Oralchirurgie 09.11.2011

Sinuslift im Flapless-SALSA-Verfahren



Sinuslift im Flapless-SALSA-Verfahren

Fit 4 Flapless – Teil 2   

Flapless oral surgery, die geschlossene Oralchirurgie, ist heute ein Verfahren, das sich in verschiedenen Bereichen quasi durch die Hintertür unter anderem Namen etabliert hat. Dies betrifft insbesondere die Augmentation des Sinusbodens, für die seit Jahren gering invasive Methoden anstelle der offenen Vorgehensweise entwickelt und praktiziert werden. Der nachfolgende Artikel stellt die F-SALSA-Technik vor.

Die Sub-Antroskopisch Laterobasale Sinusboden-Augmentation (SALSA) ermöglicht über einen minimal­invasiven Zugang eine beliebig große Augmentation – wie bei der klassischen Fenstertechnik – durch eine endo­skopisch unterstützte Tunnelpräparation (Engelke und Jacobs 2001). Die minimalinvasive Sinusbodenaugmentation setzt für eine geschlossene Verfahrenstechnik grundsätzlich eine hochpräzise Arbeitsweise voraus. Diese konnte in den vor allem durch die Verwendung von dreidimensionalen CT-basierten Schablonen optimiert werden. Dabei werden die Daten einer 3-D-Planung von Implantaten mithilfe von Bohrschablonen auf das Operationsfeld übertragen, ohne dass während des Eingriffes ein Online-Navigationssystem erforderlich ist. Die 3-D-Schablonentechnik unterscheidet sich von der Anwendung konventioneller Schablonen insofern, dass die Information über das Knochenlager und die Position der geplanten Versorgung gleichermaßen im Vorfeld berücksichtigt werden und in eine präzise Planung einfließen kann.

Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass nicht nur die Implantatposition, sondern auch die Planung von Augmentaten bei der 3-D-Planung bereits berücksichtigt werden kann, sodass bei der Sinusbodenaugmentation sowohl für die Implantate selbst als auch für den Zugang zur Kieferhöhle millimetergenaue Vorgaben durch eine Operationsschablone vor dem Eingriff zur Verfügung stehen. Je nach Umfang der zu erwartenden Augmentation kann dabei ein rein transalveoläres Vorgehen oder ein Vorgehen mit einem minimalinvasiven lateralen Zugang (SALSA) gewählt werden. In beiden Fällen werden die Implantate über einen krestalen Zugang transgingival inseriert. Letzterer Zugang, die sogenannte Flapless-SALSA-Technik (F-SALSA), soll im Folgenden ausführlicher beschrieben werden.

Die Technik

F-SALSA erfordert im ersten Schritt eine dreidimensionale Planung mithilfe eines Computertomogramms, das nach Aufstellung der Zahnreihe mit einer kontrastgebenden Röntgenschablone erfolgt. Unsere Erfahrung bezieht sich vorwiegend auf das med3D-System, das mit einem Legostein als Referenzkörper arbeitet, der bereits während der CT an der Schablone befestigt mitgeführt wird (Abb. 1).
Inhalt der nachfolgenden Planung ist
1.    die Festlegung der Position der Implantate,
2.    die Planung des Augmentates,
3.    die Festlegung des Zugangs zur Kieferhöhle.

In Abbildung 2 ist eine Operationsplanung für die F-SALSA dargestellt: Die Implantatpositionen (blau, rot) und die Position des Augmentates (gelb) sind in der 3-D- Ansicht dargestellt. Dabei ist die Insertion der Implantate transgingival, die Positionierung des Augmentates über einen minimalinvasiven lateralen SALSA-Zugang vorgesehen. Diese Zugänge werden durch zwei kleine Universalzylinder (rot) in der Planung dargestellt. Die fertige Operationsschablone zeigt die Hülsen für die Implantatbohrungen sowie zwei zusätzliche Führungshülsen (Abb. 3). Die Führungshülsen lateral dienen der Lokalisierung des Zugangs zur Kieferhöhle bei der F-SALSA. Die laterale Exposition der Kieferhöhle erfordert nur eine ca. 1cm lange vertikale Inzision, von der aus präzise der Zugang zum Subantralraum unter Führung über die Hülse festgelegt wird. Die Eröffnung des Subantralraumes benötigt lediglich eine umschriebene Bohrung mit einer atraumatischen Diamantkugel von ca. 4mm Durchmesser, die auch im Bereich der kraniochirurgischen Darstellung der Dura verwendet wird (Abb. 4a).

Ausgehend von der Trepanation wird ein basaler Tunnel angelegt (Abb. 4b), der dem geplanten Augmentationsvolumen entspricht. Das Augmentationsmaterial wird mit der Insulinspritze eingefüllt (Abb. 4c), Tunnel und Augmentatlage können endoskopisch kontrolliert werden, bei kleinen Tunneln ist eine direkte Beobachtung bzw. eine direkte mikroskopische Kontrolle möglich. Die Implantatkavitäten werden nach bekanntem Konzept (Choi und Engelke, 2009) mithilfe der Schablonen transgingival präpariert (Abb. 5) und anschließend die Implantate nach der Planung im augmentierten Bereich ebenso wie in den übrigen Regionen gesetzt. Die Abbildungen 6a und b zeigen im Vergleich ein geplantes Implantat Regio 26 im Transversalschnitt vor der Augmentation (Abb. 6a) und die postoperative Situation mit Sinusbodenaugmentation im SALSA-Verfahren (Abb. 6b). Es wird deutlich, dass die Augmentation und die Insertion des Implantates im simultanen Verfahren zu einem vollständigen Einbau des Implantates in mineralisiertes Gewebe führen. Die prothetische Versorgung des Patienten ist entsprechend der 3-D-Planung in der Abbildung 7 dargestellt.

Seit der Beschreibung des endoskopisch unterstützten Sinuslifts haben verschiedene Arbeitsgruppen diese Technik angewendet. Die Untersuchung von Engelke et al. 2003 zeigte, dass bei 211 Implantaten über bis zu fünf Jahre Beobachtungszeit im Vergleich zu der offenen Fens­tertechnik bei geringerer Invasivität gleich gute ­Resultate erzielt werden konnten. Allerdings wurden bei der originären SALSA-Technik die Implantate noch offen inseriert und lediglich der knöcherne Zugang im Vergleich zur Fensterpräparation wesentlich reduziert. Die konsequente Anwendung der 3-D-Planung erlaubte es im Sinne einer weiteren Verfeinerung der Technik, die ­Implantate transgingival zu inserieren und gleichzeitig den Sinusboden ohne Volumenbegrenzung aufzubauen (Engelke und Capobianco 2005).

Im Vergleich zur transalveolären Augmentation mit verschiedenen Verfahren hat die F-SALSA-Technik den Vorteil, dass eine vom Volumen unbegrenzte Menge an Augmentat eingebracht werden kann, die durch den Minizugang exakt geplant werden kann, ohne dass die Kieferhöhlenwand lateral für den Zugang großflächig deperiostiert werden muss. Es ist offensichtlich, dass damit wesentliche Vorteile für die Nutrition des Knochens und die Reduktion postoperativer Beschwerden verbunden sind.

Wenn der Knochen massiv abgebaut und eine Primärstabilität des Implantates nicht mehr zu erzielen ist, kann die Technik mit nur einer Planung auch zweizeitig ausgeführt werden. In diesem Falle wird zunächst aufgebaut und in einer zweiten Sitzung nach ca. sechs Monaten mit derselben Schablone transgingival implantiert. Der Zugang zur Kieferhöhle, genauer gesagt zum Subantralraum, umfasst dann ausschließlich die vertikale Inzision von 1cm und die Bohrung von ca. 5mm, der gesamte Bereich des Kieferkammes und der größte Teil der lateralen Wand sind nicht betroffen. Soll bei einer F-SALSA nur ein umschriebener Aufbau stattfinden, der ein oder zwei Zahneinheiten betrifft, ist eine endoskopische Kontrolle des Tunnels nicht zwingend erforderlich, sofern eine intakte Kieferhöhlenschleimhaut vorliegt. Gegebenenfalls kann diese mit einer resorbierbaren Membran verstärkt werden.

Die zunehmende Verbreitung der digitalen Volumentomografie macht es möglich, den hier gezeigten Planungsprozess in die Routine einzubauen und konsequent für eine Reduzierung der Invasivität zu nutzen. Dabei ist die Zusammenarbeit des Implantologen mit einem in der Planung erfahrenen zahntechnischen Labor eine wichtige Voraussetzung, um dem Patienten eine sichere und vor allem schonende Operationsmethode anbieten zu können, die selbstverständlich in der oralchirurgischen Routine in Lokalanästhesie erfolgen kann. Die Zeit der massiven Gesichtsschwellungen beim Sinuslift gehört bei Anwendung der Flapless-SALSA-Technik der Vergangenheit an.

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

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