Zahntechnik 25.08.2011
Doldersteg oder Vario-Soft-Steg?
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Das Doldersteg-System ist weitverbreitet und ich habe mich intensiv damit beschäftigt. Ich versuchte zu verstehen, aus welchen Gründen auch heute noch eine Vielzahl von Laboren mit diesem Stegsystem arbeitet, denn zu oft habe ich Patienten gesehen, die Doldersteg-Arbeiten tragen, die meines Erachtens kein zufriedenstellendes Ergebnis erreichen. In den meisten Fällen lag es an zu geringen Spannweiten der Stege zwischen den Stegpfosten (Abb. 1). Oftmals habe ich abgebrochene Steganhänger oder aus der Prothese ausgebrochene Reiter bzw. weggebrochene Lamellen gesehen (Abb. 2).
Aus diesen Gründen möchte ich hier das Vario-Soft-Stegsystem der Firma bredent vorstellen (Abb. 3 und 4).
„Retention“ statt „Friktion“
Die meiner Meinung nach eindeutigen Vorteile dieses Systems beginnen schon damit, dass zwischen Primär und Sekundärteil „Retention“ statt „Friktion“ vorliegt. Daher schnappt die Prothese bei richtiger Lage hörbar ein und der Patient bekommt ein sicheres Tragegefühl.
Den zweiten Vorteil sehe ich darin, dass die Spannweite des Steges unabhängig von der Platzierung der Implantate ist. Der Steg kann vor oder hinter den Stegpfosten platziert werden. Dadurch muss ich die Aufstellung der Zähne nicht auf die Position der Implantate abstimmen, sondern positioniere den Steg meiner Aufstellung entsprechend.
Den dritten Vorteil sehe ich darin, dass die in drei Stärken erhältlichen Matrizen aus Kunststoff bestehen. Hierdurch habe ich eine wesentlich geringere Abnutzung des Steges. Beim Dolder-System habe ich Metall auf Metall. Einen weiteren Pluspunkt sehe ich noch in der Stabilität. Die Verbinder zwischen den Stegpfosten kann ich in der altbewährten Brückentechnik konstruieren.
Der Fall
Bei dem von mir vorgestellten Patientenfall handelt es sich um eine 63-jährige Patientin, die schon seit vielen Jahren Prothesenträgerin ist. Wegen des stark atrophierten Kieferkammes im Unterkiefer trug diese Patientin ihre Unterkieferprothese nur noch während der Nahrungsaufnahme.
Nach ausgiebigen Aufklärungsgesprächen entschied sie sich für eine auf vier Implantate gestützte Stegkonstruktion. Im Oberkiefer wurde eine neue Totalprothese angefertigt, im Frontbereich wurden vier Implantate der Firma Friadent gesetzt (Abb. 5). Nach einer viermonatigen Einheilphase konnten die Einheilkappen der Implantate durch die entsprechenden Gingivaformer ersetzt werden. Weitere drei Wochen später wurden die Abformkappen eingeschraubt und die Situation mithilfe eines individuellen Löffels abgeformt.
Der Oberkiefer
Nach der Modellherstellung wurde die Bissregistrierung nach der Gerber-Methode (Abb. 6 und 7) vorbereitet. Nach dem gelenkbezogenen Einartikulieren ging es mit der Aufstellung der bei- den Kiefer unter Berücksichtigung der Kieferkammverhältnisse weiter. Bei der Einprobe konnte noch auf Wünsche der Patientin eingegangen und ein paar Kleinigkeiten abgeändert werden (Abb. 8). Anschließend konnte man mit der eigentlichen Stegkonstruktion beginnen, zwischendurch wurde die Oberkieferprothese heiß polymerisiert.
Der Unterkiefer
Die Unterkiefersituation wurde zunächst mit einem Silikonschlüssel, der zum Fertigstellen der Arbeit diente, festgehalten. Nachdem das Silikon aushärtet war, wurde ein zweiter Schlüssel hergestellt. Dieser in zwei Teilen aus Gips angefertigte Schlüssel diente zur Orientierung bei der Herstellung des Primär- und Sekundärgerüstes (Abb. 9).
Stegkonstruktion
Beim Aufbau des Steges entschied ich mich für das von Friadent angebotene „MP Classic“ Laborset, ein Brückensystem mit ausbrennbaren Kronenbasen (Abb. 10). Meiner Erfahrung nach gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen den teureren ausbrennbaren Stegpfosten und den ausbrennbaren Kronenbasen.
Nach Montage der Aufbauten wurden diese, unter Zuhilfenahme der Gipsschlüssel, auf die gewünschte Höhe gekürzt. Als nächster Schritt wurden mithilfe des Parallelometers die Stegteile gesetzt und mithilfe von Pattern Resin mit den Pfosten verblockt (Abb. 11). Bei der Modellation zur Vervollständigung der Stegkonstruktion orientiere ich mich an den mittelalterlichen Steinbrücken, die ohne Zuhilfenahme von Verbundkomponenten, durch die Gestaltung eines Bogens, bis in die heutige Zeit höchsten Belastungen standhalten. Dadurch erziele ich eine gleich- mäßige Stabilität, ohne die Putzbarkeit des Steges negativ zu beeinflussen (Abb. 12 und 13).
Nach vollständiger Modellation und dem Anbringen der Gusskanäle wird die Zahnfleischmaske entfernt und der spannungsfreie Sitz der Konstruktion überprüft (Abb. 14).
Eingebettet wird die Konstruktion dann mit GC-Vest Einbettmasse, die ich stufenweise hochheize. Ein optimales Gussergebnis erreicht man, wenn sich die einzelnen Gusskanäle nicht mehr im Gusskegel vereinen. Nach dem Gießen beginnt das gewöhnliche Ausbetten und Abstrahlen mit Glasstrahlperlen.
Nach dem groben Ausarbeiten des Stegrohlings kontrolliere ich die Homogenität unter dem Mikroskop. Dar- auffolgend wird die Stegkonstruktion auf die Modellimplantate aufgesetzt und der spannungsfreie Sitz des Steggerüstes mithilfe des „Sheffield Testes“ überprüft. Kontaktfarbe hilft mir, eventuelle Frühkontakte gut zu erkennen. Nun sitzt das Steggerüst korrekt, ich gummiere und poliere die Primärkonstruktion auf Hochglanz und wieder- hole die Kontrolle auf spannungsfreien Sitz (Abb. 15 und 16).
Sekundärkonstruktion
Jetzt beginne ich mit der Sekundärkonstruktion. Hierfür setze ich die Retentionshülsen auf den Steg. Es gibt auch zu dem System passende Dublier- hülsen, allerdings ist es mir zu mühsam, diese zurechtzukürzen. Nach dem Ausblocken (Abb. 17) der unter sich gehenden Bereiche empfiehlt es sich, die Arbeit nochmals unter Zuhilfenahme der Gipsschlüssel zu begutachten. Danach wird das Einbettmassenmodell hergestellt.
Modellguss
Bei der Modellation des Modellgussgerüstes sind die Gipsschlüssel wieder sehr hilfreich. Um dem Patienten einen möglichst hohen Tragekomfort geben zu können, wurde der linguale Anteil in Metall vorgesehen. Dadurch reicht mir eine Wandstärke von 0,3 mm aus. Nach dem Anstiften, Einbetten, Gießen und groben Ausarbeiten setze ich das Sekundärgerüst auf die Primärkonstruktion, um evtl. Störstellen noch entfernen zu können, was bei gewissenhaftem Ausblocken nicht der Fall sein sollte (Abb. 18).
Mithilfe des zum Vario-Soft-Steges gehörenden Steckschlüssels fixiere ich nun die Plastikmatrizen in der Modellgusskonstruktion. Bei diesem Arbeits- schritt ist ein gewissenhaftes Vorgehen sehr wichtig. Oft müssen noch scharfe Ecken und Kanten gebrochen werden, um das hörbare Einschnappen der Retentionselemente zu ermöglichen.
Nachdem ich mich vergewissert habe, dass die Verstärkungskonstruktion korrekt auf dem Steg sitzt, kontrolliere ich wieder mit dem Gipsschlüssel, ob noch Störstellen vorhanden sind, die vor der Endmontage entfernt werden müssen. Vor dem Montieren der Prothese werden der linguale Anteile sowie der Stegkasten auf Hochglanz poliert (Abb. 19).
Endmontage
Wie in den Abbildungen sichtbar, kann nun mit der Endmontage der Stegprothese begonnen werden. Dazu ver- wende ich das Sinfonie System; ich silanisiere und opaquere das Gerüst in zwei Schritten. Der erste Auftrag erfolgt sehr dünn und dient als Haftvermittler. Beim zweiten Mal wird der Opaquer dann deckend über das ganze Gerüst gezogen. Auch beim Auftragen des Opaquers kommt mir der Gipsschlüssel wieder sehr entgegen. So ist es mir möglich, den Verlauf der Zähne genau nachzuvollziehen und den Opaquer entsprechend aufzutragen.
Erst jetzt kommt der am Anfang hergestellte Silikonschlüssel zum Einsatz. Nachdem die Kunststoffzähne angeschliffen, sandgestrahlt und gereinigt wurden, werden sie mit einem Tropfen Sekundenkleber in den Fixationswall eingebracht. Mit einem zur Zahnfarbe passenden kaltpolymerisierendem Kunststoff werden die Zähne auf dem Gerüst fixiert und polymerisiert (Abb. 20). Bei sämtlichen Schritten zur Endmontage ist darauf zu achten, dass der Stegkasten gewissenhaft abgedichtet ist, damit kein Kunststoff darunter gelangen kann.
Anschließend kann die Prothesenbasis mit zahnfleischimitierenden Kunststoffen ausgegossen werden. Hierfür verwende ich sehr gerne opaque Kunststoffe, da sie meiner Meinung nach ein natürlicheres Erscheinungsbild erlauben, aber auch bei Gerüstkonstruktionen die Verstrebungselemente besser abdecken. Für ein natürliches Erscheinungsbild gebe ich dem angemischten Kunststoff noch Kunstfasern bei, die die Lebendigkeit des Zahnfleisches unterstreichen.
Fertigstellung
Reokkludieren
Nach diesen Schritten kommt jetzt die Oberkieferprothese wieder mit ins Spiel. Nun geht es darum, sämtliche Okklusionsflächen sowie die Front- und Seitwärtsbewegungen nach der Gerber- Methode zu erhalten (detailliertere An- gaben zu Okklusionsflächen nach Gerber machte ich bereits in anderen Publikationen [s. www.bjoern-maier.com]).
Ausarbeiten und Polieren
Nachdem ich alle Okklusionsflächen und Führungsbahnen überprüft und eingeschliffen habe, kann ich die Arbeiten von den Modellen nehmen. Dazu empfehle ich die auspolymerisierten Arbeiten kurz in handwarmes Wasser zu legen. Hierdurch kommen die Kunststoffmoleküle in Bewegung und die Prothesen lassen sich gewöhnlich leichter von den Modellen lösen bzw. beschädigen nicht den Kieferkamm und sind daher wieder reponierbar. Zum Schluss werden die Prothesenbasen patientengerecht ausgearbeitet. Nach der groben Politur mit einer Ziegenhaarbürste und Bimssteinpulver „stepple“ ich zunächst das Zahnfleisch und poliere die Prothesen dann auf Hochglanz auf (Abb. 21). In der Abbildung 22 ist die fertige Prothese von basal zu sehen. Die grünen Matrizen haben die leichteste Friktion.
Vor der Übergabe der fertigen Arbeit lege ich die Prothesen noch für 24 Stunden in ein Wasserbad, um den Restmonomergehalt zu verringern. Schlussbetrachtung
Die Arbeit ist nun seit vier Jahren im Patientenmund und hält wie am ersten Tag. Bei Nachlassen der Friktion können die Matrizen gegen die gelben (mittelstarke Friktion) bzw. roten (starke Friktion) ausgewechselt werden. Zudem sind der Steg sowie auch der Stegkasten so konstruiert, dass die doppelte Anzahl an Matrizen aufgenommen werden könnte.
In den Abbildungen 23 und 24 sehen Sie das zur Kontrolle erstellte Röntgenbild, das den genauen Sitz der Stegkonstruktion bestätigt. Die Abbildungen 25 und 26 zeigen die Patientin mit ihrer neuen Arbeit.