Zahntechnik 17.04.2012

CAD/CAM- gefertigte Gerüste



CAD/CAM- gefertigte Gerüste

Im-Lab(or) oder Out-Lab(or)?

Die zahntechnische Herstellung von Verblendgerüsten für Kronen und Brücken sowie die Gerüstherstellung von Implantatsuprakonstruktionen hat sich mit der Einsetzbarkeit neuer Materialien, wie Zirkondioxid und Titan und deren Bearbeitung mittels CAD/CAM-Techniken, grundsätzlich verändert. Diese Materialien sind fräsbar, aber nur schwer oder gar nicht zu gießen. Die vermehrte maschinelle Erzeugung dieser Gerüste verdrängt die traditionelle Gusstechnik in den zahntechnischen Laboratorien zusehends. Es wird mit diesen neuen Technologien eine sehr hohe reproduzierbare Präzision erzielt, die selbst für in individueller Gusstechnik erfahrenste Zahntechniker/-innen nur mit viel Erfahrung und oftmals einer Portion Glück erreichbar ist.

Bei digitalen Verfahren werden die Modelle mittels Scannern eingelesen und die gewonnenen Daten von speziellen Computerprogrammen in einem dreidimensionalen virtuellen Modell dargestellt. Dieses ist die Basis für eine Planung der Konstruktion am PC. Die Konstruktionsdaten können einerseits Im-Lab(or) und andererseits in einem Fräszentrum mit entsprechenden Maschinen umgesetzt werden (Out-Labor). Viele unterschiedliche Fertigungszentren bieten die Herstellung der Gerüste auf Zahnstümpfen, Implantataufbauten sowie auf Implantatniveau mit transokklusaler Verschraubung an. Nicht nur spanende Fertigungen, wie Fräsung aus einem Block, sondern auch spanlose additive Verfahren, wie z.B die Laserschmelzmethode werden angeboten. Unterschiedliche Materialien wie Titan, NEM, Zirkoniumdioxid, Industrie-Kunststoffe und glasfaserverstärkte Kunststoffe erweitern die Produktpalette.

Möglichkeiten der Fertigung

Bei der Im-Lab oder Out-Lab Fertigung gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Modelle können im Labor auf einem eigenen Scanner digitalisiert und das Gerüst am PC im Labor konstruiert werden. Diese Daten können über das Internet an ein Fräszentrum gesendet werden, wo das Gerüst dann angefertigt wird. Es gibt auch die Möglichkeit, nur die gescannten Modelldaten an ein Zentrum zu senden, welches die Konstruktion und die Fertigung des Gerüstes übernimmt. Es kann auch sein, dass die Fräszentren die Originalmodelle selbst scannen. Das heißt, dass die Meistermodelle (z.B. für Implantatsteg-Konstruktionen) mit den Zahnaufstellungen an das Fräs-zentrum geschickt werden müssen. Dieses scannt das Modell mit der Implantatposition und den aufgestellten Zähnen ein und konstruiert die Gerüste nach den schriftlich übermittelten Wünschen. Zur Kontrolle bekommt der Auftraggeber per E-Mail einen Vorschlag der Konstruktion, welcher am Bildschirm mittels „Viewer“ begutachtet werden kann. Diverse Än-derungswünsche werden über Telefon oder E-Mail besprochen. Nach Freigabe des Konstruktionsvorschlages wird dieser aus dem gewünschten Material gefräst und an den Auftraggeber versendet.

Einige spezialisierte zahntechnische Laboratorien verfügen über eine komplette CAD/CAM-Anlage, mit welcher das Scannen, Planen und Fräsen von Gerüsten „im Haus“ möglich ist. Diese „Im-Labor“-Fertigung bietet eine flexible Arbeitsweise, da die Planung individuell und schnell am eigenen PC erfolgt und nicht über diverse, „Viewer“, Telefonate oder E-Mails mit der planenden Person im Fräszentrum kommuniziert werden muss. Dies kann durch Sprachbarrieren und unterschiedliche Ausbildungsstandards erschwert sein. Meist hat man bei den kleineren Laboranlagen aber nur eine eingeschränkte Materialauswahl und die Größe der Gerüste ist oftmals begrenzt.

Fallbeispiel

Anhand eines Praxisfalles möchten wir die einzelnen Schritte einer „Out-Labor“ Fertigung aufzeigen. Die Patientin wünschte sich eine festsitzende Versorgung. Es wurden nach Augmentation acht Straumann Tissue Level Implantate im unbezahnten Oberkiefer inseriert. Die Implantate sollten nach der Einheilung im Sinne eines „progressiven Loading“ zunächst mit einem Kunststoffprovisorium belastet werden. Vorfabrizierte Provisoriumabutments wurden als Klebebasis vorbereitet (Abb. 1 und 2). Diese Abutments wurden im Etkon Scanner digitalisiert und ein Sekundärgerüst Im-Labor am PC konstruiert. Dieser Datensatz ging an das Etkon-Fräszentrum, wo ein NEM-Gerüst gefräst wurde (Abb. 3 und 4). Dieses Gerüst wurde im Mund mit den eingeschraubten Provisoriumabutments verklebt (Abb. 5 und 6) und anschließend erfolgte die Kunststoffverblendung (Abb. 7, 8 und 9). Nachdem die Patientin diese verschraubte Implantatbrücke ca. zwölf Monate getragen und sich an die neue Situation, wie Bisslage, Ästhetik und Funktion, gewöhnt hatte, konnte die definitive Versorgung in Angriff genommen werden.

Für den Behandlungserfolg ist entscheidend, dass eine exakte Abformung ausgeführt und die Modellgenauigkeit vor dem Anfertigen des Gerüstes mit einem „Positionskontrollschlüssel“ überprüft wird. Auf dem Meistermodell (Abb. 10) werden dazu mittels „Fensterpfosten“ (Abb. 11 und 12) Kontrollschlüssel für die Implantatabformung angefertigt. Die modifizierten Abdruckpfosten werden mit licht-härtendem Kunststoffmaterial verblockt und im Gaumenbereich mit Visierbalken ausgestattet (Abb. 13). Die „Fensterpfosten“ erlauben eine visuelle Kontrolle des Sitzes auf den einzelnen Implantatschultern, bzw. kann der spannungsfreie Sitz des Kontrollblockes eines jeden Quadranten kontrolliert werden (Abb. 14). Die Abformungskontrolle des gesamten Kiefers wird durch die „Visierblöcke“ am Gaumen ermöglicht. Durch die langen Kunststoffzapfen erkennt man schon die kleinste Abweichung zwischen der Mundsituation und dem Meistermodell. Über einen Silikonschlüssel vom Dauerprovisorium wurde die Konfiguration des Provisoriums auf das Meistermodell übertragen. Als Verschraubungsbasis wurden Provisoriumabutments (Abb. 15) in das „Wax-up“ aus Pattern Resin eingearbeitet. Dieses Wax-up wurde um die Stärke des Verblendmaterials reduziert und diente dem Fräszentrum von Biomet 3i als Grundlage für das „Copymilling“ (Abb. 16 und 17). Bei dieser Fertigungsart wird das zu fräsende Gerüst nicht am PC-Bildschirm entworfen und geplant, sondern die Außenkontur des Kunststoffgerüstes eingescannt und in Relation zur Implantatposition übernommen. Nach diesen Konturen wird nun das Gerüst mittels einer Fräsmaschine aus einem Titanblock gefräst. Die Passung am Modell ist überzeugend und bestätigt sich bei der Gerüstprobe am Patienten. Bei dieser Probe wurde auch, mit auf dem Gerüst angewachsten Gipszähnen, gleichzeitig eine grobe Ästhetikprobe durchgeführt (Abb. 18). Nach der Probe des Titangerüstes wurde dieses leicht nachbearbeitet und der Freiraum für die Verblendung kontrolliert (Abb. 19 und 20). Es wurden die neuen „Phonares-NFC“ Zähne der Firma Ivoclar Vivadent aufgestellt (Abb. 21 und 22). Diese Zähne haben nach Herstellerangaben ein besseres Abrasionsverhalten als herkömmliche PMMA Prothesenzähne. Nach der Ästhetikprobe (Abb. 23) konnte die Brücke fertiggestellt werden.

Die Zähne wurden nach der entsprechenden Konditionierung der Titanoberfläche mittels Rocatec und Metallprimer auf dem opakisierten Titangerüst (Abb. 24) mit „combo.lign“ (bredent) befestigt. Das Formfinish der Restauration wurde mit „Gradia“ Compositmaterial von GC durchgeführt (Abb. 25). Bei diesem Material stehen alle „VITA“ Dentinfarben sowie für die Zahnfleischgestaltung diverse Gingivamassen in verschiedenen Farben zur Verfügung. Die fertige Restauration wurde transokklusal verschraubt und die Schraubenkanäle mit farblich abgestimmtem Composit verschlossen (Abb. 26). Die röntgenologische Endkontrolle bestätigt die spannungsfreie Passung (Abb. 27) des Gerüstes auf den Implantaten. Damit sind auch keine Schraubenlockerungen der definitiven Versorgung zu erwarten.

Schlussfolgerung

Für die im täglichen Laboralltag anfallenden maschinell hergestellten Kronen-Brückengerüste stellt sich heute die Frage der hauseigenen oder ausgelagerten Fertigung. Erstere ist mit finanziellem Aufwand, Einarbeitung auf die einzelnen Konstruktionsprogramme sowie dem Risiko von Ausfällen, wie z.B Scanproblemen und Programmfehlern sowie laufenden, meist kostenpflichtigen Updates, verbunden. Dies tritt bei einer Auslagerung der Gerüstherstellung nicht auf, aber es können sich logistische Probleme ergeben. Der Herstellungszeitraum für ein Gerüst kann sich um einen unkalkulierbaren Zeitraum verlängern. Obwohl die meisten Fräszentren eine Fertigung zwischen zwei und vier Werktagen für ein Titangerüst anbieten, kann der Versandweg unvorhersehbare Schwierigkeiten, wie Fehllieferungen, Zustellerlaunen, Vulkanausbrüche, Fluglotsenstreiks etc., mit sich bringen. Die technischen Möglichkeiten, welche ein Fertigungszentrum mit seinen professionellen Industriemaschinen bietet, können im gewerblichen zahntechnischen Labor nur mit großem Investitionskapital erreicht werden. Außerdem erfordert die Bedienung solcher Maschinen speziell ausgebildete Fachkräfte. Wohl aber sollte die virtuelle Konstruktion der zu fräsenden Gerüste am Bildschirm von einer zahntechnisch versierten Person durchgeführt werden, die die zahntechnische Fachsprache versteht und auch umsetzen kann. Weiter ist auch zu bedenken, dass eine Auslagerung von Arbeitsleistungen sich als Materialaufwand zu Buche schlägt. Wenn damit nicht Personalkosten eingespart werden, mindert man die Wertschöpfung des eigenen Betriebes. Die Entwicklungen gehen in enormer Geschwindigkeit weiter und in baldiger Zukunft werden wir mit dem digitalen Mundabdruck als „State of the Art“ konfrontiert sein. Somit ist jeder zahntechnische Unternehmer, der den technischen Fortschritt der maschinellen Gerüstherstellung mitmachen möchte, gefordert, seinen Herstellungsmodus zu finden.

Mehr Fachartikel aus Zahntechnik

ePaper