Branchenmeldungen 12.03.2024

„Ich glaube nicht, dass die Standespolitik viel (...) ändern kann“



„Ich glaube nicht, dass die Standespolitik viel (...) ändern kann“

Foto: Andrey Popov – stock.adobe.com

Ende Januar berichtete die Tagesschau in ihren 20-Uhr-Nachrichten von einem Phänomen, das wir in der ZWP immer wieder thematisieren: dem zunehmenden Praxissterben an ländlichen Standorten. Die Tagesschau interviewte dazu den 67-jährigen Zahnarzt Ralph Buchholz im sachsen-anhaltinischen Burg, der seit vielen Jahren erfolglos auf Nachfolgersuche ist. Bezug nehmend auf seine Äußerungen im Fernsehen sprachen wir mit Ralph Buchholz für die aktuelle ZWP.

Herr Buchholz, wie steht es um Ihre Nachfolgersuche?

In den vergangenen fünf Jahren, in denen ich intensiver auf Suche bin, hat es nur einen ernsthaften Interessenten gegeben. Am Ende kamen unsere unterschiedlichen Vorstellungen über die Finanzierungsmodalitäten nicht zusammen. Ich habe über zwei Jahrzehnte mit Vorbereitungsassistenten und angestellten Zahnärzten gearbeitet. Teilweise haben sie mein Konzept übernommen und in eigener Praxis adaptiert, teilweise war nie der Wunsch nach Selbstständigkeit vorhanden. Meine Praxis, die ich 1989 von meinem Vater übernahm, verfügt über sechs Behandlungszimmer – allein drei werden nur für die Prophylaxe genutzt – und ist modern eingerichtet und fachlich sehr breit aufgestellt. Wenn ich keinen Nachfolger finde, geht all das verloren und Mitarbeiter und Patienten müssten sich neu orientieren.

Weiß man in Burg um Ihre prekäre Nachfolgesituation?

Die Situation in Burg und im Landkreis ist weitgehend bekannt. Um die 75 Prozent der Zahnärzte im Jerichower Land werden bis 2030 das Rentenalter erreichen. Doch erst jetzt wird vonseiten des Landkreises in Erwägung gezogen, Stipendien für Zahnmedizinstudierende auszuschreiben, die sich verpflichten, nach dem Studium im Landkreis tätig zu werden. Diese Maßnahmen werden frühestens in ca. sieben Jahren greifen. Eine andere, unmittelbare Unterstützung gibt es leider nicht, obwohl das Problem seit Langem bekannt ist.

Was erwarten Sie von der Standespolitik in Bezug auf die Lage?

Ich glaube nicht, dass die Standespolitik sehr viel an der Situation ändern kann. Bemühen muss sie sich dennoch! Die Hauptgründe liegen zum einen in dem sich verändernden gesellschaftlichen Umfeld. Selbstständigkeit ist immer mit einem erhöhten persönlichen Engagement an Arbeitszeit, Risikobereitschaft und Verantwortung verbunden. Dies entspricht heute nicht mehr dem Lebensgefühl der Mehrheit der jüngeren Generationen. Weiter erschwerend kommt die Bürokratielast und der Wust an Vorschriften, Verordnungen, Richtlinien und Budgetierungen hinzu – die Entscheidung für eine Niederlassung muss das aushalten, im Angestelltenstatus würde sich ein anderer darum kümmern. Alle Bemühungen, die niedergelassene Praxis zu stärken, werde nicht verhindern, dass es eine Konzentration in (Groß-)Städten und Ballungsräumen gibt. Dabei ist die Altersstruktur überall ähnlich: Die Babyboomer gehen in den Ruhestand, Nachwuchs wurde nicht genügend ausgebildet. Eine ausreichende Versorgung im ländlichen Bereich kann meiner Meinung nach nur durch die Wiedereinführung der Zulassungsbegrenzung für die Versorgungsbereiche erreicht werden. Sonst wird die Konzentration in den Ballungsräumen weiter zunehmen.

Hier geht's zum MDR-Beitrag mit Ralph Bucholz.

Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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