Branchenmeldungen 19.12.2024

Azubi ade? Über die Zukunfts­fähigkeit des Berufs Zahntechnik



Azubi ade? Über die Zukunfts­fähigkeit des Berufs Zahntechnik

Foto: deagreez, BonzEarthsnapper – stock.adobe.com

Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Azubi ade? Über die Zukunftsfähigkeit des Berufszweig Zahntechnik (Teil 3)“ in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

In Ausgabe 11/24 der ZT Zahntechnik Zeitung habe ich anhand der Ergebnisse meiner Befragung1 an der Landesberufsschule für Zahntechnik in Neumünster beschrieben, warum wir mehr zuhören müssen. Dass wir erfahren müssen, was die aktuelle ­Generation der Auszubildenden über ihr Handwerk denkt, welche Zukunftsvisionen sowie Motivationen diese Menschen mitbringen und was sie daran hemmt, nach der Ausbildung im Beruf zu bleiben, aber auch, was sie darin bestärkt, diesem Beruf weiter mit Freude nachzugehen. Wie diese Erkenntnisse in der Realität umgesetzt werden können, verrät der vorliegende dritte und gleichzeitig letzte Teil der Artikelserie.

Wir haben die klare Aufgabe, gemeinsam als Ausbildende, Betriebe, Industrie, Politik und allen anderen an Ausbildung Beteiligten in der Zahntechnik die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen. Und diese Arbeit beginnt an der Basis, getrieben von Wertschätzung und Ethos, nicht von Wertschöpfung und Druck.

Denn die Faktoren, welche heutzutage eine erfolgreiche und für alle Beteiligten gewinnbringende Ausbildung ermöglichen, sind mehr als altbewährte Sprüche und Traditionen. Ja, es macht schon Eindruck, mit einem mittelalterlichen Spruch in die Arbeitswelt freigesprochen zu werden, aber die Moderne darf dann bei den Themen Kommunikation, Wertschätzung, Sicherheit und Vertrauen sehr wohl durchwirken. Diese vier Aspekte bedingen sich gegenseitig und werden von unserem Nachwuchs sehr transparent und mit Nachdruck gefordert. Läuft es an einem Punkt nicht, kann dies auch dazu führen, dass andere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen werden und so das Interesse für den Beruf leidet.

Wie kommen wir nun in die ­Umsetzung?

Erst Analyse, dann Aktion! Nur wenn klar ist, welche Faktoren wirklich relevante Veränderung bringen können, kann das Herum­stochern im Bonus-Modus auf politischer sowie betrieblicher Ebene aufhören und zielgerichtet in Richtung der Verbesserung von Arbeitsbedingungen agiert werden.

Es sind also zum einen politische Entscheidungen, welche darauf abzielen sollten, dem Konstrukt Ausbildung in Deutschland wieder einen attraktiveren Stellenwert zu geben. Nicht umsonst ist der handwerkliche Mittelstand der größte Arbeitgeber in Deutschland, und es wäre phänomenal, wenn dies so bliebe. Menschen in ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie analytischem und kon­struktivem Denken zu fördern, ist Ziel einer Ausbildung. Und wer am Ende mit den eigenen Händen etwas erschaffen kann, erhält täglich die Bestätigung, wirklich einen Mehrwert für die Gesellschaft zu bedeuten. Dazu müssten aber junge Menschen eine starke Stimme in den entscheidenden Gremien finden. Oder Fachartikel wie dieser in solche Etagen katapultiert werden, die Entscheidungen dann mit Blick auf die Menschen treffen, welche letztlich diese Entscheidungen auch wirklich betreffen.


Wir haben die klare Aufgabe, gemeinsam als Ausbildende, ­Betriebe, Industrie, Politik und allen anderen an Ausbildung ­Beteiligten in der Zahntechnik die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen.


Zum anderen lassen sich natürlich auch in direkter Nähe der Auszubildenden Veränderungen etablieren: In den Betrieben und Ausbildungsstätten. Die Analyse ist hier meist jedoch die größte Hürde. Können Wünsche und Bedürfnisse in einem Abhängigkeitsverhältnis offen und ehrlich kommuniziert werden? Schwierig. Denn es ist nicht hilfreich, wenn in der jährlichen Runde der Führungsetage durch den Betrieb die Fragen danach gestellt werden, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen könnten, solange dies in einem Machtgefälle passiert. Also benötigen Betriebe hierzu einen neutralen Vermittler, um diese Stimmungen aufzunehmen. Wenn Sie also Teamprozesse von einer externen Person analysieren und gestalten lassen sowie Hilfe bei der Evaluation in Anspruch nehmen wollen, so setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung. Sie werden sich wundern, welche Effekte plötzlich treibend sein können, wenn nicht mehr Vorgesetzte, sondern neutrale Personen einen Impuls zum Veränderungsprozess geben.

Mein persönlicher Wunsch

Ich hoffe, mit diesem Beitrag zumindest einen einzigen neuen Auszubildenden in Deutschland im Bereich Zahntechnik zu einer erfüllenden Zukunft zu verhelfen. Weiter gedacht lassen sich die Erkenntnisse aus der Erhebung1 mit großer Sicherheit auch in weitere Berufsbereiche übertragen, denn im gesamten Ausbildungssystem in Deutschland treffen verschiedenste Akteure, Persönlichkeiten und Perspektiven aufeinander. Positives Zutun, um gemeinsam den Mittelstand und die Ausbildungslandschaft zu stärken, ist also unsere gemeinsame Pflicht. Dies gelingt jedoch nur, wenn Sie als Leser, Entscheider, Personaler, Laborinhaber, Ausbildender, Chef und Wegbereiter Ihre Verantwortung für diese jungen Menschen verstehen sowie Veränderungsprozesse in Ihrem Verantwortungsbereich zukunftsfähig und nachhaltig gestalten.

Vielen Dank für Ihren Einsatz, wenn Sie dies bereits tun oder dies zukünftig angehen wollen!

 

Kleiner Einschub

Dem aufmerksam Lesenden wird möglicherweise bereits eine Idee gekommen oder ­aufgefallen sein: Was ist denn mit der sogenannten Work-Life-Balance als Treiber für zufriedene Angestellte? Das ließe sich doch durch gute Arbeitszeiten, Gleitzeit, Viertagewoche etc. lösen? Ich will diesen Punkten keine Wirkung absprechen (denn diese sind bewiesen2), aber warum ich nicht von Work-Life-Balance spreche, ist für mich sonnenklar: Weil dieser Modus nur zu deutlich aufzeigt, dass work schlecht und life gut ist. Aber eine Arbeit, die Menschen persönlich erfüllt, kann nie schlecht sein und so auch keine unbedingte Balance fordern müssen. Das geht sehr wohl auch durch die ­herausgearbeiteten und genannten wünschenswerten Rahmenbedingungen hervor, die letztendlich keinen Drang nach Feierabend oder Wochenende ­erzeugen und denen die Balance aus work und life per se immanent sein könnte.

1 Anonyme Erhebung unter den Block­unterrichtsschülern mittels Online- Fragebogen zwischen September und Dezember 2023 an der Landesberufsschule für Zahntechnik in Neumünster.
2 Lewis, K., Stronge, W., Kellam, J., Kikuchi, L., Schor, J., Fan, W., … Mullens, F. (2023). The results are in: the UK’s four day week pilot.

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