Kieferorthopädie 24.09.2025
Funktionelle Kieferorthopädie und CMD – mehr als nur gerade Zähne
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In unserer Praxis verfolgen wir ein ganzheitliches Konzept, das besonders auf die Ursachen von CMD eingeht – und damit auf Beschwerden, die das Leben vieler Betroffener stark beeinträchtigen können.
Wo die Ursache liegt – ein Blick ins Stammhirn
Unser Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass die Ursache von CMD tief im Stammhirn zu finden ist. Hier laufen wichtige Gehirnnervenkerne zusammen, darunter der Nervus trigeminus, der bedeutendste Nerv im Bereich des Gesichts und des Kaumuskelsystems (Abb. 1). Er ist nicht nur für die Empfindung im Gesicht verantwortlich, sondern steuert auch die Muskulatur, die für das Kauen und Sprechen notwendig ist.
Was viele nicht wissen: Der Nervus trigeminus hat eine außergewöhnlich hohe Repräsentanz im Gehirnstamm und zeigt hier eine ausgeprägte Dominanz.
Das bedeutet, dass eine Fehlstellung der Zähne oder eine Störung der Kiefergelenksfunktion weitreichende Auswirkungen auf das gesamte Nervensystem haben kann.
Das erklärt, warum Zahnfehlstellungen oft nicht nur zu Kieferschmerzen führen, sondern auch auf scheinbar unabhängige Bereiche des Körpers ausstrahlen können – mit Symptomen wie Tinnitus, Schwindel, Kopfschmerzen oder Nackenverspannungen.
Leidensweg vieler Patienten – und die Suche nach Antworten
Viele unserer Patienten haben bereits eine jahrelange Arztodyssee hinter sich. Sie haben zahlreiche Behandlungen ausprobiert und trotzdem keine Linderung ihrer Beschwerden erfahren. Die Verzweiflung ist oft groß, wenn niemand die wahre Ursache der Schmerzen erkennt.
Hier setzt unsere ganzheitliche Herangehensweise an. Wir betrachten nicht nur die Zähne, sondern den gesamten Menschen – von der Zahnstellung über die Kiefergelenksfunktion bis hin zu den komplexen Nervenverbindungen im Stammhirn.
Ein Beispiel, das bewegt – Tinnitus und Schwindel durch Zahnfehlstellung
Ein eindrucksvolles Beispiel für die komplexen Zusammenhänge ist der Zusammenhang zwischen Tinnitus, Schwindel und einer fehlerhaften Bisslage (Abb. 2).
Viele Betroffene leiden unter einem ständigen Ohrgeräusch oder Schwindelgefühl, ohne zu wissen, dass die Ursache im Mund liegt. Dabei spielt die enge Verbindung zwischen dem Nervus trigeminus und dem Cochlearsystem eine entscheidende Rolle.
Wie das zusammenhängt: Die Wahrnehmung von Geräuschen und Gleichgewicht wird im Innenohr gesteuert, während die elektrochemische Verarbeitung dieser Reize im Stammhirn stattfindet – in direkter Nachbarschaft zu den Nervenverbindungen des Nervus trigeminus.
Kommt es durch eine fehlerhafte Bisslage zu einer Überaktivität des Nervus trigeminus, kann dies zu einer Reizung der benachbarten Nervenzellen führen, die für die Geräusch- und Gleichgewichtswahrnehmung zuständig sind. Die Folge: Tinnitus und Schwindel, ausgelöst durch eine Zahnfehlstellung.
Für die Betroffenen bedeutet das: Endlich eine Erklärung für ihre Beschwerden zu finden – und Hoffnung auf eine gezielte Behandlung, die am Ursprung des Problems ansetzt.
Ein ganzheitlicher Ansatz für eine bessere Lebensqualität
In unserer Praxis legen wir besonderen Wert darauf, die Ursachen von CMD zu erkennen und gezielt zu behandeln. Mithilfe der funktionellen Kieferorthopädie korrigieren wir nicht nur die Zahnstellung, sondern stellen auch die natürliche Balance des Kausystems wieder her. Dabei haben wir stets den gesamten Menschen im Blick – mit all seinen physischen und emotionalen Bedürfnissen.
Unser Ziel: Eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität – damit unsere Patienten wieder unbeschwert lächeln, genießen und leben können.

Unser Infofilm erklärt anschaulich die wechselseitigen Beziehungen zwischen Zahnfehlstellungen, Nervensystem und CMD.
Konkretes Fallbeispiel aus unserer Praxis: Anomalie der Angle-Klasse II/2
In unserer Praxis verfolgen wir ein Konzept der funktionellen Kieferorthopädie, das den Menschen als Ganzes in den Mittelpunkt stellt – mit all seinen Bedürfnissen nach Gesundheit, Wohlbefinden und einem selbstbewussten Lächeln. Unser Ziel ist es, nicht nur Zahnfehlstellungen zu korrigieren und unseren Patienten zu einem strahlenden Lächeln zu verhelfen, sondern immer auch die Kiefergelenksfunktion zu optimieren, um langfristigen Beschwerden wie CMD vorzubeugen.
Dieses Fallbeispiel zeigt eindrucksvoll, wie eine kieferorthopädische Behandlung nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch die Lebensqualität nachhaltig verbessern kann (Abb. 4a–c): Die Patientin litt unter einer Retrusion der Frontzähne in Verbindung mit einem tiefen Biss. Dies führte nicht nur zu funktionellen Einschränkungen, sondern auch zu ästhetischen Beeinträchtigungen, die sie stark in ihrem Alltag beeinflussten.
Ästhetische Beeinträchtigung – mehr als nur ein Schönheitsfehler
Obwohl die Patientin alle anatomischen Voraussetzungen für ein wunderschönes Lächeln hatte – eine harmonische Smile Line, eine perfekte Lippenkonfiguration und ideal geformte Zahnfarben – fiel es ihr schwer, ihre Zähne zu zeigen. Das Lachen in Gesellschaft wurde für sie zu einer bewussten Entscheidung, die sie oft vermied, um ihre Zahnstellung zu verbergen. Die Unsicherheit prägte ihr Auftreten und ihre Lebensfreude. Erst im Verlauf der Behandlung begann sie zu realisieren, welches Potenzial in ihrem Lächeln steckt. Die Vorstellung, eines Tages frei und unbeschwert zu lachen, schien ihr zuvor unerreichbar (Abb. 5a–c).

Funktionelle Beeinträchtigung – Schmerz, der das Leben beeinflusst
Neben den ästhetischen Einschränkungen litt die Patientin auch unter funktionellen Problemen. In maximaler Interkuspidation führte die Zahnfehlstellung zu einer posterioren Position der Kondylen mit Beteiligung der bilaminären Zone (Abb. 3). Dies löste eine permanente Irritation des Nervus trigeminus aus, was zu den typischen CMD-Beschwerden wie Kopfschmerzen und Verspannungen führte.
Unser Behandlungsansatz – funktionell und ästhetisch zugleich
Um der Patientin langfristig zu helfen, empfahlen wir eine Multibracketapparatur, um die Frontzähne zu protrudieren und eine balancierte Kondylenposition zur zentrierten Okklusion zu erreichen. Unser Ziel war es, sowohl die Ästhetik zu verbessern als auch die Funktion des Kiefergelenkes zu optimieren – für ein unbeschwertes Lächeln und ein beschwerdefreies Leben.
„Mein kollegialer Rat: Suchen Sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit vor Ort und bauen Sie ein lokales Therapeutennetzwerk auf. Ihre Patienten werden es Ihnen danken – mit jedem unbeschwerten Lächeln.“
Das Ergebnis – mehr als nur gerade Zähne
Das Ergebnis dieser Behandlung war nicht nur aus ästhetischer und funktioneller Sicht ein voller Erfolg (Abb. 6a–c). Es veränderte das Leben der Patientin. Erstmals traute sie sich, unbeschwert zu lächeln, ohne sich Gedanken über ihre Zähne machen zu müssen. Ihre Ausstrahlung veränderte sich spürbar – mit jedem Lächeln wuchs ihr Selbstbewusstsein.
Dieser Fall zeigt eindrucksvoll: Kieferorthopädie kann weit mehr bewirken als gerade Zähne – sie kann Leben verändern.
Fazit: Ganzheitliche CMD-Behandlung braucht Teamarbeit
Wie bei jeder Erkrankung gibt es auch bei der Behandlung von Funktionsstörungen keine Pauschallösung. CMD-Behandlungen erfordern einen ganzheitlichen Blick auf das komplexe Geschehen. Als Kieferorthopäden und Zahnärzte tragen wir eine maßgebliche Verantwortung für unsere Patienten und sollten uns in lokalen Netzwerken organisieren und regelmäßig austauschen. Denn wenn das CMD-Problem im Bereich einer Zahnfehlstellung zu verorten ist, wird die alleinige Anfertigung von Knirscherschienen das Problem nicht lösen (Abb. 7).
Mein kollegialer Rat: Suchen Sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit vor Ort und bauen Sie ein lokales Therapeutennetzwerk auf. Ihre Patienten werden es Ihnen danken – mit jedem unbeschwerten Lächeln.
Der Verfasser des Textes pflegt keinerlei wirtschaftliche oder persönliche Verbindung zu den genannten Unternehmen.
Erstveröffentlichung: BZB Juli/ August 2025