Parodontologie 20.06.2011

Prophylaxe- und Parodontaltherapie mit Konzept

Noch immer wechseln Patienten in meine Praxis, die die Worte „Prophylaxe“, „professionelle Zahnreinigung“ und „Parodontalvorbehandlung“ noch nie gehört haben. Solche Patienten haben zum Teil massive Probleme und bedürfen einer langfristigen Parodontologie- oder Prophylaxebehandlung, die in unserer Praxis in vier Stufen angelegt ist.

Eine Neu-Patientin in der Zahnarztpraxis im HefeHof hat den Eindruck, dass ihre Zähne wackeln. Sie hat blutendes Zahnfleisch, was sie sehr beunruhigt. Teilweise sind Zähne gewandert und Lücken entstanden. Ihren Vorbehandler habe sie des Öfteren daraufhin angesprochen. Er finde keine Ursache. Um Patienten, die mit diesen Symptomen kommen und über solche Erfahrungen im Umgang mit Zahnarzt-Kollegen verfügen, helfen zu können, ist es notwendig, über ein gutes, systematisch aufeinander aufbauendes Praxiskonzept zu verfügen (Abb. 1). 


Stufe 0: Die Schmerzbehandlung 

Hat der Patient Schmerzen, erfolgt die Schmerzbehandlung vor der ausführlichen Befundaufnahme. Im Falle von Schmerzen durch Parodontitis und Gingivitis lindern CHX-Spülungen in Kombination mit Dontisolon die Schmerzen. 


Stufe 1 Basic 1a: Die Befundaufnahme 

Die Befundaufnahme sollte so exakt wie möglich erfolgen. Es werden alle Informationen inkl. Zahndrehungen, Lockerungen, Zahnführung (Eckzahn-Führung, Gruppenführung) gesammelt. Der PSI wird aufgenommen und ein OPT angefertigt.   

Information des Patienten im Ersttermin: 

1. Befund mitteilen: dieser wird gegliedert in:
    a.) Befund des Parodontes,
    b.) Befund der Zähne,
    c.) Befund der Mundschleimhäute,
    d.) Befund des Kiefergelenkes und der Kaumuskulatur
2. Aufklärung über die Krankheitsursachen der vorliegenden Erkrankungen
3. Erklären der notwendigen Therapien
4. Aufklärung über die Kosten der Therapien der Stufe 1
5. Offene Fragen des Patienten beantworten. 


Stufe 1 Basic 1b: HKP-/KV-Besprechung der Stufe 1 

Bei Punkt 4 ist bei gesetzlich versicherten Patienten auf Folgendes zu achten: Gemäß § 91 Abs. 6 des Sozialgesetzbuches V müssen vor Beantragung der weiterführenden Parodontalbehandlung (bei schwerer Parodontitis; PSI Code 3 bzw. 4) folgende Bedingungen erfüllt sein:
1. Die Zähne müssen frei von Zahnstein sein.
2. Der Patient muss eine Anleitung zur richtigen Mundhygiene bekommen haben.
3. Es muss überprüft werden, ob der Patient mit seiner häuslichen Mundhygiene gute Ergebnisse erzielt.
4. Die Zähne und das Zahnfleisch müssen frei von Reizfaktoren (z.B. weichen Belägen) sein. 

Lediglich die Kosten eines dieser vier Punkte wird von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen: die Zahnsteinentfernung. Alle weiteren Maßnahmen sind vom Patienten selbst zu zahlen und sind für die langfristig erfolgreiche Heilung der Parodontitis notwendig. Daher sollte VOR der PA-Behandlung die Parodontalvorbehandlung erfolgen. 

Bei deren Berechnung gibt es zwei Möglichkeiten: entweder nach GOZ; hier richtet sich der Umsatz nach Anzahl der Zähne. Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Kosten nach § 2 Abs. 3, der Verlangensleistung, zu veranschlagen. Hier kann nach Zeit und individuellen Kostenstundensatz des Prophylaxezimmers der Preis festgelegt werden. Stufe 1: PZR 1a: Die PA-Vorbehandlung Im Rahmen der PA-Vorbehandlung wird beim Patienten eine Mundsituation geschaffen, die die Bedingungen zur Beantragung der PA-Behandlung erfüllt (s.o.). Zu uns in die Zahnarztpraxis im HefeHof kommen 10–20 Neu-Patienten pro Woche. 95% von ihnen haben eine Gingivitis oder gar eine Parodontitis. 


Stufe 1 PZR 1b: PA-Befund nach PA-Vorbehandlung 

Eine Woche nach PA-Vorbehandlung wird der Patient zum PA-Befund einbestellt. Dieser ist Grundlage für alle weiteren Behandlungsschritte. Auf diesen Befund fußend, wird über die PA-Behandlung entschieden. 


Stufe 2: PA 1a: Die weiteren Maßnahmen: geschlossene und offene Therapie 

Wenn, nach erfolgreich verlaufener Parodontalvorbehandlung, Aussicht auf weitere Verbesserung der Mundsituation besteht, wird eine Parodontalbehandlung (Deep Scaling) durchgeführt. Diese wird bei gesetzlich versicherten Patienten zuvor bei der Krankenkasse beantragt. Bei dieser Behandlung werden die Zahnfleischtaschen und die Wurzeloberflächen bis in die Tiefe von den Bakterien und Konkrementen befreit. In besonders schweren Fällen kann es notwendig sein, das Zahnfleisch zu eröffnen. 


Stufe 2: PA 1b: Reevaluation Parodontalbehandlung 

Eine Woche nach PA-Behandlung erfolgt die Reevaluation. Es wird erneut ein PA-Befund aufgenommen und dem Patienten der Verlauf mitgeteilt. Anhand des PA-Befundes werden Einzelprognosen der Zähne festgelegt: rote Markierung: Zähne, die trotz PA-Behandlung nicht mehr zu erhalten sind; gelb: Zähne mit fraglicher Langzeitprognose; grüne Markierungen: Zähne mit guter Langzeitprognose. Anhand dieser Prognosen kann jeder Patient professionell über Zahnersatz (Stufe 4) beraten werden. 


Die Erhaltungstherapie: langfristiger Schutz vor weiteren aktiven Krankheitsschüben 

Die Parodontitis ist eine chronische Erkrankung, bei der auch immer wieder akute Schübe möglich sind. Ausgelöst werden die akuten Schübe durch eine erneute Ansammlung von Bakterien. Daher ist eine Erhaltungstherapie genau so wichtig wie die Parodontalvorbehandlung und die Parodontalbehandlung. Als Erhaltungstherapie eignet sich die Prophylaxe in Form der professionellen Zahnreinigung. Nach erfolgter PA-Behandlung empfehlen wir unseren Patienten im ersten Jahr vierteljährlich zur PZR zu erscheinen. Erfahrungsgemäß ist die Rezidivneigung durch rückläufige Eigenmotivation im ersten Jahr nach Behandlung am größten. Ab dem zweiten Jahr nach PA kann, bei entsprechender häuslicher Mundhygiene des Patienten, auf halbjährlich umgestellt werden. 


Zusammenfassung 

Behandlungen von Erkrankungen des Zahnhalteapparates setzen systematisches Vorgehen voraus. Nur so kann erkrankten Patienten langfristig geholfen werden. Einer Parodontaltiefenbehandlung sollte immer eine Parodontalvorbehandlung vorausgehen. Ein Recall und eine Re-Motivation der Patienten sind unverzichtbar.

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