Cosmetic Dentistry 15.04.2011
Ein bioökonomisch optimiertes Behandlungskonzept
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Der Einsatz nanooptimierter Mikrohybridkomposite in der Alltagspraxis
Patienten fordern heute ästhetische Resultate. Gleichzeitig werden ökonomische Gesichtspunkte – wie Zeitaufwand zum Erreichen des Therapieziels und Kosten der Behandlung beim Entscheid für oder gegen eine angebotene Therapie immer wichtiger. Die Zeit auf dem Behandlungsstuhl kostet dem Patienten doppelt: erstens muss der Zahnarzt während derselben bezahlt werden, und zweitens steht dem Patienten diese Zeit nicht für anderes zur Verfügung.
Die klassische, prothetisch orientierte Zahnmedizin zeigt hervorragende Resultate. Sie muss sich aber, um ästhetische Resultate zu erreichen, auf indirekte Restaurationen verlassen.1 Die Anfertigung von indirekten Restaurationen ist immer zeitraubend, technikintensiv und daher auch kostspielig.2 Da sich die „zementierte“ Zahnmedizin auf Retention und Friktion stützt, sind präparatorisch gewisse geometrische Richtlinien einzuhalten.3 Dies führt bei ästhetischen Kronen-Brückenversorgungen zu invasiven Präparationen.4 Treten bei prothetischen Rekonstruktionen Komplikationen auf, sind diese oft dramatisch und lassen sich nur mit komplexen, oft noch invasiveren Therapiemitteln beherrschen.5 Auch der Einsatz von Hightech-Materialien (z.B. Zirkon) oder -Fertigungstechniken (z.B. CAD/CAM) löst die grundlegenden Probleme der Prothetik nicht.6, 7 Prothetik bedeutet immer noch:
1. grosser personeller (Zahntechniker und Zahnarzt sind involviert) sowie finanzieller Aufwand (vonseiten des Zahnarztes: Investition in digitalen Workflow; von Seiten des Technikers: Investition in moderne Apparatetechnik)
2. starke Abhängigkeit von einer administrativ aufwendigen Infrastruktur (digitaler Workflow, CAD/
CAM-Fertigungsstrassen) mit dem entsprechenden Kontrollverlust (die Qualität des Schlussresultates kann nur marginal durch den Zahnarzt beeinflusst und kontrolliert werden)
3. deutliche Erhöhung des Risikos für schwer zu beherrschende biologische Komplikationen.
Wer Zahnmedizin auch in Zukunft erfolgreich (finanziell und biologisch) praktizieren will, muss neue Wege suchen. Weg von personell und apparativ aufwendigen, biologisch invasiven und kostspieligen Therapieregimen, hin zu einfachen aber effizienten, biologische und finanzielle Resourcen schonenden Behandlungsstrategien. Nur dann wird er langfristig die Forderungen der Patienten nach „ sofort und schön, aber günstig“ erfüllen können.
Nanooptimiertes Mikrohybridkomposit – ein Material mit Potenzial
Zurzeit kommt nur eine Behandlungsform diesem Ideal nahe: der Einsatz von direkter, adhäsiver Zahnmedizin („Freehand Bonding“) unter Verwendung der neuesten Generation von plastischen Keramiken, den nanooptimierten Mikrohybridkompositen.8, 9, 10, 11Die Schrumpfung und der mit ihr verbundene Spannungsaufbau wurden bislang als limitierender Faktor für die direkte Applikation von Kompositen betrachtet. Ebenso wurden die mechanische Stabilität und das ästhetische Potenzial als kritisch für den Langzeiterfolg vor allem bei grösseren Restaurationen genannt.
Bei der Entwicklung der neuesten Generation von Kompositen standen folgende Gesichtspunkte im Vordergrund:
1. die Optimierung der mechanischen Eigenschaften
2. die Reduktion der Schrumpfung.
Diese Ziele wurden durch den Einsatz von zwei innovativen Technologien erreicht. Der Einsatz von Nanopartikeln und die Verwendung von speziellen Monomeren. Die Nanoteilchen werden in einem Hightech-Verfahren aufwendig silanisiert, wodurch ein extrem starker Verbund der Kleinstteilchen zur organischen Matrix erreicht wird. Der Gesamtfüllergehalt konnte weiter gesteigert werden, z.B. bei Venus Diamond von Heraeus 64 Vol.-%. Aufseiten der Matrix setzt man bei Venus Diamond auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Premiumkunststoffhersteller DuPont. Wichtigster Bestandteil der Matrix sind grosse Monomermoleküle, die sich durch einen starren Kern auszeichnen, an dessen Enden flexible Arme befestigt sind. Es war so möglich, einerseits die Volumenschrumpfung zu reduzieren (1,5 % nach 24 Stunden) und gleichzeitig die mechanischen Eigenschaften positiv zu beeinflussen (Schlagzähigkeit, Scherfestigkeit, Druckfestigkeit).
Das Resultat ist ein äusserst belastbarer und spannungsarmer Verbundwerkstoff.
Klinischer Anwenderbericht
Neben den immer besseren chemisch-physikalischen Eigenschaften zeichnen sich State of the Art-Komposite heute auch durch einfach zu verstehende Farbsysteme aus. Beim vorliegenden Komposit (Venus Diamond Heraeus) können die Kompositmassen grundsätzlich in drei Gruppen eingeteilt werden:
– Opake Massen (Opazität höher als natürliches Dentin), z.B. OL, OM, OD
– Universalmassen (Opazität zwischen Dentin/Schmelz), z.B. A1 bis A3,5
– Inzisalmassen (schmelzähnliche Transluzenz), z.B. AM, CL.
Daneben stehen als vierte Gruppe Effektmassen zur Verfügung, z.B. die Bleachfarben BL und BXL sowie opaleszierende Massen YO und CO. In den allermeisten klinischen Situationen können bereits mit zwei bis drei Massen pro Restauration sehr naturnahe Resultate erreicht werden. Geschichtet wird nach der klassischen Technik, wie von Hotz und Magne 1996 beschrieben.12 Die Massen sind sehr kompakt mit einer herausragenden festen Konsistenz. Sie lassen sich zügig verarbeiten, ohne am Instrument zu kleben. Einmal modellierte Konturen bleiben perfekt stehen und zerfliessen nicht. Die Politur erfolgt mit dem eigens auf Hybridkomposit abgestimmten Venus Supra Poliersystem von Heraeus. In wenigen Schritten lässt sich so komfortabel eine gefällige Oberflächenqualität erreichen. Die hohe Röntgenopazität macht die radiologische Beurteilung der erstellten Restaurationen einfach und sicher.
Fazit
Die modernen Kompositsysteme sind für sämtliche Indikationen von Klasse I–V-Kavitäten sowie für indirekte Restaurationen geeignet. Mit ihren hochentwickelten mechanischen und optischen Eigenschaften stellen sie eine echte Alternative zu klassischen Techniken wie metallischen und keramischen Restaurationen dar. Die Qualität der Resultate und der Anspruch zur universellen Anwendung legt eine neue semantische Klassifikation für nanooptimierte Mikrohybridkompositsysteme nahe: die plastische Dentalkeramik.
Hier finden Sie eine ausführliche Literaturliste zum Beitrag.