Branchenmeldungen 21.02.2011
Gesunde Mundhöhle ist beste Voraussetzung für gesunden Körper
Zahnärztetag unterstreicht Zusammenhang Medizin und Zahnmedizin
„Nicht nur Zahnschmerzen haben Auswirkungen auf die körperliche Konstitution, sondern weit darüber hinaus gibt es einen engen Zusammenhang zwischen dem Zahn-, Mund und Kieferbereich und der allgemeinen Gesundheit“, sagte der Präsident der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich. „Eine gesunde Mundhöhle ist die beste Voraussetzung für einen gesunden Körper.“
Gesundheit sei immer stark abhängig vom sozialen Status. „Sowohl Karies als auch Parodontitis sind in sozial schwierigen Lebenslagen – niedriger Bildungsstand und geringes Einkommen - deutlich häufiger anzutreffen“, unterstrich der Präsident. Laut einer Untersuchung des Instituts Deutscher Zahnärzte in Köln haben die unteren Statusgruppen eine erhöhte Krankheitslast. Durch Erfolge der Prävention vermindere sich diese Krankheitslast, allerdings deutlich langsamer als bei den übrigen sozialen Gruppen. „Bei einer Armutsquote in Mecklenburg-Vorpommern von 23 Prozent sind niedrigschwellige Präventionsangebote besonders wichtig“, betonte Dr. Oesterreich. Die Zahnärztekammer setzt seit 2004 auf den Kinderpass, von dem bisher 89902 ausgegeben wurden. „Wir haben einen flächendeckenden Einsatz geschaffen. Dies ist einmalig in Deutschland und vollständig aus eigenen Kräften des Berufstandes entstanden“, sagte der Zahnarzt. „Wir appellieren an alle Beteiligte, insbesondere an Kostenträger, den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Gesundheitspolitik in unserem Bundesland, die vorliegenden Angebote für die Weiterverbreitung von Informationen zu nutzen.“
Die demografischen Veränderungen machen sich in Mecklenburg-Vorpommern besonders bemerkbar. Daher sei es dringend geboten, die zahnärztliche Versorgung für immobile Patienten zu verbessern. Mit dem Pilotprojekt von mobilen Behandlungseinheiten im Augustenstift und in den Sozius-Pflegeheimen in Schwerin, das die Zahnärztekammer mit Unterstützung des Sozialministeriums initiiert hat, beschreitet Mecklenburg-Vorpommern neue Wege. Dieses Projekt wird im Rahmen eines Versorgungsforschungsansatzes von der Universität Greifswald wissenschaftlich ausgewertet. Erste Zwischenergebnisse der Evaluation zeigen, dass bei der Hälfte der bereits untersuchten Patienten der Einsatz einer mobilen Behandlungseinheit erforderlich war. Bei 70 Prozent der Betroffenen ist ein Transport in eine Zahnarztpraxis kaum möglich. Fast die Hälfte der Zeit für die Betreuung solcher Patienten muss für die Vor- und Nachbereitung durch das zahnärztliche Behandlungsteam aufgewendet werden. Dr. Oesterreich kündigte an, dass zum Ende des Jahres eine umfassende Analyse vorgestellt werde. „Mit dem Pilotprojekt leisten wir einen wichtigen Beitrag aus den Erfahrungen des Versorgungsalltages heraus zur weiteren politischen Entscheidungsfindung. Es wird dann an den Krankenkassen und der Gesundheitspolitik liegen, Schritte einzuleiten, um die Situation nachhaltig zu verbessern.“
„Ein Zahnarzt ist immer auch ein Arzt “, betonte Prof. Wilhelm Kirch von der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden. Allgemein-medizinische Erkrankungen wirken sich auf den Zahn-, Mund- und Kieferbereich genauso aus wie umgekehrt. Zudem können allgemeinmedizinische Erkrankungen zu Komplikationen oder besonderen Vorkehrungen bei der zahnärztlichen Behandlung führen. Als Beispiel einer Komplikation berichtete Prof. Kirch von einem 46-jährigen Patienten mit einem angeborenen Herzfehler, der nach einer Zahnsteinentfernung eine bakterielle Endokarditis (Herzklappenentzündung) bekommen hat. Er wurde mit Symptomen wie Fieber, Lähmungen und Hirnabszess in die Klinik eingeliefert und musste 49 Tage stationär behandelt werden. Bei Patienten mit einem solchen Risiko sind entsprechende Vorkehrungen bei zahnärztlicher Behandlung, wie die Einnahme von Antibiotika zu treffen. Hier ist der Zahnarzt auf entsprechende Informationen des behandelnden Arztes angewiesen.
Wissenschaftlich belegt ist die Wechselwirkung zwischen Parodontitis und Herzerkrankungen. Keiminvasionen aus der Mundhöhle durch Erkrankungen wie der Parodontitis in den gesamten Körper sind eine Tatsache. Ob eine Parodontitis das Auftreten von kardivaskulären Erkrankungen fördert oder lediglich beide Erkrankungen die gemeinsamen Risikofaktoren haben (wie etwa Rauchen, Stress), die zur Arteriosklerose führen, ist noch unklar. „Die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist integraler Bestandteil des medizinischen Fächerspektrums“, betonte Prof. Kirch, der sowohl Mediziner als auch Zahnmediziner ist.
„Verfeinerte Techniken und neue OP-Methoden zeichnen die Zahnheilkunde aus, die sich rasant entwickelt hat“, sagte Prof. Wolfgang Sümnig, Stellvertretender Direktor der Klinik für Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald und Wissenschaftlicher Leiter des Zahnärztetages 2009. Ebenso verhalte es sich bei der Implantologie und der Implantatchirurgie. „Wo wir früher zahnerhaltende Operationen mit nicht immer sicherem Erfolg durchgeführt haben, haben wir heute mit der Implantologie eine deutliche Verbesserung hinsichtlich weiterer und sicherer Alternativen. Zahnmediziner müssen verstärkt abwägen, welche Möglichkeiten der operativen Versorgung auch unter Einbezug der Implantologie zum Einsatz kommen – ist Zahnerhaltung noch möglich oder ist das Implantat angezeigt“, so der Experte. Früher war man mit 65 Jahren zahnlos und eine totale Prothese war das Mittel der Wahl. Heute bieten Implantate nicht nur die Möglichkeit rechtzeitig Lücken zu schließen, sondern verbessern erheblich die Lebensqualität bei zahnlosen Patienten. „Hat er z.B. gleichzeitig Diabetes, zwei Bypässe und nimmt regelmäßig Medikamente ein, muss genau abgewogen werden, wie wir damit umgehen. Unmöglich ist es unter Beachtung aller Vorkehrungen aber auch in solchen Fällen nicht Implantate zu setzen“, unterstrich Sümnig, der sowohl Mediziner als auch Zahnmediziner ist. Deutschlandweit wurden in diesem Jahr bereits eine halbe Million Implantate gesetzt. In Mecklenburg-Vorpommern sind im Landesverband der Deutschen Gesellschaft für Implantologie rund 60 Zahnärzte organisiert.
Quelle: Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, 07.09.2009