Branchenmeldungen 09.10.2025
„Im Arbeitsalltag begegnen Frauen immer noch tradierten Erwartungen.“
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Worin besteht die Relevanz von Female Leadership Coachings in 2025? Oder anders gefragt, was hat Sie motiviert, Dear Monday zu gründen?
Ich habe Dear Monday gegründet, weil ich überzeugt bin: Die Art, wie wir zusammenarbeiten, entscheidet über die Welt, in der wir leben. Progressive Führung ist dabei kein Nischenthema, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit. 2025 stehen wir an einem Punkt, an dem Organisationen tiefgreifende Veränderungen nicht nur technisch, sondern vor allem auch kulturell umsetzen müssen – Arbeitsumfelder und moderne Führung sind kein „Nice-to-have“, sondern elementar für Erfolg und Resilienz. In meiner Karriere habe ich häufig beobachtet, dass Potenzial unsichtbar bleibt und viel Energie in Anpassung statt in Gestaltung fließt. Mit unserem Führungsprogramm, der Female Leadership Academy, bringen wir Frauen im deutschsprachigen Raum zusammen und vermitteln Methoden, um (noch) erfolgreicher zu sein – und dabei authentisch zu bleiben. Elementar dafür sind unsere female only Peer-Groups. Denn hier wird offener, ehrlicher Austausch über berufliche Themen möglich, und alle profitieren vom Erfahrungs- und Wissensaustausch. Gegenseitiger Support ist in meinen Augen ein wichtiger Baustein, um neue Standards für Führung setzen. Heute haben 3.000 Absolventinnen in der Female Leadership Academy von Dear Monday gezeigt, dass genau das geht. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir diesen Raum schaffen können: ein Ort, an dem individuelle Entwicklung und kollektiver Wandel zusammengehören. Für eine Arbeitswelt, in der alle wieder Lust auf Montag haben – in der Zahnarztpraxis, im Unternehmen und allen anderen Bereichen.
Welche Faktoren bremsen Frauen aus, sich in Führungsrollen zu verwirklichen?
Im Arbeitsalltag begegnen Frauen immer noch tradierten Erwartungen, unbewussten Vorurteilen (sogenannten „Biases“) und strukturellen Barrieren. Zum Beispiel ungleiche Karrierechancen, stereotype Rollenzuschreibungen, Abwertungen („die fleißige Biene“ oder „die Zickige“) oder auch fehlende Flexibilität in Arbeitsmodellen. Das führt dazu, dass Frauen sich nicht oder weniger zugehörig fühlen. Diese Hürden halten uns alle auf. Die hindern uns daran, richtig gut zusammenzuarbeiten und stärkenorientiert zu wachsen. Abgesehen davon, dass sie natürlich sehr verletzend sein können und moralisch nicht den Ansprüchen eines gerechten Miteinanders entsprechen.
Vor dem Hintergrund finde ich es vollkommen nachvollziehbar und kenne es auch aus eigener Erfahrung, dass sich innere Barrieren aufbauen, die wiederum die eigene Karriere behindern können: zum Beispiel in Form von Selbstzweifeln, Perfektionismus oder Zurückhaltung, wenn es um die eigenen Interessen und Träume geht. Mir ist wichtig, hier wohlwollend und verständnisvoll zu sein: Die Frauen sind nicht das Problem! Vorbilder spielen eine wichtige Rolle für Veränderung. Was wir sehen können, glauben wir eher und können wir dann mit uns in Verbindung bringen. Mir selbst tut es sehr gut, Frauen zu erleben, die vorleben, wie man mit Klarheit und Wärme sehr erfolgreich ist. Sichtbare, nahbare Frauen genau wie andere Repräsentant/-innen marginalisierter Gruppen in Führungspositionen sind wie Wegweiser: Sie bereichern unsere Vorstellungskraft. Sie sagen nicht nur, sondern sie zeigen: Es geht anders!
Unser Führungsleitbild bei Dear Monday basiert auf drei Säulen:
Selbstführung: Wer andere führen will, muss sich selbst führen können. Reflexion, innere Klarheit und Resilienz sind die Basis.
Beziehungsführung: Gute Führung heißt, Vertrauen zu schaffen, aufrichtige Verbindungen aufzubauen und Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen.
Systemgestaltung: Strukturen immer wieder hinterfragen, anpassen, langfristige Strategien und kurzfristige Pläne entwickeln.
Sie sagen, „Leadership ist mehr als Management“ – was genau heißt das?
Management organisiert Abläufe, Leadership übernimmt Verantwortung für eine positive Vision der Zukunft. Das klingt vielleicht erstmal schwer greifbar, dabei ist es sehr konkret. Ich finde zum Beispiel, gerade in der Medizin, wo die Gesundheit von Menschen und damit ein sehr hohes Gut im Zentrum steht, liegt sehr viel Potenzial für visionäre und visionsgetriebene Arbeit.
Führung bedeutet für mich nicht, die besten Antworten zu haben, sondern die richtigen Fragen zu stellen. Es geht um Sinn, Haltung und den Mut, Menschen über sich hinauswachsen zu lassen. Aber auch darum, Prozesse so zu gestalten, dass sie Menschen nicht aufreiben und demotivieren.
Sie sagen auch, „Female Leadership ist kein Gegeneinander – sondern ein neues Miteinander“. Können Sie das weiter ausführen?
Female Leadership ist kein biologisches Konzept – es ist ein kulturelles. Wir sprechen nicht über „Frauen gegen Männer“, sondern davon, dass wir in einer Academy Orte schaffen, in denen Frauen sich im geschützten Raum über berufliche Themen austauschen können – und auch über Leadership, ihre Karriere und darüber, wie sie richtig was bewegen können. Ich vertrete die feste Überzeugung: Leadership ist nicht nur für Manager/-innen! Sondern für uns alle! Wir alle führen – seien es Meetings, Projekte, Familienleben oder auch einfach unser Leben. Leadership-Kompetenzen gehören in die breite Fläche und jede/-r sollte sich willkommen fühlen, das eigene Leadership-Potenzial zu entdecken!
Traditionelle Führungsbilder sind häufig stark von Kontrolle, Wettbewerb und Hierarchie geprägt. Die Art von Leadership, für die wir von Dear Monday losgehen, steht für Respekt und für Qualitäten wie Kooperation, Integrität und Dialogfähigkeit – und sie ist gleichzeitig sehr effektiv und erfolgreich.
Leadership-Report
Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Appinio veröffentlichte Dear Monday den Report The State of German Leadership 2025. Die Ergebnisse zeigen: In deutschen Führungsetagen steckt ein Systemproblem – kein reines Frauen- oder Generationenproblem. Zu den zentralen Erkenntnissen zählen:
- Nur 60 Prozent der Frauen können sich eine Führungsrolle vorstellen (Männer: 78 Prozent). Gründe: hoher Stress, fehlende Vereinbarkeit und Angst, zu scheitern.
- Frauen starten gestresster in die Arbeitswoche und fühlen sich seltener von Führungskräften inspiriert.
- Fehlende Wertschätzung und schlechte Führung zählen zu den häufigsten Kündigungsgründen.
- Veraltete Führungsbilder schrecken Frauen und die Generation Z gleichermaßen ab.