Psychologie 08.08.2014

Spannung und Spiel in der Kinderprophylaxe



Spannung und Spiel in der Kinderprophylaxe

Kennen Sie das: Ängstliche oder bockige Kinder, völlig gestresste Eltern und der vorprogrammierte Konflikt in Ihrer Praxis? Beziehen Sie Erziehungsberechtigte und Kinder mit ein und finden Sie gemeinsam die bestmögliche Lösung, um Kinderprophylaxe einmal anders zu gestalten.

So lassen sich die Kleinsten in der Zahnarztpraxis schnell begeistern: Bieten Sie Eltern und Ihren kleinen Patienten eine separate Methodenstunde – ohne Behandlung – an. Die Kinder bringen an dem Tag ihr Lieblingsstofftier, Buch oder Spielzeug mit. Ganz in Ruhe, außerhalb der üblichen Sprechzeiten, können sie Ihre Praxisabläufe kennenlernen. Spielerisch wird hier der Mut der Kleinsten mit Tricks aus der Magie und Ablenkungsspielen oder auch Fantasiereisen gestärkt.

Methodenstunde schafft Vertrauen

Obwohl es eine rein private Investition ist, sind die Eltern oder Großeltern für das Angebot einer Methodenstunde sehr dankbar. Denn sie erfassen schnell, dass sich diese Investition rechnet. Das so gewonnene Vertrauen der Kleinsten ist die optimale Basis für erfolgreiche und reibungslose Behandlungen. Erfahrungsgemäß bereitet der große Absauger in den Behandlungen vielen Kindern noch Bauchweh. Als sinnvolles Hilfsmittel nutze ich gerne die LOLA-Saugschablonen. Kinder erleben spielerisch, dass der LOLA-Sauger „Knutschküsse“ gibt, wenn er sich mal an der Wange, Lippe oder Zunge festsaugt.

Aus dem Kinderbuch „LOLA Trinkt“ von Dr. Evelyn Leschhorn erzähle ich kleine Geschichten von LOLA und ihren Freunden, warum sie morgens plötzlich keinen Elefantenrüssel mehr hat und wie sie von einer Zahnärztin ihren neuen Rüssel in Form eines Saugers bekommt. In der Methodenstunde wird genau besprochen, wie die Erziehungsberechtigten die häusliche Aufgabe in der Mund- und Zahnpflege zukünftig bei ihren Kindern übernehmen können und was ihre Pflichten sind. Kinder sind meist erst ab dem zehnten bis zwölften Lebensjahr motorisch in der Lage, alle Zahnflächen alleine gut zu erreichen. Daher gibt es feste Vereinbarungen, die beispielhaft besiegelt werden. Aus dem großen Sortiment an Kinderzahnbürsten wird die aktuelle Lieblingsfarbe ausgesucht. Praktische Übungen der altersgerechten Zahnputztechnik (wie KAI) runden das Methodenprogramm ab. Mit dem Einsatz des „Zauberbesen“, der SOLO oder SWING, werden die Übergänge vom Zahnfleischrand zum Zahn hin gesäubert. Schnell erfassen die eifrigen Kinder, dass die emsigen Bakterien nie Ferien machen und daher immer aktiv sind. Spielerisch werden Kinder dafür sensibilisiert, ihre Zähne mit dem Zungentest auf Speisereste hin abzutasten. Anhand des Kinderbuches „Streptos und Kokkos – Die wahre Geschichte aus der Mundhöhle“ von Carlo Mausini bearbeiten die Kleinsten die schwitzenden Bakterien, um sie aus allen Ritzen zu vertreiben.

Zugang finden zu Kind und Eltern

Mein Tipp: Sprechen Sie bitte offen mit den Eltern! Schaffen Sie das Bewusstsein für ein tägliches Zahnpflegeritual. Hierfür sollten jeden Abend fünf Minuten fest eingeplant werden, um den Kindern in puncto Zahnpflege genügend Aufmerksamkeit und Hilfe zu schenken. Gestalten Sie die vielen Jahre der Individualprophylaxe lebendig und abwechslungsreich. Hilfreich sind in der Individualprophylaxe auch Kinderbücher oder selbst gestaltete Arbeitsbögen. Mit gezielten Fragen fin-den Sie leichter einen Zugang zu Kindern und Jugendlichen, zum Beispiel: „Wie viel Zucker nimmt der Mensch in seinem Leben zu sich?“, „Was sagen uns die Zutatenlisten auf den Verpackungen?“, „Wie können vitaminreiche und leckere Pausenbrote aussehen?“ und „Warum richtet die heiß geliebte Apfelsaftschorle besonders abends und nachts Erosionsschäden an?“.

Mitgebrachte Nahrungsmittelverpackungen werden mit den Kindern besprochen und gemeinsam auf ungeahnte Klebrigkeit und Zuckergehalt untersucht. Eine entscheidende Rolle in der Kariesentstehung spielen die Zeitintervalle zwischen den einzelnen Mahlzeiten und der absinkende PH-Wert. Daher erhalten die Eltern den Hinweis, Süßes als Snack oder Getränk direkt nach der Mahlzeit zu reichen. Somit werden die schädlichen Säureangriffe durch maximal vier Mahlzeiten täglich deutlich reduziert. Ein ehrliches Lob öffnet! Was ist gerade besonders gut gelaufen und wo kann noch besser hingeguckt werden und wie? Was brauchen Kinder altersab-hängig, was ist ihnen besonders wichtig?

Damit die IP-Sitzung stressfrei verläuft und die Kinder nicht die Schotten dicht machen, nutzen viele Eltern währenddessen ein besonderes Angebot. Wir reichen im Wartebereich Kaffee, Tee oder Wasser und halten eine gut sortierte Lektüreauswahl bereit, oder verschenken einen Ein-EUR-Gutschein für das Café gegenüber. So können Eltern einfach mal 20 Minuten abschalten und es sich gut gehen lassen. Erst zum Behandlungsabschluss bitten Sie die Eltern mit dazu. Jetzt ist die Basis für ein wertschätzendes Gespräch auf allen Seiten gelegt.

Neue Vereinbarung bei „null Bock“

Vergessen Sie im Praxisalltag nicht: Jedes Kind hat im Laufe der Individualprophylaxe auch mal „null Bock“. Sprechen Sie es offen an und treffen Sie eine neue Vereinbarung für die nächste Sitzung. Sie werden möglicherweise erstaunt sein, wie leicht sich dadurch im Verhalten etwas verändert. Machen Sie sich den Praxisalltag lebendiger, interessanter und angenehmer. Das bemerken auch Ihre kleinen Patienten sehr schnell. So vergehen 30 Prophylaxeminuten wie im Fluge. Fesseln Sie Kinder und Jugendliche.

Ich wünsche Ihnen auf diese neue Art und Weise viel Spaß und gutes Gelingen!

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