Branchenmeldungen 03.07.2013
DGI-Ehrenmitgliedschaft für Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf
Für seine Verdienste um die
Implantologie von der Vorwendezeit bis heute, auch über die neuen
Bundesländer hinaus, hat die Deutsche Gesellschaft für
Implantologie/DGI jüngst in Leipzig Prof. Dr. Hans-Ludwig
Graf mit der Ehrenmitgliedschaft der wissenschaftlichen
Fachgesellschaft ausgezeichnet.
Dr. Gerhard Iglhaut, Präsident der
DGI, überreichte im Rahmen der 20-Jahr-Feier des
MVZI/Mitteldeutscher Landesverband im DGI e.V. dem Geehrten die
Urkunde und das Ehrenbuch, um sich dort einzutragen. In
seiner mit vielen Anekdoten angereicherten und persönlich
akzentuierten Laudatio erinnerte Dr. Steffen Borrmann, langjähriger
Vizepräsident des MVZI und Wegbegleiter von Professor Graf, an die
herausragenden und notgedrungen oft auch unkonventionellen Leistungen
des Leipziger Wissenschaftlers. Bereits Mitte der 70er Jahre habe es
in der damaligen DDR erste Informationen zur Implantologie gegeben:
„Diese neuen Gedanken musste man zu diesem Zeitpunkt als subversiv
ansehen. Aber Namen wie Linkow, Sammy Sandhaus, Andre Schröder,
Willy Schulte und Ledermann faszinierten und infizierten uns!“
Sowohl an den Universitäten und Hochschulen, aber auch in anderen
Einrichtungen habe es Kollegen gegeben, die „ihre Antennen weit
ausgefahren hatten und alles aus der Luft herausfilterten, was nach
Sinn, Fortschritt und Implantologie aussah.“ Es entstanden
unabhängig voneinander viele kleine Denkfabriken und Zirkel, und
„gegen Widerstände zum Teil biblischen Ausmaßes begann man zu
experimentieren und zu forschen.“ Dabei entstanden Techniken, die
sich später in modernen Verfahren wiederfanden wie eine
oszillierende Säge, deren Grundgedanke sich in der „neuen“
Piezo-Chirurgie wiederfindet. Auch Keramik als Werkstoff für
Implantate war Thema in den Forscherkreisen der DDR. In dieser Zeit
betrieb Dr. Graf zusammen mit Dr. Wolfram Knöfler
Grundlagenforschung rund um das Material Titan und entwickelte eine
Oberflächenveränderung mittels aniodischer Oxydation unter
Funkenentladung. Dr. Borrmann: „Eine bahnbrechende Idee! National
wurde sie wahrgenommen, international nicht – ein Drama!“ Dabei
hatten die Forscher in der DDR immer wieder Hürden bei der
praktischen Umsetzung neuer Verfahren zu überwinden.
Zwar standen
nach der „Wende“ ausreichend Materialien und Verfahren zur
Verfügung, aber auf der persönlichen Ebene gab es doch allerhand
schmerzliche Erfahrungen: „Die bis dahin entwickelten
Implantatsysteme verschwanden in der Versenkung, und langsam entstand
eine industriedominierte Situation.“
MVZI-Kongress in Leipzig
Die Veränderungen führten
zu einer Orientierungslosigkeit unter den implantationswilligen und -fähigen Kolleginnen und Kollegen, und um ihnen allen einen
fachlichen und unabhängigen Rückhalt zu bieten, gründete sich 1993
„bei Kaffee und Kuchen in der Privatwohnung von Dr. Knöfler“ die
Mitteldeutsche Vereinigung für zahnärztliche Implantologie, Dr.
Knöfler wurde auch ihr erster Präsident. Dr. Borrmann: „Es gab in
der Gründungszeit ein fantastisches Betreuungsverhältnis von 2:1 –
man könnte mit Augenzwinkern sagen: 2 Vorständler betreuten 1
MVZI-Mitglied! Eine wahrhaft familiäre Atmosphäre, an die wir heute
noch mit Schmunzeln zurückdenken.“ Seit dem Jahr 2001 führte
Professor Graf die MVZI; er baute die curriculären Fortbildungen
aus, die 1995 mit der Landeszahnärztekammer Sachsen installiert
wurden und bis heute gut gebucht sind. Die erfolgreichen Kongresse
wurden unter seiner Leitung zu einem eindrucksvollen Erfolgsprogramm
und haben sich heute als starke eigene Marke in der implantologischen
Fortbildungslandschaft etabliert.
Um territoriale
Grenzen abzubauen, suchte die MVZI nach einem starken national und
auch international agierenden Partner und führte dabei konstruktive
Gespräche mit der als „gut organisiert, strukturiert und gut
geführt“ empfundenen DGI, unter Leitung ihres damaligen
Präsidenten Prof. Dr. Günter Dhom. Die beiden Präsidenten Dhom und
Graf führten in „außerordentlich freundschaftlicher, angenehmer,
konstruktiver Atmosphäre auf gleicher Augenhöhe“ (Borrmann) die
fachlichen und auch juristischen Verhandlungen, die im Jahr 2007 in
der von der Mitgliederversammlung beschlossenen Zusammenarbeit
mündeten. Zum damaligen Zeitpunkt war der MVZI – nunmehr
Landesverband und quasi „Tochter“ der DGI – bereits älter als
die „Mutter“, die sich erst rund ein Jahr nach der
Mitteldeutschen Vereinigung konstituiert hatte.
Dr. Borrmann in
seiner Laudatio: „Die Entwicklung des MVZI als Landesverband in der
DGI, ja, die gesamte Entstehung der Implantologie im Osten unseres
Landes ist untrennbar mit dem Namen Hans-Ludwig Graf verbunden. Er
muss als Mitbegründer der MVZI als auch als einer der
Hauptinitiatoren der Forschung und Entwicklung der ostdeutschen
Implantologie genannt werden. National und international erfährt er
ob seiner Leistungen in Forschung und Entwicklung für die
Implantologie eine hohe Reputation, als Hochschullehrer genießt er
bei seinen Kollegen Respekt und höchste Anerkennung, und seine
Studenten kennen ihn als wortgewandten, sympathischen
Wissensvermittler.“
DGI-Präsident Dr. Iglhaut schloss sich den
Ausführungen Dr. Borrmanns an und meinte: „Ihr seid immer älter
als wir!“ Das Dach DGI wachse, die wissenschaftliche Gesellschaft
sei daher nicht zuletzt stolz auf ihre Landesverbände, die die
Basis-Kontakte pflegten und die von der DGI gelebte Politik der engen
Verbindung von Wissenschaft und Praxis in den Regionen spürbar
werden ließen: „Die Landesverbände sind die Säulen unseres
Erfolges und unsere Stütze auf dem Weg in die Zukunft!“ Dr.
Iglhaut ehrte Professor Graf als herausragenden Wissenschaftler, der
enorm viel geleistet habe, und begrüßte ihn als 14. Ehrenmitglied
der DGI. Unter anhaltendem Applaus trug sich Prof. Dr. Hans-Ludwig
Graf in das Ehrenbuch der DGI ein.
Veränderungen
für die ostdeutsche Implantologie durch die „Wende“
In einem
Beitrag zur Geschichte des MVZI (www.dgi-ev.de) hat Professor Graf
die „Wende“-Probleme für die implantologisch forschenden und
arbeitenden Kollegen in den neuen Bundesländern so geschildert: „Die
Umstrukturierungen im Verlauf der Hochschulerneuerung in den neuen
Ländern brachte es mit sich, dass die Entwicklergruppen, die in der
Regel auch Kristallisationszentren der klinischen Implantologie
waren, zerstört wurden oder ihre klinische Arbeit mit
Implantatsystemen fortsetzten, die in den alten Bundesländern
etabliert waren. Weder die Erfurter Implantattypen aus Al2O3-Keramik
noch die MLW-Titanblattimplantate und
MLW-Retentionszylinderimplantate aus Leipzig konnten mit dem
inzwischen erreichten Entwicklungsstand der Implantatsysteme in den
alten Bundesländern mithalten. Erstere wegen des Grundmaterials,
letztere wegen feinmechanisch-konstruktiver
Probleme.“
Ehrenmitglieder der DGI
Prof.
Dr. Hans-Ludwig Graf ist das 14. Ehrenmitglied der DGI, zu diesem
Kreis zählen (einige der Ehrenmitglieder sind bereits verstorben)
Prof. Dr. E. Brinkmann, Dr. H. Duelund, Dr. W. Myska, Prof. Dr. Dr.
K.-D. Schlegel, Dr. S. Schmidinger und Prof. Dr. Dr. W. Schulte (alle
im Gründungsjahr 1994 ausgezeichnet), außerdem Dr. G. Heidelbach,
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. H. Spiekermann, Prof. Dr. Dr. G. Watzek, Prof.
Dr. Dr. V. Strunz, Prof. Dr. Dr. P. Tetsch, Dr. med. habil. W.
Knöfler und, im Jahr 2008 geehrt: Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner.
Quelle: DGI