Branchenmeldungen 19.07.2024

Jung-Zahnärztin nimmt Wurzel­füllungsmaterialien unter die Lupe



Jung-Zahnärztin nimmt Wurzel­füllungsmaterialien unter die Lupe

Foto: Dr. Jacqueline Krempels

Die Berliner Zahnärztin Jacqueline Krempels kombiniert ihren Behandlungsalltag mit Lehr- und Forschungszeiten. Dabei liegt ihr Fokus auf der Endodontie und unter anderem auf dem Thema „3D-Analyse von Wurzelfüllungsmaterialien im Hinblick auf apikale Poreneinschlüsse“. Was genau sie daran reizt und wie sie an die Charité gekommen ist, verrät das folgende Interview.

Jacqueline, welche Herausforderungen stellen apikale Poreneinschlüsse in der zahnmedizinischen Praxis dar?

Für eine erfolgreiche endodontische Behandlung ist die Entfernung von Mikroorganismen durch eine wirksame Aufbereitung, Desinfektion und Obturation des Wurzelkanalsystems erforderlich. Apikale Hohlräume innerhalb der Wurzelfüllung werden als potenzielle Wege für Substrat und Vermehrungsraum für Bakterien angesehen, die Entzündungsreaktionen hervorrufen und zum Versagen der Wurzelkanalbehandlung führen können. Daher soll eine vollständige, dauerhafte flüssigkeits- und bakteriendichte Wurzelfüllung den Raum ausfüllen, der für ein mögliches Bakterienwachstum notwendig wäre, sowie den Zutritt von Nährstoffen aus der periapikalen Gewebeflüssigkeit als auch die Penetration intrakanalärer Toxine verbliebener Keime nach außen unterbinden. Damit soll eine Anlagerung an das gesunde periradikuläre Gewebe ermöglicht werden. Die Häufigkeit und Menge von Hohlräumen innerhalb einer Wurzelfüllung ist sehr variabel und wird von der Qualität der Wurzelkanalaufbereitung, dem Behandler, der Fülltechnik, der Konsistenz des Füllmaterials sowie von den anatomischen Strukturen des Kanals beeinflusst. Obwohl die Beziehung zwischen apikalem Leakage in vitro und dem klinischen Erfolg der endodontischen Therapie noch nicht abschließend geklärt ist, belegen klinische Daten, dass die Prognose einer Wurzelkanalbehandlung bei einer homogenen Wurzelfüllung in einem Bereich von 0 – 2 mm vor dem röntgenologischen Apex positiv beeinflusst wird.


What I Do:

„Mein Behandlungsalltag ist von präventiven und restaurativen Maßnahmen geprägt. Dazu gehören Kontrolluntersuchungen, Therapieplanungen, direkte und indirekte Restaurationen sowie endodontische Behandlungen unter mikroskopischer Vergrößerung. Nach meinem Studium war ich zunächst als Assistenzzahnärztin in einer zahnärztlich-oralchirurgischen Gemeinschaftspraxis in Kirchhain tätig. Im Rahmen meiner Dissertation unter Priv.-Doz. Dr. Roggendorf begeisterte mich die endodontologische Forschung, sodass eine Stelle als Zahnärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin durch die Fusion von Behandlung, Lehre und Forschung eine ideale Kombination für mich darstellte. Dabei bietet die Charité – Universitätsmedizin Berlin als Standort mit ihren vielfältigen Forschungsmöglichkeiten einzigartige Voraussetzungen für herausragende Wissenschaft.“ – Jacqueline Krempels


Welche Kriterien müssen Wurzelfüllungsmaterialien für einen optimalen Einsatz erfüllen?

Experten sind sich einig, dass Wurzelfüllungsmaterialien, insbesondere Wurzelkanalfüllpasten (Sealer), biokompatibel, dimensionsstabil, versiegelungstauglich, unempfindlich und unlöslich gegenüber Gewebeflüssigkeiten als auch bakteriostatisch, röntgenopak und revidierbar sein sollten. Zusätzlich sollten sie eine adäquate Abbindezeit und ein ausreichendes Fließverhalten aufweisen, um offene Dentintubuli, kleine Hohlräume, Unebenheiten, Isthmen und Verzweigungen des Wurzelkanalsystems auszufüllen. Klinisch sind insbesondere eine geringe Löslichkeit und die langfristige Dimensionsstabilität entscheidend, da eine Auflösung zur Freisetzung von Bestandteilen führen kann, die das periapikale Gewebe reizen und eine dauerhafte bakteriendichte Versiegelung des Wurzelkanals durch die Bildung von Lücken beeinträchtigen können.


Das hat mich inspiriert!

„Prof. Dr. Kerstin Bitter und Prof. Dr. Paul Zaslansky zeigten mir in meiner Anfangszeit an der Charité µCT-Scans von gefüllten Wurzelkanälen, deren detailgetreue Darstellung mich sofort faszinierte. Daraufhin bemühte ich mich sehr intensiv darum, einen KI-gestützten Ablauf zu entwickeln, um die abgebildeten Phasen zu segmentieren. Durch die ansprechenden, farbenreichen Darstellungsoptionen und die Vorzüge der vielfältigen Erweiterungsmöglichkeiten begeistere ich mich nach wie vor für die dreidimensionale Analyse und freue mich über die Fortschritte.“


Was bietet eine 3D-Analyse von Wurzelfüllungsmaterialien im Vergleich zu herkömmlichen Analysemethoden?

Herkömmliche Analysemethoden zur Bewertung des apikalen Leakage von Wurzelfüllungen sind die lineare Farbstoffpenetration sowie Sektionierung und Analyse durch mikroskopische Vergrößerung. Diese Methoden sind meist destruktiv und können durch die Partikelgröße und Penetrationskapazität der kompatiblen Marker oder durch die vorangegangene Spaltung der Wurzel und weitere unkontrollierte Störfaktoren beeinflusst werden.

Aktuell ist die nondestruktive dreidimensionale Bildgebung die favorisierte Methode zur Analyse der Qualität von Wurzelfüllungen. Sie ermöglicht eine hochgenaue, reproduzierbare und zuverlässige Visualisierung des gesamten 3D-Objekts sowie der einzelnen Bestandteile und erlaubt eine direkte Berechnung der Volumina von Wurzelfüllungsmaterialien und Hohlräumen mithilfe Software-basierter Arbeitsschritte, die durch die Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz vereinfacht werden können. Die Daten liegen digital vor und ermöglichen eine quantitative und qualitative Analyse des anatomisch heterogenen Kanalraums in jeder beliebigen Ebene über mehrere Zeitabschnitte.

Dieser Beitrag ist in der dentalfresh 2/24 erschienen.

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper