müsse auch entsprechend sorgfältig die Berechtigung hieran recherchieren. Für den Inhalt der Werbung bleibe der Werbende selbst verantwortlich. Er könne sich nicht auf ein spezialisiertes Unternehmen verlassen.

Auch dem Einwand einer rechtsmissbräuchlichen „Massenabmahnung" folgte das OLG nicht. Allgemein müsse es dem verletzten Rechtsinhaber bei einer Vielzahl von Verletzungen gestattet sein, jede einzelne dieser Rechtsverletzungen aus der Welt zu schaffen. Insofern könne eine Missbräuchlichkeit nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass mehr als 100 Zahnärzte, die mit den Bildern geworben haben, angegriffen und insoweit auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Quelle: lennmed.de

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