Branchenmeldungen 28.02.2011
Heidelberger Update Implantologie
Heidelberg und sein Update Implantologie sind mittlerweile eine unzertrennliche Allianz geworden. Die nun schon in der achten Folge startende Fortbildung auf hohem internationalen und nationalen Referenten-Niveau begeistert immer wieder durch aktuelle Themen und eine Diskussionskultur, die dieser Veranstaltung eigen ist.
Eine interessante Diskussion ergab sich direkt nach den ersten Vorträgen von Dr. F. Kistler, Dr. T. Hanser und Dr. J. Gargallo-Albiol. Soll man bei Augmentationen mit autologem Knochen eine Membran verwenden oder eher nicht? Hier scheiden sich die Geister und es ist leicht zu erkennen gewesen, dass wie immer viele Wege nach Rom führen. Schlussendlich lässt sich konstatieren, dass der Knochenzelle die Quelle der Vaskularisation egal ist. Die techniklastige Schalentechnik nach Prof. Khoury bei horizontaler Kieferkammverbreiterung verlangt jedenfalls keine Membran. Weitere Referenten bestätigten, dass auch sie keine Membran bei autologer Knochenspanauflagerung mehr verwenden. So konnte sich jeder der ca. 140 Teilnehmer sein eigenes Bild darüber machen, mit welcher Technik man ein optimales Ergebnis erzielen kann. Wichtige Kriterien für das Procedere bei einer Sofortimplantation wurden vorgestellt und Socket Peservation, Ridge preservation sowie Socket seal eingehend demonstriert.
Ein Highlight der Fortbildung war das double feature von Dr. S. Ganz und Dr. J. Krauser, die beide eine große Erfahrung im Bereich 3D-Analyse vor implantologischen Eingriffen besitzen. Sie spielten sich den Ball zu wie ein altes eingespieltes Team und zeigten die wesentlichen Punkte auf, die es zu berücksichtigen gilt, will man eine erfolgreiche Planung durchführen. Sie benannten die acht Key Steps wie folgt: Patienten-Evaluation, Radiographic Guide Setup, Radiographic Markers, Double Scan Techniques (ein Scan mit Scan-Schablone und ein weiterer Scan ohne die Schablone, um vergleichen zu können), Case Planning and Review, Creation of the Surgical Guide, Lab Fabrication of Prosthesis (entweder definitiv oder provisorisch), Case Delivery. Für eine optimale Anpassung der Bohrschablone nach Anästhesie sollte man den Patienten für ca. 10 Minuten auf die Schablone beißen lassen, damit diese sich besser adaptiert und Diskrepanzen minimiert werden. Dass das Teeth in one hour-Konzept seine Grenzen hat, konnte gut nachvollzogen werden, denn anhand der Houndsfield Units lässt sich prima ablesen, ob das Implantat vollends in gutem oder in eher weichem Knochen zu liegen kommt. Dies entscheidet über den Verbleib zumindest bei gleichzeitiger Eingliederung von definitiver Prothetik, da die Implantate bei Okklusion minimal bewegt werden und die Mikrobewegung dazu führt, dass die Osseointegration nicht ungestört ablaufen kann. Ganz und Krauser unterscheiden zwischen 3 Knochenkategorien: 150-600 HU weicher Knochen – eher unterdimensioniert aufbereiten; 600-1200 HU mittlere Knochendichte; 1200-1800 HU harter Knochen – Gewindeschnitt erforderlich.
Der zweite Kongresstag startete mit einem Referat des jungen Implantologen Dr. M Parschau, der sich eingehend mit der Thematik Praxismarketing auseinander setzte. Was ist heute mit modernen Mitteln der Kommunikation möglich und wie setze ich diese effektiv ein, waren die Aspekte seines Vortrags.
Die folgenden Beiträge von Dr. D. Grubeanu, Dr. J. Schmoll und ZTM W. Bollack ergänzten die Statements vom Vortag zum Thema 3D-Analyse und Umsetzung in eine chirurgische Bohrschablone und deren Ausfertigungen. Pilotiert oder navigierte Schablonen sind auszuwählen und die Berücksichtigung der eindeutigen Befestigung an den Nachbar- oder Restzähnen oder mithilfe von Pins oder Ankern am Restkieferkamm.
Dr. P. Russe zeigte Neuigkeiten von den One Piece Implantaten und welches Behandlungsprotokoll einzuhalten ist. Der Belastungsstress der Implantate steigt mit Reduktion des Durchmessers, daher erscheinen einteilige Implantate sinnvoll. Interessant waren seine Beobachtungen zu den Abbindetemperaturen auf Implantaten, wenn ein Provisorium mit Autopolymerisat angefertigt wird. Die Verwendung einer präfabrizierten provisorischen Kappe wirkt wie eine Isolationsschicht und reduziert die Temperatur. Russe ging auch auf die Gewindegeometrie ein, wie auch Dr. P. Trisi, welcher die Parameter unterschiedlicher Gewindedesigns auf den Prüfstand stellte. Aber auch parallelwandige oder konisch gestaltete Implantatkörper spielen eine Rolle, sowie die Anzahl der Gewindegänge, die für die Lastverteilung des occlusalen Stresses wichtig sind. Beim Eindrehen von Implantaten mit rundem Gewindedesign oder „Square designs“ entstehen Mikrofrakturen und Bone Debris. Die Osteoklasten müssen viel arbeiten, um den Bone Debris auf der Implantatoberfläche zu beseitigen, bevor die Osteoblasten ihren Dienst antreten können. Letztlich bedeutet eine um 10 Ncm erhöhter Insertionstorque eine um 20% reduzierte Verlustquote.
Dr. P. Weigl zeigte in seinem Vortrag, dass die trabekuläre Ausrichtung des Knochens ständig im Fluss ist und man sich nicht auf Finite-Element-Studien blind verlassen sollte, da diese die trabekuläre Anhaftung nicht abbilden.
Dr. M. Steigmann postulierte aufgrund seiner Erfahrungen, dem interproximalen Knochen mehr Beachtung zu schenken, denn bei verschiedenen Situationen sind die gängigen Parameter nicht aussagekräftig genug. Daher fordert er ein Umdenken in der Chirurgie und untermauerte dies anhand einiger Fallbeispiele. Welches Flap Design, welcher Schnitt und welche Naht sind wichtig, für eine vorhersagbare ästhetische Implantation im anspruchsvollen anterioren Bereich. Dr. C. Cacaci führte die Betrachtungen weiter und zeigte seine Ansätze zur Ausformung des Emergenzprofils. Er erklärte anschaulich, dass der „Narbenzug“ des marginalen Gewebes nach Entfernung des Gingivaformers zum „Kollaps“ der Manschette führt und man dringend beim Eingliedern der endgültigen Versorgung auf eine anämische Gingiva achten sollte.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die schon als legendär zu bezeichnende Party wieder sehr gut besucht war und es den jungen und jung gebliebenen Implantologen trotzdem nicht schwer fiel, den Vorträgen am zweiten Tag aufmerksam zu folgen.
Nähere Infos unter: www.update-implantologie.de
Autor: Dr. Thomas Staudt