Branchenmeldungen 27.12.2022
Bereit für das Unerwartete: Als ZFA am Uniklinikum Erlangen
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Mit der Arbeit in einer zahnärztlichen Praxis hat ihre Tätigkeit am Uniklinikum nur wenig zu tun: ZFA Carmen Nendel leitet seit fast zehn Jahren die Hochschul- und Privatambulanz der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgischen Klinik des Uniklinikums Erlangen und erläutert im Interview, warum keiner ihrer Arbeitstage dem anderen gleicht.
Wieso hast du dich für den Beruf der ZFA entschieden?
Ich war selbst lange in kieferorthopädischer Behandlung, habe gesehen, was alles möglich sein kann und dachte: Mit der richtigen Behandlung kann man jedem Menschen ein schönes Lächeln ins Gesicht zaubern! Deswegen habe ich mich mit 17 Jahren für die Zahnmedizin entschieden.
Was liebst du an deinem Beruf?
Am meisten berührt mich die Dankbarkeit der Menschen, wenn man ihnen geholfen hat. Wenn ich z.B. sehe, wie ein Kind, das mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte zur Welt kam, durch die Operation bei uns ganz „normal“ aussieht. Oder zu erleben, wie ein Tumorpatient, der mit Implantaten und Zahnersatz rekonstruiert wurde, sich freut, wenn seine Behandlung abgeschlossen ist und er wieder Zähne hat!
Nach zwölf Jahren Arbeit in zwei verschiedenen zahnärztlichen Praxen hast du an das Uniklinikum Erlangen gewechselt. Was war für dich ausschlaggebend?
Ich wollte weg vom Stuhl – das Assistieren allein hat mich nicht mehr erfüllt, es wurde mir zu eintönig. Daher habe ich eine neue Herausforderung gesucht.
Wie hast du dir die neue Arbeit vorgestellt und haben sich diese Vorstellungen bewahrheitet?
Ursprünglich hatte ich mir die Arbeit ganz anders vorgestellt. Ich wusste zwar, dass ich mehr koordiniere, aber da ich ja trotzdem vom Fach bin, dachte ich mir, so schwer kann der Einstieg nicht sein. Doch es war wirklich komplettes Neuland! Ich habe mich die ersten Monate gefühlt wie ein Azubi im 1. Lehrjahr und alles Wichtige in einem Buch notiert.
Wie unterscheidet sich deine Arbeit am Uniklinikum von der in einer zahnärztlichen Praxis?
In der Regel kümmere ich mich um die Patientenannahme, Vor- und Nachbereitung bei der Behandlung, Bereitstellung der Materialien und Instrumente, Dokumentation, Röntgen sowie die Koordination von Terminen mit anderen Abteilungen. Die eigentliche Assistenz während der Behandlung übernehmen aber unsere Zahnmedizinstudenten – daran musste ich mich erst gewöhnen. Ich war auf einmal nicht mehr so nah am Patienten, sondern bin viel mit der Administration beschäftigt, bereite z.B. Etiketten zur Blutentnahme vor usw.
Als Leiterin der Ambulanz verantworte ich zusätzlich die Bereiche Urlaubsplanung, bereite die ambulanten und stationären Akten für die Abrechnungsfirma vor, nehme an den regelmäßigen Treffen des Qualitätsmanagements teil, um aktuelle Verfahrensanweisungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, koordiniere Ausnahmeindikationen, helfe bei der Operationsplanerstellung, bearbeite stationäre Entlassbriefe im Privatbereich, lenke die Patientenströme und plane Schulungen für die Mitarbeiter.
Unser Team besteht aus neun Zahnmedizinischen Fachangestellten und standardmäßig fünf Ärzten. Während unserer Spezialsprechstunde kommen noch weitere Ärzte hinzu. Ich arbeite Vollzeit mit 38,5 Stunden und finde meinen Ausgleich in meiner Freizeit – dann bin ich bei meinem Pferd, lese, mache Yoga oder bin mit meinem Rennrad unterwegs.
Welche Patienten werden bei euch vorrangig behandelt?
Wir versorgen letztlich alle Indikationen, die den MKG-Bereich betreffen. Wir extrahieren, implantieren und bearbeiten Konsilanfragen aus anderen Abteilungen (z.B. Fokussuche vor einer Bestrahlung). Einen Großteil macht unsere onkologische Nachsorge aus. Hierfür haben wir eine extra Sprechstunde, des Weiteren gibt es eine Bisphosphonat-Sprechstunde, eine Kiefergelenk- und Dysgnathie-Sprechstunde sowie eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten-Sprechstunde.
Ebenso werden teils schwere Unfälle eingeliefert, z.B. Jochbein- oder Orbitabodenfrakturen, aber auch Kinder, die gestürzt sind und eine Lippenplatzwunde haben. Diese Patienten werden durch uns versorgt oder aber durch unsere Ambulanz für den stationären Aufenthalt vorbereitet. Alle Patienten, die durch unsere Abteilung operiert werden, betreuen wir in unserer Ambulanz vor bzw. nach.
Die Ambulanz bietet von 8 bis 11 Uhr eine offene Sprechstunde für unangemeldete Patienten – das genaue Gegenteil der gängigen Bestellpraxis. Wie reagierst du auf Ungeduld bei der Wartezeit?
Ich erkläre dem Patienten freundlich und ruhig, dass es einfach noch etwas dauert – mit dem Argument, dass, wenn er an der Reihe sei, er ja auch ausführlich beraten und behandelt werden möchte.
Wie verläuft die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen des Universitätsklinikums?
Die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen ist super. Zu den Hauptschnittstellen zählt unser OP, unsere Station und dann natürlich die Anästhesie, Radiologie, Pathologie, Prothetik, Zahnerhaltung und Kieferorthopädie.
Welche Eigenschaften abseits vom Fachwissen sollte man für die Arbeit in der MKG-Ambulanz mitbringen?
Wichtig sind vor allem Teamfähigkeit, Lernbereitschaft, Flexibilität und Offenheit in neuen Situationen, gutes Stressmanagement, Kommunikationsstärke und eine Extraportion Organisationstalent.
Welche Vorteile bietet die Arbeit am Uniklinikum im Vergleich zu deiner früheren Arbeit im niedergelassenen Bereich?
Ich bin jetzt angestellt im öffentlichen Dienst, habe geregelte Arbeitszeiten, keinen Wochenend- und Feiertagsdienst und der vielleicht größte Vorteil: Überstunden werden bezahlt.
Könntest du dir irgendwann eine Rückkehr in eine „klassische“ Zahnarztpraxis vorstellen?
Nur, wenn alle Bedingungen passen würden, auch im Hinblick auf die Arbeitszeit, und wenn das Aufgabengebiet reine Verwaltungsaufgaben umfassen würde. Zurück in die Assistenz möchte ich nicht mehr.
Welche Ziele hast du für deine berufliche Zukunft?
Ich möchte immer Neues lernen, getreu dem Motto: Stillstand ist der Tod.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieser Beitrag ist in der Zahnärztlichen Assistenz erschienen.