Oralchirurgie 27.02.2025
Piezochirurgie gestern, heute und morgen – Was ist neu?
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Die Piezoelektrik, ein innovatives Verfahren in der modernen Zahnmedizin, hat sich nicht nur in der Knochenchirurgie als äußerst vorteilhaft erwiesen, sondern ebenfalls in der Weichgewebschirurgie und auch bei der Entfernung von Weisheitszähnen mittels piezoelektrisch betriebener Hebel. Durch die Verwendung von piezoelektrischen Technologien können Ärzte präzisere und weniger invasive Eingriffe durchführen, was zu einer Reduzierung von postoperativen Komplikationen und einer schnelleren Heilung führt. In dieser Arbeit wird die Technologie und deren Anwendung, insbesondere basierend auf den Ergebnissen von Stoetzer et al., erörtert.
Die Funktionsweise der Piezochirurgie basiert auf der Anwendung von Ultraschallwellen, die durch spezielle piezoelektrische Kristalle in chirurgischen Instrumenten erzeugt und im Gegensatz zur reinen Ultraschallchirurgie speziell moduliert werden. Die Piezoelektrik funktioniert durch die Erzeugung mechanischer Verformungen in speziellen Keramikscheiben, die durch elektrische Hochfrequenzimpulse aktiviert werden. Diese Keramikscheiben werden in einer spezifischen Frequenz angeregt, die oft zwischen 25 und 30 kHz liegt. Diese Frequenz ist ideal, um die Knochenstruktur zu durchtrennen, während Weichgewebe geschont wird. Der Einsatz von Hochfrequenzvibrationen sorgt dafür, dass die Kraft gleichmäßig verteilt wird, was eine präzise Kontrolle beim Schneiden oder Abtragen von Gewebe ermöglicht. Wenn das piezochirurgische Instrument in Kontakt mit Knochen kommt, erzeugt die Vibration Mikrobearbeitungen auf der Oberfläche des Knochens ohne den Thermaleffekt.
Die Piezotechnologie ist so eingestellt, dass sie Weichgewebe (z. B. Blutgefäße, Nerven) nicht beeinflusst, da diese Gewebearten in der Regel auf die Vibrationen nicht gleich reagieren wie hartes Gewebe. Dies reduziert das Risiko von Gewebeschäden und Blutungen.
Indikation und Anwendung von Piezoinstrumenten in der Oralchirurgie
Die Anwendung von Piezoinstrumenten in der Oralchirurgie hat sich als revolutionär erwiesen, insbesondere aufgrund ihrer präzisen und schonenden Schnittführung. Die piezochirurgischen Instrumente nutzen hochfrequente Ultraschallvibrationen, die es ermöglichen, verschiedene chirurgische Eingriffe durchzuführen, ohne das umgebende Gewebe unnötig zu schädigen.
In der Knochenchirurgie findet die Piezochirurgie schon sehr lange eine breite Anwendung, insbesondere bei der Resektion von Knochen, vor allem durch die gewinkelten Instrumente, die eine achsengerechte Osteotomie erlauben. Die besonders dünnen Ansätze ermöglichen die Entfernung von Zähnen unter maximaler Schonung von Knochen, was wiederum einer Sofortversorgung mit Implantaten förderlich gegenübersteht.
Die diamantierten Ansätze zur retrograden Präparation des Wurzelkanals ermöglichen eine sehr präzise und vollständige Bearbeitung des Kanals im Rahmen der Wurzelspitzenresektion, was andernfalls nur schwer erreichbar wäre.
Neben der Chirurgie des Hartgewebes findet die Piezotechnologie auch Anwendung in der Periostpräparation. Dank der präzisen Vibrationen lassen sich die periostalen Schichten schonend ablösen, ohne Gewebeschäden zu verursachen, was sehr förderlich für die Integrität der Blutgefäße im Periost ist, um eine gute knöcherne Durchblutung zu gewährleisten, wie Szabó et al. sehr gut zeigten.
Studien verdeutlichen den positiven Einfluss der piezoelektrischen Periostdissektion auf die periostale Durchblutung. In einem Tiermodell konnte nachgewiesen werden, dass im Vergleich zu der konventionellen Periostpräparation die Parameter Durchblutungsgeschwindigkeit, Dichte der Gefäße und vor allem die Dichte der funktionierenden Kapillaren in der piezoelektrischen Anwendung signifikant höher sind (Abb. 1–3).
In der Immunhistochemie wurde das Periost untersucht und mit der konventionellen Präparation mit dem Raspatorium verglichen. Hierzu wurden Lewis-Ratten (n = 50) randomisiert auf eine von fünf Gruppen aufgeteilt. Die subperiostale Präparation wurde entweder mit dem piezoelektrischen Ansatz oder mit einem konventionellen Raspatorium durchgeführt. Immunhistochemische Analysen wurden unmittelbar sowie an Tag drei und acht durchgeführt. Eine statistische Auswertung der angefärbten histologischen Schnitte erfolgte unter Nutzung einer Varianzanalyse ANOVA (p > 0,05). Zu jedem Zeitpunkt zeigte die immunhistochemische Analyse eine homogenere Struktur bei jenen Ratten, die mit dem piezoelektrischen Ansatz operiert wurden, im Vergleich zu den Tieren, die mit dem Raspatorium behandelt wurden (Abb. 4).
Im klinischen Alltag zeigt sich der Vorteil immer dann, wenn wir Patienten haben, welche kompromittiert in der Knochenheilung sind (Osteoporose, Diabetes oder Patienten unter Bisphosphonattherapie). Den positiven Effekt der Piezotechnologie macht eine Studie deutlich, in der in einem Tiermodell ein Defekt, analog zur Extraktionsalveole, erzeugt wurde. Die Tiere waren zuvor mit Zolendronsäure aufgesättigt. In der einen Gruppe wurde der Defekt mittels konventioneller Periostpräparation gedeckt, während in der anderen Gruppe die Piezotechnologie zum Einsatz kam. Die Daten der Expression von BMP-2 in der PCR zeigen einen deutlich positiven Einfluss der piezoelektrischen Periostdissektion. Bei der Messung der BMP-2-Werte ergaben sich Ct-Werte von 22,5 für die Kontrollgruppe und bis zu 32,5 für die mit BPP (Bisphosphonat und Piezo) behandelte Gruppe, was auf eine gesteigerte Knochenheilung bei Anwendung der Piezoelektrik hinweist (Abb. 5). Klinisch wies keines der Piezotiere eine Nekrose auf, wobei die Tiere aus der Raspatoriumgruppe fast alle eine Nekrose hatten.
Relativ neu sind Instrumente, die unter Piezoschwingung die Entfernung der Weisheitszähne erlauben (Abb. 6–8). Die Instrumente werden dabei unter Schwingung wie ein Hebel eingesetzt, was erst einmal ungewöhnlich erscheint, da hier gehebelt werden darf, was aber im klinischen Alltag funktioniert. In einer Studie konnte sehr deutlich gezeigt werden, dass bei der konventionellen Entfernung mittels rotierender Instrumente und Hebeln, die endogene Cortisolfreisetzung deutlich höher ist, im Vergleich zur Entfernung mittels Piezoinstrumente (Abb. 9).
Fazit
Die Integration von Piezoinstrumenten in die Oralchirurgie hat die Möglichkeiten der Behandlung erheblich erweitert. Verschiedenste Anwendungen sind möglich, sei es in der Knochenchirurgie, bei der Entfernung von Zähnen, in der Wurzelbehandlung, bei der Implantatbettaufbereitung oder in der Präparation des Periosts. Zu den zahlreichen Vorteilen gehören präzisere Schnitte, weniger Gewebeschäden und eine schnellere postoperative Heilung. Durch die Minimierung von Komplikationen und die Verbesserung des Patientenkomforts sind Piezoinstrumente zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der modernen Oralchirurgie geworden.
Dieser Fachbeitrag ist im OJ Oralchirurgie Journal erschienen.