Cosmetic Dentistry 21.02.2011
Lücken mit Kompositen schließen
Im Zuge der permanenten Optimierung der Komposite in den letzten 65 Jahren ist auch das Bewusstsein der Menschen für gesunde und schöne Zähne gestiegen. Vor allem junge Patienten haben häufig nach einer erfolgreich abgeschlossenen kieferorthopädischen Behandlung vielfältige ästhetische Wünsche wie das Bleaching ihrer Zähne, die Korrektur von Verfärbungen (z.B. nach Abnahme der Brackets), das Schließen kleinerer Lücken (Diastema), die Korrektur von Formanomalien (Zapfenzähne), Erosionen, Abrasionen und Dysplasien sowie das Schließen von interdental schwarzen Dreiecken. Viele ästhetische Probleme lassen sich heute durch moderne Komposite korrigieren.
Komposite sind minimalinvasiv einsetzbar, relativ einfach und schnell zu handhaben und der Kosten-Nutzen-Quotient ist sehr hoch. Nachfolgend sollen anhand von vier Patientenfällen mögliche Einsatzbereiche moderner Komposite gezeigt werden. Alle Fälle wurden minimalinvasiv ohne jegliche Präparation der karies- und füllungsfreien Zähne allein durch additive Maßnahmen mittels Kompositen restauriert. Vor Beginn der restaurativen Therapie erfolgte eine sorgfältige Reinigung und Politur sämtlicher zu behandelnden Zähne, anschließend wurde deren Farbe mithilfe des Vita-Farbringes bestimmt. Für den Aufbau und die Formgebung der Zähne wurde die „vertikale Matrizentechnik“ angewandt.
1. Patientenfall
Bei einem 19-jährigen Patienten bestehen nach der kieferorthopädischen Behandlung aufgrund des Missverhältnisses zwischen Kiefergröße und Zahngrößen weiterhin Lücken in der Oberkieferfront (Abb. 1). Die Frontzähne sind karies- und füllungsfrei. Die seitlichen Schneidezähne im Oberkiefer wurden von der behandelnden Kieferorthopädin in die Mitte zwischen dem mittleren Schneidezahn und dem Eckzahn positioniert, um den Aufbau der seitlichen Schneidezähne symmetrisch, d.h. mesial und distal, durchführen zu können. Die Abbildungen 2 bis 4 zeigen die Situation nach Abnahme der Brackets und dem Office-Bleaching der Oberkieferzähne durch die Kieferorthopädin. Das Bleaching der Unterkieferzähne soll nach Rückgang der Gingivitis erfolgen.
Ein minimalinvasiver Lückenschluss und eine bestmögliche Symmetrie durch die „Verbreiterung“ der beiden mittleren Schneidezähne wurde jeweils nur distal mittels Kompositen erreicht, der Aufbau der beiden seitlichen Schneidezähne wurde mesial und distal sowie der Aufbau der zwei Eckzähne jeweils nur mesial durchgeführt. Ein alleiniger Aufbau der seitlichen Schneidezähne jeweils mesial und distal hätte zwei unverhältnismäßig breite und unnatürlich wirkende 2er zur Folge gehabt. Das Lippenbild erscheint nach dem Diastemaschluss deutlich optimiert.
Endergebnis mit Mock-up vor der Behandlung visualisieren
In Fällen, wo sich der Patient oder der Behandler ein „Bild“ von der geplanten Restauration machen will, hilft die Anfertigung eines diagnostischen Wax-ups oder eines Mock-ups. Durch Vergleich des Ausgangssituations- mit dem diagnostischen Wax-up-Modell erhält man einen sehr schönen Vergleich zwischen Vorher (Abb. 5) und Nachher. Um ein sogenanntes „Mock-up“ anzufertigen, nimmt man einen Silikonüberabdruck vom diagnostischen Wax-up (Abb. 6), füllt diesen Abdruck mit gewöhnlichem Provisorium-material und setzt diesen in den Mund des Patienten ein. Nach Entfernung der Überschüsse erhält man eine sehr aussagefähige Imitation der geplanten Versorgung (Abb. 7). Abbildung 8 zeigt das Ergebnis nach ästhetischer und funktioneller Optimierung mittels Keramikveneers. In Fällen, wo die gesamte Inzisalkante oder Labialfläche aufgebaut werden soll, empfiehlt sich aus Stabilitätsgründen die Verwendung von Keramik.
2. Patientenfall
Die Abbildungen 9 und 10 zeigen die Situation nach Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung einer 25-jährigen Patientin mit karies- und füllungsfreien Frontzähnen. Die Patientin wünscht sich, dass die Lücken zu den Nachbarzähnen geschlossen werden. Der minimalinvasive Lückenschluss wird mit Kompositen realisiert. Durch „Verbreiterung“ der beiden mittleren Schneidezähne jeweils mesial sowie Aufbau der beiden seitlichen Schneidezähne nur mesial mittels Kompositen wurde eine bestmögliche Symmetrie erreicht (Abb. 11 und 12). Die Symmetrie zweier Zähne (v.a. die mittleren Schneidezähne) ist eines der entscheidenden Aspekte, die ein Lachen
ästhetisch erscheinen lässt.
3. Patientenfall
Bei der 14-jährigen Patientin soll der hypoplastische Zahn 22 kurz vor Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung auf Empfehlung der Kieferorthopädin minimalinvasiv mittels Kompositen aufgebaut werden (Abb. 13). Nach Aufbau des Zahnes 22 mittels Kompositen stabilisieren die neu entstandenen Approximalkontakte zu den Zähnen 21 und 23 das kieferorthopädisch erreichte Ergebnis; zudem wurde ein deutlich verbessertes harmonisches Lächeln der Patientin (Abb. 14) erreicht.
4. Patientenfall
Die Abbildung 15 zeigt die Situation nach Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung: Der verlagerte linke Eckzahn konnte nicht freigelegt werden, sodass der erste Prämolar auf der Position des Eckzahnes steht. Der erste Prämolar wurde minimalinvasiv mittels Kompositen so zum Eckzahn „aufgebaut“ (Abb. 16), dass eine perfekte Symbiose aus Ästhetik und Funktion entstand.
Diskussion
Die modernen Komposite haben neben verbesserten physikalischen auch hervorragende ästhetische Eigenschaften. Sie ermöglichen in relativ kurzer Zeit sehr gute ästhetische Ergebnisse, sind minimalinvasiv und in sehr vielen Fällen, wo kein Beschleifen der natürlichen Zähne notwendig ist, sogar „noninvasiv“ einsetzbar.
Bei der Entscheidungsfindung zwischen einem konservativen, minimalinvasiven Verfahren (mittels Kompositen) oder einem möglicherweise invasiven Verfahren (mittels Keramiken) spielen in der Regel viele Faktoren eine Rolle. Neben technischen Aspekten und der Materialwahl sollte der Zahnarzt bei seinen Überlegungen auch das Alter des Patienten, den Umfang der Restauration, die Schwere des Gewebeverlustes sowie insbesondere bei jungen Patienten finanzielle Aspekte berücksichtigen.
In manchen Fällen ist auch eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit des Zahnarztes mit dem behandelnden Kieferorthopäden angezeigt, z.B. bei multiplen Diastema, wenn es für den Erfolg hilfreich ist, dass während der kieferorthopädischen Behandlung die Diastema geschlossen werden, um dadurch das kieferorthopädisch erreichte Ergebnis zu stabilisieren. Eine Zusammenarbeit zwischen Kieferorthopäde, Zahnarzt und Kieferchirurg empfiehlt sich bei Fällen von verlagerten Zähnen (häufig Oberkiefereckzähne) oder bestehenden Lücken infolge einer Nichtanlage (z.B. seitliche Oberkieferschneidezähne), wenn die Lücken mittels Klebebrücken so lange offen gehalten werden sollen, bis das Alter des Patienten das Inserieren von Implantaten ermöglicht.
Autor: Dr. Anusch Tafazoli