Cosmetic Dentistry 23.06.2016

Direkte Füllungstherapie mit einem Nanohybridkomposit



Direkte Füllungstherapie mit  einem Nanohybridkomposit

Foto: © Autor

Nach sechs Jahren klinischer Anwendung des Nanohybridkomposits IPS Empress® Direct zieht der Autor ein Resümee. Denn noch heute ist sein Patient mit diesem Material bestens versorgt. Anhand dieses ersten Patientenfalles mit diesem – damals neuen – Komposit verdeutlicht der Praktiker, wie er das Material erfolgreich für die direkte Füllungstherapie eingesetzt hat.

Die Markteinführung nanogefüllter Kompositmaterialien ging mit der Evolution der direkten konservierenden Therapie einher, die sich immer stärker auf die Erhaltung der gesunden Zahnhartsubstanz konzentrierte. Die hochmodernen Kompositmaterialien mit herausragenden biomechanischen sowie ästhetischen Eigenschaften ermöglichten dementsprechend ab sofort die ideale direkte Rehabilitation großer Defekte. Dies bezeugen jüngste klinische Studien zu Adhäsiv- und Komposit-Schichttechniken. Zusätzlich wächst die Nachfrage der Patienten nach hochästhetischen Versorgungen zu bezahlbaren Preisen.

Eigenschaften

Bei einem hochästhetischen Füllungsmaterial ist die chemische Zusammensetzung von entscheidender Bedeutung. Nicht nur die materialtechnischen Anforderungen an Volumenschrumpf, Oberflächenhärte, Bruchfestigkeit, Biegefestigkeit, Biegemodul, Polierbarkeit, Verschleißresistenz und Röntgenopazität müssen erfüllt werden. Wichtig ist auch die perfekte Abstimmung der optischen Eigenschaften zwischen den Füllstoffen und der Polymermatrix. Dies ist enorm wichtig, um die richtigen Farben und Transluzenzen für natürlich wirkende Restaurationen zu erhalten. Jede Komponente eines Komposits hat ihre spezifische Funktion. Die Monomere beeinflussen die Reaktivitat, die Festigkeit, den Schrumpf und das Handling des Komposits.

In die Monomermatrix eingebettet sind Füllstoffe unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und Größe, die Abrasionsresistenz, Festigkeit, Polierbarkeit, Glanz, Röntgenopazität und Transluzenz des Materials bestimmen. Bei der Entwicklung des Nanohybridkomposits IPS Empress Direct wurde der Zusammensetzung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Daher konnte ein Komposit mit neuartigen Eigenschaften realisiert werden:

1. Abrasion und Bruchfestigkeit

Der Verschleiß von Füllungsmaterialien ist ein wichtiger Parameter für die Überlebenswahrscheinlichkeit einer Restauration. Der Verschleiß hat Auswirkungen auf Ästhetik und Kaufunktion der zahnärztlichen Versorgungen. Bruchfestigkeit ist ebenfalls ein entscheidender Faktor, der bei der Wahl eines Komposits in Betracht gezogen werden sollte. Restaurationen sind starken und langen Kauzyklen unterworfen. Die Verwendung ungeeigneter Komposite kann mit der Zeit zu Rissen in der Res­tauration führen, die deren Effizienz und Langlebigkeit mindern. Durch den Einsatz der Nanotechnologie sind die Füller in IPS Empress® Direct sehr klein (100 – 400 nm). Das Komposit hat einen hohen Fülleranteil (ca. 75 – 79 Gew.-% und ca. 52 – 59 Vol.-%), wodurch die organische Komponente (Harzmatrix, in diesem Fall Bis-GMA) stark reduziert ist.

Die Füllerpartikel sind in eine Harzmatrix eingebettet, die bezüglich Abrasion und Bruchfestigkeit die schwächere Komponente darstellt. Daher besitzt IPS Empress Direct eine höhere Oberflächenhärte als konventionelle Komposite sowie eine höhere Bruchfestigkeit. Diese Eigenschaften werden nicht nur vom Füllervolumen beeinflusst, sondern auch von der Art der verwendeten Füllerpartikel. Gröbere Bariumglasfüller (0,7 μm) werden in den Dentinmassen eingesetzt, um eine größere Festigkeit zu erhalten. Die Schmelzmassen enthalten dagegen feinere Bariumglasfüller (0,4 μm), die dem Material eine bessere Polierbarkeit, höheren Glanz und geringere Abrasionsanfälligkeit verleihen.

2. Polymerisationsschrumpfung

Da nur die organische Komponente während des Aushärtens schrumpft, sind Nanokomposite auch in puncto Polymerisationsschrumpfung gegenüber konventionellen Kompositen im Vorteil (siehe Tabelle). Aufgrund des hohen Gehaltes an Nanofüllern ist die organische Komponente auf ein Minimum reduziert. Daher weisen diese Komposite eine Schrumpfung von nur 1,6 bis 2,5 % auf, während Mikrofüllerkomposite eine Schrumpfung von 3,5 % zeigen.

3. Optische Eigenschaften

IPS Empress Direct ist als hochästhetisches Füllungsmaterial konzipiert, mit dem die natürlichen optischen Eigenschaften von Zähnen möglichst gut imitiert werden können. Wichtig sind dabei insbesondere die Fluoreszenz, die Opaleszenz und die Transluzenz des Materials. Neu ist die Farbe Translucent Opal erhältlich, die die Nachbildung der Opaleszenz natürlicher Zähne ermöglicht. Die Transluzenzgrade liegen über jenen konventioneller Komposite. Die hohe Röntgenopazität ermöglicht es dem Zahnarzt, die Füllung von gesunder Zahnsubstanz und Sekundärkaries zu unterscheiden.

4. Glanz und Oberflächenrauigkeit

Ein hochästhetisches Komposit sollte einfach auf Hochglanz polierbar sein. IPS Empress Direct ist in diesem Hinblick ausgiebig untersucht worden. Die Schmelzmaterialien zum Beispiel enthalten Barium­glasfüller (0,4 μm), die für günstige Poliereigenschaften und einen hohen Oberflächenglanz sorgen. Wird richtig poliert, erreichen diese Komposite ca. 80 Glanzeinheiten (GE) und weisen eine niedrige durchschnittliche Oberflächenrauigkeit von unter 0,1 μm auf.

5. Ästhetik

Durch Dentinmassen mit einer optimalen Opazität und Schmelzmassen mit einer idealen Transluzenz lässt sich bei einer gezielten Auswahl eine perfekte ästhetische Integration der Restauration erreichen. Um das Ergebnis mit nur zwei Massen zu erzielen, wird ein Schichtschema mit geeigneten Schichtstärken empfohlen, das die anatomischen Gegebenheiten und die Schichtstärken eines natürlichen Zahnes nachahmt.

6. Handling und Lichtempfindlichkeit

IPS Empress Direct ist nicht nur einfach in der Handhabung, sondern weist auch eine geringere
Lichtempfindlichkeit auf. Dies sorgt dafür, dass dem Zahnarzt ausreichend Zeit für die Verarbeitung zur Verfügung steht, bevor das Material durch den Blaulichtanteil des Umgebungslichtes auszuhärten beginnt (nach 240 bis 300 Sekunden).
 
(Aus: Wissenschaftliche Dokumentation IPS Empress Direct, Ivoclar Vivadent)

Patientenfall

Anhand des vierten Quadranten beschreibt der Autor hier beispielhaft für den gesamten Therapieablauf, wie er mit IPS Empress Direct vorging. Zum damaligen Zeitpunkt erfolgte eine vollständige Rehabilitation aller vier Quadranten. Der Patient wünschte sich diese Versorgung aufgrund seiner postoperativen Empfindlichkeit. Zudem waren die vorhandenen Res­taurationen insuffizient und ästhetisch unbefriedigend (Abb. 1a und b). Die approximale Kontaktfläche zwischen Zahn 46 und 47 stellte sich als inkorrekt dar, wodurch es nach jeder Mahlzeit zu einem unangenehmen Verbleib an Speiseresten kam. Außerdem waren keine okklusalen Kontakte vorhanden; eine anatomisch-funktionelle Kauflächengestaltung war nicht gegeben. Durch Anlegen eines Kofferdams erfolgte die Isolierung des zu behandelnden Quadranten (Abb. 2). Diese Technik erlaubt ein komfortables Behandlungsumfeld. Der Zahnarzt erhält eine gute Übersicht und der Patient wird vor einem ungewollten Verschlucken von Materialien geschützt. Die alten Füllungen mussten entfernt und das da­runterliegende kariöse Dentin mit einem Rosenbohrer abgetragen werden. Anschließend wurden die Kavitäten mit feinkörnigen Diamantschleifern und Diamanteinsätzen im Ultraschallhandstück ausgearbeitet. Generell ist darauf zu achten, dass die Kavitäten gut geformt sind. Idealerweise bleibt möglichst viel Zahnschmelz als Kontaktfläche sowie darunterliegendes, stützendes Dentin erhalten. Die Kavität sollte einen klar definierten, durchgängigen Präparationsrand aufweisen (Abb. 3).

Konditionierung

Als Haftvermittler wurde ein Mehrschritt-Total-­Etch-Adhäsiv (Syntac®) verwendet. Dies setzte der Autor damals bereits seit fast 15 Jahren erfolgreich ein. Der klinische Erfolg zeigte sich durch drei positive Auswirkungen: Es trat keine postoperative Empfindlichkeit auf, die Adhäsion mit dem darunterliegenden Zahngewebe war optimal und es überzeugte durch sehr gute Randqualitäten. Bei der Total-Etch-Technik erfolgt die Ätzung des Zahnschmelzes sowie des Dentins unterschiedlich lang (30 Sekunden Schmelz und 15 Sekunden Dentin; Abb. 4). Nach dem Ätzen wurde Syntac Primer leicht eingerieben, der für weitere 20 Sekunden einwirkte und dann sorgfältig bis zum vollständigen Verdampfen verblasen wurde. Dasselbe Vorgehen wurde mit Syntac Adhäsiv wiederholt. Der nun applizierte Bonder (Heliobond) sollte für mindestens 10 Sekunden auf den geätzten Oberflächen verbleiben. Nur so kann das Material die Kollagenfasern und die teilweise demineralisierte Dentinschicht vollständig penetrieren. Nach dem Einwirken des Bonders wurde das Material vorsichtig abgesaugt und verblasen. Nach dem Polymerisieren sollte das Dentin leicht glänzen (Abb. 5). Ein Indiz dafür, dass das Adhäsiv gut durchdrungen ist, jedoch an keiner Stelle eine zu dicke Schichtstärke aufweist.

Füllung

Als erste Füllungsschicht wurde das fließfähige Komposit (Tetric EvoFlow®) in einer Stärke von ca. 0,5 mm auf die gesamte Dentinfläche aufgetragen und eine dünne Schicht auf dem Schmelz appliziert. Das Material wurde für 2 x 10 Sekunden mit mindestens 1.000 mW/cm2 polymerisiert. Die darauffolgende Schichtung erfolgte mit dem modellierbaren IPS Empress Direct. Die Kavität wurde von einer Klasse II- in eine Klasse I-Kavität verwandelt. Hierfür mussten die approximalen Kavitätenwände aufgebaut werden (Abb. 6 und 7).

Im Gegensatz zu Matrizenbändern erlauben es Teilmatrizen, dem Komposit die konvexe Form zu verleihen, die für die approximalen Flächen natürlicher Zähne typisch ist. Hier bedurfte es eines Umdenkens bezüglich der Matrizen. Beim Legen von Amalgamfüllungen dienten Matrizen zum Halten des Materials während der Verdichtung. Ein Abrutschen von Amalgam in die Zahnzwischenräume und damit eine Schädigung des Weichgewebes sollten so verhindert werden. Die Anwendung von Kompositen dagegen kann mit dem Spritzgussverfahren von Kunststoffen verglichen werden. Um eine glatte, glänzende Oberfläche zu erzielen, wird der Kunststoff in weichem Zustand in eine glatte Metallform gespritzt. Das so gefertigte Produkt benötigt in der Regel keine weitere Nacharbeit. Die in diesem Fall verwendeten Teilmatrizen erfüllen eine ähnliche Funktion wie die Metallgussformen: Sie geben die finale Form vor, wenn approximale Wände aufgebaut werden müssen. IPS Empress Direct-Schmelzmasse wurde entsprechend adaptiert und lichtgehärtet. Aufgrund der glatten Oberflächen war kaum Nacharbeit notwendig. Das abschließende Füllen der Kavitäten erfolgte mit einer Abfolge von zunächst horizontal und dann schräg geschichteten IPS Empress Direct-Dentinmassen. Es wurden dreieckige Höckerabhänge – als Basis für die Okklusionsfläche – geschaffen (Abb. 8). Die Okklusionsfläche wurde mit schräg verlaufenden Schichten aus IPS Empress Direct Enamel komplettiert (Abb. 9).

Nach dem Entfernen der Matrizen konnten die Kauflächen entsprechend der gnathologischen Regeln modelliert und bei einer Okklusionskontrolle die Frühkontakte entfernt werden. Für die Ausarbeitung der okklu­salen Gegebenheiten dienten Hart­metall-Schleifkörper (H390F, Komet). Feinbearbeitung und Politur bestanden aus nur wenigen Schritten. Die Restaurationen wurden mit einem Drei-Schritt-Poliersystem (Astropol®) finalisiert (Abb. 10). Für die konvexen Bereiche empfehlen sich einschneidige Schleifscheiben mit abnehmender Körnung (OptiDisc®, KerrHawe).

Fazit

Durch das konsequente Einhalten des dargestellten Protokolls lassen sich selbst komplexe direkte Res­taurationen relativ unkompliziert realisieren. Auch in diesem Fall konnten die drei grundlegenden Kriterien für Rekonstruktionen zufriedenstellend erfüllt werden: passende Farbe, Form und Funktion. Auch sechs Jahre nach der Therapie ist der Patient sicher und ästhetisch versorgt (Abb. 11 bis 12b).

Danksagung: Ich bedanke mich bei Dr. Pier Francesco Graziani für die Unterstützung bei der Korrektur des Artikels.

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