Statements 07.10.2022
VDZI-Geschäftsführer richtet sich an den Gesundheitsminister
share
Originalüberschrift: Ein Appell an den Gesundheitsminister! Exogene Kostenschocks müssen einkalkuliert werden können
Nach Auffassung der Gesundheitspolitiker hat sich die finanzielle „Großwetterlage“ der gesetzlichen Krankenkassen gedreht. Während unter dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine wahre Gesetzesflut an kostenträchtigen Gesetzen in Gang gebracht wurde, droht nun eine Sparrunde. Bundesgesundheitsminister Lauterbach geht für 2023 von einem Defizit von 17 Milliarden Euro aus. Studien und Experten sprechen von einem drohenden Defizit zwischen 22 und bis 33 Milliarden Euro. Aufgrund dieser finanziell unsicheren Zeiten arbeitet das Bundesgesundheitsministerium mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz an einer Stabilisierung der Finanzen.
Lösungsvorschlag kann nicht zufriedenstellen
Die Losung des Ministers ist: „Alle Beteiligten müssen einen Beitrag zur kurzfristigen Stabilisierung leisten“. Dies sind keine guten Ausgangsbedingungen für die laufenden Preisverhandlungen auf Bundesebene für das Jahr 2023. Droht eine gesetzliche Null-Runde? Werden Leistungen als Einsparung ausgegrenzt? Wie löst das Gesundheitssystem das Problem der aktuellen Kosteninflation von dauerhaften 8 Prozent, ausgelöst durch die Pandemie und nun drastisch verschärft durch die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges?
Keine Lösung für die Zahntechnik
Die gesetzlichen Vorschriften für die Preise zahntechnischer Leistungen bieten hierfür gerade keine Lösung und werden durch den VDZI kritisiert. Gerade die als gesetzliche Obergrenze für die Preisverhandlungen für zahntechnische Leistungen der Regelversorgungen auf Bundesebene geltende jährliche Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied gemäß § 71 Abs. 3 SGB V ist wirtschaftlich sachwidrig und innovationsfeindlich.
Schon vor Jahren hat der VDZI versucht, diese Obergrenze zu kippen. Leider erfolglos, das Gericht hat die Obergrenze für die Vertragspartner als bindend angesehen. Die Inflationsdynamiken machen deutlich, wie gefährlich eine solche sachwidrige Preisregulierung für die Labore werden kann. Damit erscheint es umso richtiger, dass der VDZI seine bisherige Überzeugungsarbeit intensiviert und diese Forderung mit einer Resolution der Delegiertenversammlung im März in Leipzig bekräftigt hat.
VDZI fordert Ausgleich für die tatsächliche Kostenentwicklung
Der VDZI fordert den Ausgleich der tatsächlichen Kostenentwicklung und appelliert bereits seit Monaten an die Vertragspartner, alle Möglichkeiten bei der Vertragsgestaltung auszuloten. So sollen wirtschaftliche Risiken minimiert und zusätzlich parallel für eine rasche Gesetzesänderung geworben werden, die es den Vertragspartnern auf Bundesebene erlaubt, ohne gesetzliche Obergrenze zu verhandeln.
Besonders in den Bereichen der Material- und Energiekosten leiden die zahntechnischen Unternehmen unter der anhaltenden Kosteninflation. Ein besonderes Problem werden dabei die Personalkosten sein, denn hier schlagen deutliche Erhöhungen des Mindestlohns und die Forderungen nach Inflationsausgleich für die zahntechnischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch. Der Gesetzgeber muss die Preisregulierung für zahntechnische Leistungen aufheben, damit die exogenen Kostenschocks für die Betriebe auch in die Preise einkalkuliert werden können.
Noch einmal deutlich: Das geht derzeit nicht, da die Preise nur maximal mit der Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 SGB, also der Rate der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied der GKV, steigen dürfen. Das ist angesichts der Höhe der Inflationsrate absurd und ruinös und gefährdet die Betriebe und deren Leistungsfähigkeit.
Die Einkaufspreise für Dentalmaterialien sind in den letzten Monaten teilweise extrem gestiegen, wofür durch die Zulieferer die explodierenden Rohstoff- und Energiepreise, aber auch der Einbruch der weltweiten Lieferketten verantwortlich gemacht werden. Im Durchschnitt sind wohl Materialpreiserhöhungen von 20 bis 25 Prozent zu verzeichnen, bei wichtigen Materialien gibt es leider auch deutlichere Erhöhungen. Für den Herbst sind bereits weitere Kostenerhöhungen angekündigt.
Und für die Dentallabore, insbesondere in den neuen Bundesländern, führt die Anhebung des Mindestlohns ab Oktober erneut zu einem erheblichen Personalkostenanstieg. Was aber im personalintensiven Handwerk die hohen Inflationsraten bedeuten, ist allen klar; selbstverständlich werden auch die übrigen Mitarbeiter in Anbetracht der erheblich steigenden Lebenshaltungskosten eine Anpassung ihrer Löhne fordern. Die Gewerkschaftsforderungen gehen ja bereits in diese Richtung. Angesichts der extremen Fachkräfteknappheit werden die Personalkosten auch zukünftig deutlich steigen müssen. Sie lagen im letzten Jahr bereits schon bei 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Anders können Zahntechniker als personalintensives Handwerk die Lohnkonkurrenz um die besten Fachkräfte gegenüber der kapitalintensiven Industrie nicht bestehen.
Unverzügliche Aufhebung der Preisregulierung!
Die zentrale Forderung des Verbandes sieht daher die unverzügliche Aufhebung der Preisregulierung durch die strikte und ausschließliche Begrenzung auf die maximale Veränderungsrate vor.
Bleibt es bei der ansteigenden und als nachhaltig eingestuften Inflation bei der Preisbindung, werden flächendeckend viele Betriebe aufgeben, es wird zu einer deutlichen Realentwertung der Löhne kommen und höhere Lohnforderungen könnten wegen des Preisdeckels nicht finanziert werden. Die zahntechnischen Labore würden im Wettbewerb um qualifizierte Auszubildende und Fachkräfte weiter geschwächt.
Die inflationsbedingten Mehrkosten im Zahntechniker-Handwerk bewegen sich über das Gesamtjahr 2022 voraussichtlich zwischen 7 und 9 Prozent. Dieser Kostenanstieg dürfte sich auch im nächsten Jahr in mindestens gleicher Höhe weiterentwickeln. Daher brauchen Zahntechniker eine Veränderung der gesetzlichen Begrenzungen für die Preisvereinbarungen für zahntechnische Leistungen. Die Regulierung muss dringend an die neue krisenhafte Lage mit inflationsbedingten Kostenschocks angepasst werden.
Kontakt
VDZI – Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen
Mohrenstraße 20/21
10117 Berlin
Tel.: +49 30 8471087-0
info@vdzi.de
Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.