Branchenmeldungen 16.06.2011
Diabetes und Parodontitis: Zusammenhang oft verkannt
Neue Website www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de ab sofort online.
Parodontitis muss als Folgeerkrankung des Diabetes anerkannt werden.
Beide Volksleiden beeinflussen sich gegenseitig und sollten daher
fächerübergreifend von Zahnärzten und Diabetologen behandelt werden,
fordert die Initiative "Gesund im Mund bei Diabetes".
Parodontitis, die bakterielle Entzündung des Zahnbetts, zählt zu den
häufigsten Erkrankungen weltweit. In Deutschland sind etwa 40 Prozent
der Erwachsenen und Senioren von einer moderaten und vier bis acht
Prozent der Erwachsenen bzw. 14 bis 22 Prozent der Senioren sogar von
einer schweren Form betroffen (1). An Diabetes leiden in Deutschland
etwa vier Millionen Menschen und es kann davon ausgegangen werden, dass
etwa jeder Dritte im Laufe des Lebens einen Diabetes bekommen wird
(2,3). Eine Parodontitis gilt heute unter anderem als Risikofaktor für
Infarkterkrankungen (4), chronische Erkrankungen der Atemwege (5),
entzündliche rheumatische Veränderungen (6) sowie für Frühgeburten (7)
und auch Diabetes (8). Diabetes fördert vor allem Erkrankungen der
Blutgefäße mit Folgeleiden wie Infarkterkrankungen, Erblindung,
Nervenschädigungen und ebenfalls Schwangerschafts- sowie
Geburtskomplikationen (9). Auf diese Risiken und besonders den Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes macht die aus jeweils vier Experten
aus den Gebieten Diabetologie und Zahnmedizin bestehende Initiative in
einem Konsensuspapier aufmerksam, das in der April-Ausgabe der
Fachzeitschrift Der Internist (Springer-Verlag) veröffentlicht wurde.
Ziel der Initiative, die vor einem Jahr von der Bundeszahnärztekammer
und Colgate-Palmolive ins Leben gerufen wurde, ist es, Patienten und
(Zahn)Ärzte über diese Thematik aufzuklären sowie Therapie- und
Vorsorgeoptionen aufzuzeigen. Weiterführende Informationen erhalten
Betroffene und Interessierte ab sofort auf der neuen Website
www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de . Dort steht zudem ein
Online-Selbsttest bereit, mit dem das persönliche Risiko für eine
Parodontalerkrankung ermittelt werden kann.
Vielen Diabetikern
ist nicht bekannt, dass sie ein dreifach erhöhtes Risiko für
Parodontitis tragen (10). Parodontale Erkrankungen schreiten bei
Diabetikern zudem schneller voran, während die Patienten schlechter auf
eine Parodontitistherapie ansprechen. Wissenschaftliche Studien legen
nahe, dass Parodontitis die Blutzuckereinstellung bei Diabetikern
verschlechtert und so Folge- und Begleiterkrankungen begünstigt
(11-13). Außerdem kann eine chronische Parodontitis bei
Nicht-Diabetikern die Entstehung eines Diabetes mellitus fördern
(14,15). Umgekehrt liefern zahlreiche klinische Studien Hinweise
darauf, dass der Blutzuckerwert durch eine gezielte parodontale
Behandlung gesenkt werden kann (16-19).
Die wechselseitige
Beziehung zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis wurde bislang
jedoch in der Therapie von Diabetikern und Parodontitispatienten nicht
ausreichend berücksichtigt. Dies möchten die Mitglieder des
Wissenschaftsausschusses der Initiative "Gesund im Mund bei Diabetes"
mit dem nun veröffentlichten Konsensuspapier, das auf
wissenschaftlichen Studiendaten basiert, ändern. Es soll eine Grundlage
bieten, die Empfehlungen zur ärztlichen Vorgehensweise in der
Versorgung von Diabetes- und Parodontitispatienten zu ergänzen und
damit zu verbessern.
Bedeutung für die Praxis
Eine Diabetes- und Parodontitis-Behandlung wird jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn nicht nur Ärzte und Zahnärzte
über die Fachgrenzen hinaus zusammenarbeiten, sondern auch die
Patienten selbst ausreichend informiert sind. Auch die
Blutzuckereinstellung und eine sehr gute häusliche Mundhygiene sind
entscheidend. Oftmals bleibt die Parodontitis lange Zeit unerkannt, da
sie sich zunächst schmerzfrei entwickelt. Ebenso wird eine
Diabeteserkrankung unter Umständen erst erkannt, wenn
Begleiterkrankungen wie eine Parodontitis auftreten. Sowohl Ärzte und
Zahnärzte als auch die Patienten selbst sollten daher auf Warnsignale
achten und den Zahnstatus regelmäßig kontrollieren. Dies kann mithilfe
eines Patientenfragebogens erleichtert werden. Bei schlecht
therapierbarer Parodontitis sollte ebenfalls die Möglichkeit einer
unentdeckten Diabeteserkrankung in Betracht gezogen werden.
Neue Website www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de
Weiterführende Informationen
zur Wechselwirkung zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis
erhalten Patienten und Interessierte ab sofort auf der neuen Website
www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de. In einem speziell für Patienten
erstellten Bereich gibt die Rubrik "FAQs" kurz und prägnant Auskunft
über die wichtigsten Fragestellungen zu dieser Thematik. Ein
Online-Selbsttest hilft, dass persönliche Risiko für eine
Parodontalerkrankung einzuschätzen. In einem Service-Bereich kann
kostenlos die Broschüre "Gesund im Mund bei Diabetes" als PDF-Datei
herunter geladen werden. Arzt-Suchmaschinen unterstützen bei der Suche
nach dem richtigen Ansprechpartner vor Ort.
(1) Micheelis W et al. DZZ 63 (7),2008:464-72. (2) Icks A et al.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 24. Diabetes
mellitus. Robert-Koch-Institut;2005. (3) Nuber G et al.: Deutscher
Gesundheitsbericht Diabetes 2008. Vorgelegt von NAFDM zum
Weltdiabetestag;Nov 2007. (4) Mattila KJ et al. Atherosklerosis
1993;103,205. (5) Hayes C et al. Annals Periodontol 1998;3:257-61.
(6) Molitor JA et al. Ann Rheum Dis 2009; 68 (Suppl 3): 399. (7)
Offenbacher S et al. J Periodontol 1996; 67:1103-13. (8) Demmer RT,
Jacobs DR Jr, Desvarieux M Diabetes Care 2008;31: 1373-9. (9)
Giani G et al. Evidenzbasierte Leitlinie DGG - Aktualisierung
05/2004. (10) Emrich LJ et al. J Periodontol 1991;62:123-31. (11)
Taylor GW. JADA 2003;134:41S-8S. (12) Ryan ME et al. JADA 2003;
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Quelle: Initiative Gesund im Mund bei Diabetes