Statements 05.08.2011
Zahnerhaltung = Zähne erhalten + Zahnhartsubstanz erhalten!
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Statement von Prof. Dr. Roland Frankenberger, Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde, Medizinisches Zentrum für ZMK, Philipps-Universität Marburg,
Präsident-elect der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung
Wo steht die Zahnerhaltung heute? Am Ende meiner
Vorträge sage ich immer: „Wir können heute in der Zahnerhaltung Dinge machen,
von denen wir vor 20 Jahren nicht einmal geträumt haben.“ Und zu meinen
Patienten sage ich immer: „Wir erhalten Zähne und Zahnhartsubstanz – so
wie es draußen auf dem Schild steht.“ Denn die minimalinvasive
Füllungstherapie und die moderne Endodontie stehen wie keine andere
Therapieform für Zahnerhaltung. Das bedeutet aber nicht, „nur“ einzelne
Zähne zu erhalten zum Beispiel durch erfolgreiche Endodontie statt
vorzeitiger Implantation. Hier geht es im Kleinen natürlich auch um den
respektvollen Umgang mit der Zahnhartsubstanz. Diesen Aspekt erlaubt die
direkte, minimalinvasive Restaurationstechnik im Front- und
Seitenzahnbereich definitiv am besten. Mikroretention statt
Makroretention, Schichtstärke der Zahnhartsubstanz statt Schichtstärke des Restaurationsmaterials.
Minimalinvasive Füllungstherapie steht für
defektorientierte Präparation. Natürlich. Aber: Minimalinvasivität besteht heute
aus drei wesentlichen Dingen:
1. Die defektorientierte Präparation ist
essenziell, aber zeitraubend, maximale Zahnhart-
substanzschonung mit z.B. mikroinvasiven
Maßnahmen (z.B. Infiltration) erhöhen den
materiellen Aufwand noch
zusätzlich.
2. Ohne dauerhafte restaurative Therapie ist die kleinste Präparation
völlig wertlos, wenn Sekundärkaries
alles zuvor Erhaltene wieder zerstört.
3.
Da adhäsive Füllungstherapie oft fast unsichtbar ist, kann es nicht
sinnvoll sein, diese
Restaurationen komplett rotierend zu entfernen, wenn
nur ein kleiner Anteil so einer Füllung
Defekte aufweist. Daher ist die
Füllungskorrektur unter Erhalt der intakten Restaurationsanteile
ein wichtiger Eckpfeiler schonender Füllungstherapie. Und nur in diesem
Dreigespann
funktioniert Minimalinvasivität in der Zahnerhaltung
nachhaltig.
Für die Endodontologie gilt dasselbe. Während innovative rotierende Aufbereitungssysteme und vor allem die OP-Mikroskopie uns die Arbeit erheblich erleichtern, ist auch hier die korrekte Durchführung extrem zeitaufwendig und die chemomechanische Aufbereitung nichts, was in wenigen Minuten zu erledigen ist. Darüber hinaus steigt der Materialaufwand stetig.
Nun hört und liest man, dass im Zuge einer neuen Gebührenordnung direkte, minimalinvasive, Zahnhartsubstanz schonende Restaurationen schlechter honoriert werden sollen als indirekte, in der Regel invasivere Vorgehensweisen. Natürlich existieren noch immer genug Indikationen für indirekte Versorgungen, es ist aber im Sinne der dargelegten Systematik im Rahmen echter Minimalinvasivität nicht logisch, diese höher zu bewerten. Zahnerhaltung muss belohnt werden.