Branchenmeldungen 20.11.2015
Neue Ziele für die Berufspolitik
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Unter dem Titel „Quo vadis? Zahnärztestruktur in Oberösterreich“ hat sich der Präsident deren Zahnärztekammer, OMR Dr. Wolfgang Doneus, auch seit Jahren Präsident des CED (Council of European Dentists mit 350.000 zahnärztlichen Mitgliedern), zu den großen Herausforderungen für die zahnärztliche Berufspolitik der nächsten Jahre, besonders auch in Österreich, in der ÖZZ 9/2015 geäußert.
Ohne Dr. Doneus in letzter Zeit persönlich gesprochen zu haben und ohne seine berufspolitischen Pläne – besonders in Richtung Österreichischer Zahnärztekammer – zu kennen, liest sich vieles im ÖZZ-Beitrag wie ein Regierungsprogramm für die Zahnärztekammer-Politagenda der nächsten Jahre. Drei zentrale Stoßrichtungen verfolgt Doneus, die erst in letzter Zeit in der österreichischen Kammerpolitik Fuß zu fassen beginnen, aber noch nicht in der von ihm definierten, klaren Dimension. Neue Praxisformen – hier in Richtung der Öffnung von Gemeinschaftspraxen oder Praxisgemeinschaften. Doneus führt hier als Begründung die berufliche Zielprojektion junger Zahnärzte an, die laut ihm „qualitativ hochwertige Versorgung durch verstärkte Kooperation in geteilter Verantwortung mit breitem Datenaustausch“ anstreben. Aber auch die Thematik, den zahnärztlichen Beruf für die zahlreichen Frauen als Zahnmedizinerinnen – es werden bald mehr als 50 Prozent auch in Österreich – im Spannungsfeld zur Familienverantwortung kompatibel zu gestalten, ruft nach Öffnung z.B. der Möglichkeit der Anstellung von Zahnärzten in Praxen und entsprechend liberalen Kooperationsformen. Natürlich kann man viel weitergehen in der Öffnung bis hin zu Praxisketten und Klinik-Verbünden.
Spezialisierungen, die zunehmend nach Doneus die Zahnmedizin in der Oralchirurgie, Kieferorthopädie, Endodontie, Parodontologie und über digitale Technologien die Entwicklung bestimmen, „brauchen entsprechende Rahmenbedingungen“. Vor allem brauchen sie eine solide Weiterbildungsgrundlage hin zum universitär gesicherten Fachzahnarzt und nicht nur in selbst ernannten oder verbandsbestimmten sogenannten „Spezialisierungen“. Ablehnung von Primärversorgungszentren in der Zahnmedizin und von verstärkter Leistungsübertragung an Assistenzberufe, dafür eine totale Neufassung des Kassenleistungskatalogs in der Zahnheilkunde will Doneus durchgesetzt sehen. Die Kassen haben in der direkten Erbringung zahnärztlicher Leistungen nichts zu suchen, und wenn Kassen beginnen, ihre Ambulatorien zu umfassenden Therapiezentren auszubauen, dann kann die Antwort ganz einfach nur „Ausstieg aus dem System“ heißen. Bei einer Neufassung des Leistungskatalogs bedarf es realistischer Leistungsbeschreibungen und entsprechender Honorare, wobei vor allem auch die zunehmende Rolle der Prävention neu bestimmt werden muss. Aufgrund der begrenzten Mittel in der Sozialversicherung für die Zahnheilkunde ist das System nur im Rahmen von Mehrkostenvereinbarungsmöglichkeiten und Festzuschusslösungen anhand des vorab definierten Leistungsvolumens für den Zahnarzt gerecht gestaltbar.
Zu einem Ausstieg noch eine kleine Nebenbemerkung: Es muss sehr ernsthaft die Frage geprüft werden, ob die Mehrheit der niedergelassenen Zahnärzte, die glauben, dauerhaft „im System der Steinzeit“ gut leben zu können, diesen mitmachen würden. Insgesamt aber beginnt sich die Berufspolitik den entscheidenden Themen zu stellen.