Zahntechnik 08.09.2011

Kompetenzentwicklung: Den B-Mitarbeiter fördern und fordern



Kompetenzentwicklung: Den B-Mitarbeiter fördern und fordern

Aus dem Fußball ist der Begriff des „Wasserträgers“ bekannt: Die soliden Renner und Kämpfer verrichten die „niedere Arbeit“, damit die Stars ihre Kreativität ausleben und glänzen können. So verhält es sich zuweilen auch im Dentallabor: Der exzellente Mitarbeiter, der durch die kompetente Beratung des Zahnarztes den Umsatz steigert und diesen durch sein freundliches Auftreten an das Labor bindet, ist genauso wertvoll wie der Kollege, der eher solide Kundengespräche führt. Natürlich: Es ist nur menschlich – allzu menschlich, dass der Höchstleister mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht und vom Laborleiter mehr Anerkennung erhält als der B-Mitarbeiter. Darum sollte sich der Laborleiter selbstkritisch fragen:

• „Welchen Mitarbeiter würde ich als Höchstleister, wen eher als Minderleister bezeichnen – und wen als B-Mitarbeiter?“
• „Begegne ich diesen Mitarbeitern auf unterschiedliche Weise? Wie sieht es zum Beispiel mit meinem Feedback aus? Wem gebe ich welche Rückmeldungen?“
• „Inwiefern anerkenne ich auch die Leistungen des B-Mitarbeiters?“

„Alle Mitarbeiter sind gleich“

Dieser Satz beschreibt ein großes Missverständnis, durch das verhindert wird, unbefangen zu akzeptieren, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Leistungen erbringen können oder wollen. Die Mitarbeiter über einen Kamm zu scheren, ist jedoch kontraproduktiv. Sie sind nun einmal nicht gleich, vielmehr gehen sie mit unterschiedlichen Zielsetzungen an ihre Arbeit, jeder hat seine individuellen Erwartungen, Visionen und Hoffnungen. Dies wäre freilich eine Binsenweisheit, wenn sich nicht so viele Laborleiter davor scheuen würden, Mitarbeiter in Leistungskategorien einzuordnen. So mancher findet es unangemessen, von A-, B- und C-Mitarbeitern oder von Leistungsträgern, Durchschnittsmitarbeitern und Minderleistern zu sprechen. Wer allerdings bereit ist, jene Kategorisierung vorzunehmen, kann Mitarbeiter individuell motivieren und weiterbilden.

Einstellung überprüfen

Der Laborleiter sollte zunächst einmal seine Einstellung gegenüber den Durchschnittsmitarbeitern überprüfen. Häufig setzt er deren unspektakulär-unauffällige, aber doch effektive Arbeit einfach voraus, ohne dies zu hinterfragen. Übersehen wird dann schnell, dass es gerade jene B-Mitarbeiter sind, die dafür verantwortlich zeichnen, dass die Routineabläufe im Dentallabor ihren Gang gehen. „Was würde geschehen, wenn Mitarbeiter Schmitt und Mitarbeiterin Meyer schlechtere Leistungen bringen würden?“ Diese einfache Frage kann den Laborleiter motivieren, auch einmal Durchschnittsleistungen gebührend anzuerkennen – im Vieraugengespräch oder im Teammeeting im Beisein der Kollegen. Dabei sollte er nicht immer nur den Höchstleister um Rat fragen, sondern sich überdies mit der grauen Maus austauschen. Bei dieser Gelegenheit kann er sich für die Leistungen des B-Mitarbeiters bedanken – und vielleicht stellt sich heraus, dass der solide-unauffällige Herr Schmitt einige kreative Ideen zur Verbesserung der Prozesse und Abläufe im Dentallabor beizutragen hat.

Differenzierte Fördermaßnahmen ergreifen

Es ist sinnvoll, wenn sich der Laborleiter für verschiedene Leistungsgruppen differenzierte Fördermaßnahmen überlegt. Die Stärken des Leistungsträgers werden dann noch mehr ausgebaut – der Laborleiter nutzt dessen Engagement, ihm anspruchsvolle Aufgaben zu übertragen. Und beim Mitarbeiter, der weitaus schlechtere Leistungen erbringt als angesichts seiner Qualifikationen erwartet werden darf, erforscht der Laborleiter die Gründe, um gezielt die Schwächen des Low Performers zu mildern. Wenn denn schon einmal individuell gefördert wird, betrifft es meistens „die da oben“ und „die da unten“. Auf der (Weiterbildungs-)Strecke bleiben meistens die „in der Mitte“. Die grauen Mäuse fallen nicht weiter auf, denn sie erledigen ihre Aufgaben ja – nicht auffallend gut, aber eben auch nicht schlecht. Und so geraten sie aus dem „Förder“-Blick, obwohl gerade hier ungenutzte Leistungspotenziale brach liegen.

Ursachenforschung betreiben

Warum eigentlich leistet der B-Mitarbeiter lediglich Durchschnittliches? Ein Grund ist: Oft wollen diese Mitarbeiter nicht im Vordergrund stehen – ihnen ist es lieber, wenn sie im Hintergrund grundsolide ihre Arbeit verrichten. In einem solchen Fall muss der Laborleiter vom Mitarbeiter vielleicht mehr fordern und verlangen und ihn motivieren, mehr aus sich herauszugehen. Manchmal aber können sie auch keine stärkeren Leistungen abliefern, weil ihnen zum Beispiel Kompetenzen fehlen: Wie kann ein Mitarbeiter kompetente Beratungsgespräche mit den Kunden führen, wenn ihm das dazu notwendige kommunikative Know-how fehlt? Dann ist die Bereitschaft des Laborleiters gefragt, den Mitarbeiter entsprechend fortzubilden.

Eine weitere Ursache: Zuweilen leistet der B-Mitarbeiter nur Durchschnittliches, weil er einen Tätigkeitsschwerpunkt hat, der ihm gar nicht liegt. Die Aufgabe des Laborleiters ist es festzustellen, ob wirklich der richtige Mitarbeiter am richtigen Arbeitsplatz tätig ist. Wenn es dem Laborleiter gelingt, dem B-Mitarbeiter die ihm angemessenen Aufgaben zu übertragen, die ihn auf seinen spezifischen Kompetenzfeldern fordern, blüht dieser regelrecht auf und kann sich vielleicht sogar zum Höchstleister entwickeln.

Die Mitarbeiter fordern und fördern

Wenn der Laborleiter die Ursache festgestellt haben, warum der B-Mitarbeiter durchschnittliche Leistungen erbringt, kann er zielgenau das Konzept des Forderns und Förderns einsetzen: Er fordert von ihm mehr als bisher, er versucht, seinen Ehrgeiz zu wecken und ihn dazu zu bewegen, sich mehr ins Rampenlicht zu begeben und engagierter aufzutreten.
Zugleich prüft der Laborleiter, ob dem Mitarbeiter nicht eine Zusatzqualifikation fehlt, damit dieser aus dem Tal der Durchschnittlichkeit auch einmal den Leistungsgipfel erklimmen kann. Dazu ein Beispiel: Der in der Beratung der Zahnärzte tätige Mitarbeiter erhöht seine Erfolgsquote, wenn der Laborleiter es ihm durch die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme ermöglicht, seine Argumentationsfähigkeiten und seine Einwandbehandlung zu verbessern.
Der Laborleiter sollte mithin genau prüfen, welche konkreten Weiterbildungsangebote dem B- Mitarbeiter weiterhelfen könnten. Dazu führt er mit ihm ein Qualifikationsgespräch.
 

Qualifikationsgespräch: Zukunftsgerichteter Dialog

Ziel des Qualifikationsgesprächs ist der zukunftsgerichtete Dialog: Der Laborleiter bespricht mit dem B-Mitarbeiter den Status quo und die Möglichkeiten der Qualifizierung. In der Vor- bereitung eines Gesprächs besorgt er sich alle notwendigen Informationen über den Mitarbeiter. Klug ist es, das Qualifikationsgespräch positiv zu eröffnen, etwa indem der Laborleiter erbrachte Leistungen würdigt und so von Beginn an nicht die Defizite, sondern die Stärken des B-Mitarbeiters betont: „Lieber Herr Mitarbeiter, viele Zahnärzte loben Ihre Freundlichkeit. Sie fassen sehr schnell Vertrauen zu Ihnen.“ Dann leitet er zum eigentlichen Grund des Gesprächs über: „Ich habe mir überlegt, wie Sie Ihre Fähigkeiten noch verbessern können. Ich möchte mit Ihnen besprechen, welche konkreten Maßnahmen wir vereinbaren können, um Sie gezielt zu fördern.“ Es folgt das Kerngespräch, in dem der Laborleiter den Mitarbeiter animiert, seine Überlegungen zu seinen Stärken und Schwächen zu formulieren. Dabei helfen ihm offene Fragen, die einen Dialog ermöglichen:

• „Was ist Ihnen persönlich gut gelungen?“
• „Was macht Ihnen besonders Spaß?“ und
• „Was läuft bei Ihnen weniger gut, wo könnten Sie sich aus Ihrer Sicht noch verbessern?“

Jetzt legt der Laborleiter seine Sichtweise dar; er unterstützt den Mitarbeiter dort, wo er mit ihm einer Meinung ist. Wenn unterschiedliche Einschätzungen vorliegen, begründet er seine Ansicht. Er verdeutlicht, welche Stärken des Mitarbeiters aus seinem Blickwinkel für das Dentallabor von Bedeutung sind – Ziel des Qualifikationsgesprächs ist es, die Eigeneinschätzung des Mitarbeiters und die Sicht des Laborleiters miteinander zu vergleichen und zu einer möglichst großen Übereinstimmung zu gelangen. In dem Gespräch mit dem B- Mitarbeiter hat der Laborleiter dessen Stärke hervorgehoben, mit dem Kunden freundlich umzugehen. Probleme sieht er im kommunikativen Bereich - der Mitarbeiter hat Probleme, nutzenorientiert zu argmentieren-, dort besteht Verbesserungsbedarf. Der Mitarbeiter ist der Meinung, er könne sich im organisatorischen Bereich verbessern. Folgender Konsens ist daher denkbar: "Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Ihre Stärken im Vertrauensaufbau liegen. In einem ersten Schritt bauen wir diese Fähigkeiten weiter aus. Sie dürfen aber auch Ihre kommunikativen Kompetenzen nicht vernachlässigen. Wir sollten überlegen, wie wir Sie hier gezielt fördern. Und die Kollegin Huber unterstützt Sie ab sofort in organisatorischen Angelegenheiten."

Den soliden Handwerker achten

Nun ist es ja nicht immer so, dass n jeder „grauen Maus“ ein Höchstleister steckt. Es gibt sie un einmal – die durchschnitt- chen Mitarbeiter. Aber das muss nicht immer ein Nachteil ein. Denn während sich in chlechteren Zeiten der Topmitarbeiter schon einmal eher nach einer Alternative umschaut und sich offensiv bei anderen Dentallaboren bewirbt, bleibt der B- Mitarbeiter oft gerne bei seinen Leisten und erfüllt gewissenhaft seine Pflicht. Diese mittel- und langfristig das Dentallabor stabilisierende Funktion des soliden „Mittelbaus“ sollte der Laborleiter nicht unterschätzen. Der solide Handwerker baut auch in der Krisenzeit an dem Haus weiter, während der High Performer zur nächsten Baustelle flüchtet. Wenn der ansonsten so genügsame Mitarbeiter vom Laborleiter nicht genügend Beachtung erhält und überdies nicht selbstbewusst genug ist, sein Recht auf Weiterbildung, Förderung und Anerkennung zu artikulieren, kann es passieren, dass seine Genügsamkeit in Unzufriedenheit umschlägt.

Fazit

Ziel des Laborleiters sollte es sein, die B-Mitarbeiter insbesondere durch mehr Aufmerksamkeit und bessere Förderangebote aufzuwerten. Wichtig ist, die Unterschiede in der Persönlichkeit und bei der Leistungsfähigkeit der Menschen zu akzeptieren und dann individuelle Förderangebote auszuarbeiten. Der Laborleiter kann dabei mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er schickt den Höchstleister auf die Fortbildung – dieser gibt sein neues Know-how dann an den B- Mitarbeiter weiter. Er unterstützt also den Kollegen, indem er ihm im Dentallabor vor Ort hilft, bessere Leistungen zu erbringen: Der B-Mitarbeiter lernt und profitiert von seinem Kollegen. Und dieses gemeinsame Lernen trägt oft auch zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.

Literatur

Führungskräfte im Dentallabor verfügen bei der Mitarbeitermotivation über schlagkräftige Instrumente – ihre Stimme, ihre kommunikative Kompetenz und ihre rhetorischen Fähigkeiten. Rhetorik gelangt erst durch den authentischen, überzeugenden und geschickten Einsatz der persönlichen Soft Skills zu ihrer vollkommenen Wirkung. Dabei kommt dem Stimmklang, der Stimmführung, der Atmung sowie der Gestik und Mimik eine große Bedeutung zu. Wie Führungskräfte diese Instrumente einsetzen und trainieren, zeigt Anna Martini in Büchern und Hörbüchern:
• Tritt frisch auf. Tu‘s Maul auf. Stimm Rhetorik. ANA Publishers 2009. Seit 2011 liegt dazu ein Hörbuch vor, das ebenfalls bei ANA Publishers erschienen ist.
• Sprechtechnik: Top-aktuelle Stimm-, Sprech- und Atemübungen. Orell Füssli, 5., erweiterte Auflage 2010
• Sprich Dich fit – Sprich einfach mit. Hörbuch. ANA Publishers 2010

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