Branchenmeldungen 30.11.2021

Der Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und Parodontitis

Der Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und Parodontitis

Foto: stock.adobe.com – Prostock-studio

Dr. Lenka Banasova betreibt in der slowakischen Hauptstadt Bratislava ihr eigenes Dentalzentrum namens Pearl Dental, wo ein leidenschaftliches Team aus Zahnärzten, zahnmedizinischen Assistenten und Dentalhygienikern für sie arbeitet. In den letzten Jahren verschob sich ihr Arbeitsschwerpunkt zunehmend von konservativer Zahnheilkunde und zahnärztlicher Prothetik auf Parodontologie. Vor allem gehört sie jedoch zu den wenigen Zahnärzten, die sich mit dem bisher weitgehend vernachlässigten Thema des oxidativen Stresses zu beschäftigen begannen. Im folgenden Interview erklärt sie, wie natürliche Antioxidantien die Parodontaltherapie verbessern können.

Frau Dr. Banasova, wie begannen Sie, sich für Zahnmedizin zu interessieren, und wie kamen Sie dazu, oxidativen Stress zu erforschen?

Meine Mutter ist ebenfalls Zahnärztin und ich verbrachte als Kind sehr viel Zeit mit ihr in ihrer Praxis. Meine Motivation für das Studium der Zahnmedizin kam daher, dass ich sie bei der leidenschaftlichen Ausübung ihres Berufes beobachten konnte. Das Thema meiner Doktorarbeit war Parodontose und oxidative Stressmarker. Ich muss sagen, dass es am Anfang ziemlich schwierig war, da damals in diesem Bereich nicht genug Studien existierten, aber da meine Kolleginnen und Kollegen gute Ergebnisse in der klinischen Forschung erzielten und unsere Hypothesen bewiesen, beschäftigte ich mich zunehmend damit. Ich bin gerade dabei, mein Masterstudium der oralen Implantologie in Italien zu beenden, und verfasse derzeit meine Masterarbeit über Periimplantitis und oxidative Stressmarker. Daher befasse ich mich weiterhin mit diesem Thema.

Können Sie unseren Lesern erklären, was oxidativer Stress ist? Was geschieht in unseren Körpern, wenn dies stattfindet?

Oxidativer Stress ist ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Oxidantien im Körper, was zu Zellund Gewebeschäden führen kann. Einerseits geschieht dies auf natürliche Weise und spielt auch eine Rolle im Alterungsprozess, andererseits weist eine große Menge an wissenschaftlichen Erkenntnissen darauf hin, dass langfristiger oxidativer Stress zur Entstehung einer Reihe von chronischen Krankheiten beiträgt. Zu diesen Krankheiten gehören Krebs, Diabetes, Herz erkrankungen, Atherosklerose, Morbus Parkinson, Parodontitis und viele andere.

Welche Rolle spielt er bei Entzündungen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen oxidativem Stress und Parodontalerkrankungen?

Die natürliche Immunantwort kann vorübergehend oxidativen Stress auslösen. Diese Art von oxidativem Stress verursacht leichte Entzündungen, die wieder abklingen, wenn das Immunsystem eine Infektion bekämpft oder eine Verletzung repariert hat. Unkontrollierter oxidativer Stress kann den Alterungsprozess beschleunigen und könnte zur Entstehung mehrerer Krankheiten führen, die ich vorher erwähnt habe. Oxidativer Stress spielt überdies auch eine Rolle bei der Pathogenese von Parodontitis.

Könnten Patienten Risikofaktoren identifizieren oder oxidativen Stress auf irgendeine Art verhindern oder reduzieren?

Mehrere Risikofaktoren tragen zu oxidativem Stress und der übermäßigen Produktion von freien Radikalen bei. Dazu können Bewegungsmangel, Rauchen, Alkoholkonsum, bestimmte Krankheiten wie Adipositas, Medikamente und Umweltfaktoren wie Verschmutzung und Strahlung gehören. Eine Exposition gegenüber freien Radikalen kann zwar nicht vollständig vermieden werden, doch kann man durch seine Lebensweise in Bezug auf Ernährung, Bewegung, Umwelt usw. dazu beitragen, den Körper im Gleichgewicht zu halten und Schäden und Krankheiten vorbeugen. Und dazu gehört auch die Mundgesundheit – und meiner Meinung nach sind sich die Patienten immer noch nicht ausreichend darüber bewusst, wie wichtig die Mundgesundheit für ihren allgemeinen Gesundheitszustand ist. Während der letzten Jahre haben wir eine Zunahme von Krankheiten im Mundraum festgestellt, die mit oxidativem Stress im Zusammenhang stehen.

Aber wie vertraut ist der durchschnittliche Zahnmediziner mit oxidativem Stress? Wird er bei der Diagnose oder Behandlung in Betracht gezogen?

Alle Zahnärzte wissen, dass die Mundgesundheit ein wichtiger Aspekt des Allgemeinbefi ndens ist und dass zahlreiche systemische Beschwerden und Krankheiten vom Mund ausgehen. Meiner Meinung nach ist der Zusammenhang zwischen Krankheiten im Mundraum und oxidativem Stress immer noch nicht allgemein bekannt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel dafür: In der Mundhöhle agiert Speichel durch seine Antioxidantien als erste Abwehrfront gegen freie Radikale, und bei einer Infektion bedeutet die erhöhte Produktion von freien Radikalen, dass diese die Menge an Antioxidantien übersteigen und somit oxidativen Stress verursachen. Dennoch habe ich festgestellt, dass in der Medizin und auch im Bereich der Zahnmedizin immer mehr Studien existieren, die oxidativen Stress erwähnen. Bei der Diagnose sollten Allgemeinzustand und potenzielle Ursachen für oxidativen Stress berücksichtigt werden. Rauchen beispielsweise wird als einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung von Parodontitis angesehen. Es kann die Alveolen schädigen und so zu Zahnausfall führen, aber auch den oxidativen Stress erhöhen. Und letztlich stellt es einen vermeidbaren Risikofaktor dar.

Sind Sie vertraut mit Bioflavonoiden und der Rolle, die diese bei der Mundgesundheit spielen können?

Bioflavonoide sind natürliche Medikamentenquellen und verfügen über antibakterielle und entzündungshemmende antioxidative Eigenschaften. Sie neutralisieren Viren, indem sie die weißen Blutzellen und Lymphozyten stimulieren und Interferon produzieren. Auf diese Weise stimulieren sie das Immunsystem. Sie fi nden in der Zahnmedizin als Zusatztherapie nach einer professionellen Behandlung eine breite Anwendung und besitzen auch in anderen medizinischen Bereichen viele klinische Vorteile. Perio Plus von Curaprox enthält beispielsweise Citrox, ein Mischpräparat aus verschiedenen Bioflavonoiden, die als Antioxidantien wirken.

Sehen Sie ein Potenzial für Citrox oder andere Oxidantien in Mundhygieneprodukten?

Citrox ist ein antimikrobielles Präparat, dessen Bestandteile aus löslichen, von Zitrusfrüchten stammenden Biofl avonoiden bestehen. Biofl avonoide sind hydroxylierte phenolische Verbindungen, die von Pfl anzen synthetisiert werden und deren Wirkung gegen Bakterien, Pilze und Viren schon vorher bewiesen wurde. Wie allgemein bekannt ist, sind Bakterien die Hauptursache für Parodontalerkrankungen. Viele neuere Studien haben gezeigt, dass Citrox wirksam das Wachstum einer Reihe von Bakterien wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis hemmt, die bei Patienten mit Parodontitis die Hauptverursacher einer pathogenen Flora darstellen. Das Potenzial von Citrox liegt meiner Meinung nach in der Verwendung als Zusatzpräparat zu anderen Mundpflegeprodukten, und es wird derzeit schon auf diese Weise verwendet. Es ersetzt jedoch nicht die professionelle Behandlung. Zuerst muss ein Zahnmediziner die Parodontitis mit der richtigen Vorgehensweise behandeln. Produkte, die Chlorhexidin in Kombination mit anderen Antioxidantien enthalten, sind die besten Mittel, um Patienten bei der Bekämpfung von Mundbakterien zu Hause zu helfen – natürlich entsprechend den Anweisungen des Zahnarztes. Wenn wir Parodontitis richtig behandeln und der Patient zu Hause mitarbeitet, ermöglicht die Kombination von optimaler Mundhygiene und diesen antimikrobiellen Wirkstoffen eine drastische Reduzierung von schädlichen Bakterien in der Mundhöhle, eine Verbesserung des Parodontalzustands und die Stabilisierung der Mundgesundheit. So können oxidative Stressmarker schnell reduziert werden.

Eine letzte Frage: Hat Ihre Forschung zu diesem Thema die Art und Weise verändert, wie Sie Ihre Patienten behandeln oder wie Sie Parodontalerkrankungen sehen?

Ich habe schon erwähnt, dass zahlreiche klinische und grundlegende experimentelle Studien gezeigt haben, dass ein starker Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und Parodontitis besteht. Durch ein besseres Verständnis dieses Zusammenhangs habe ich einen tieferen Einblick in die Pathogenese der Parodontitis, in die Beziehung zwischen Parodontitis und systemischen Entzündungen und in therapeutische Strategien erhalten. Überdies sollten alle Zahnärzte wissen, dass Parodontitisbehandlungen ernst genommen werden sollten – nicht nur, um den Mund des Patienten so gesund wie möglich zu halten, sondern auch zur Verhinderung anderer schwerwiegender Komplikationen.

Dieser Artikel ist in der Dental Tribune Deutschland erschienen.

quelle: curaden AG

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