Branchenmeldungen 19.02.2025
EuGH-Urteil: Signalwirkung für das Gesundheitswesen
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Dieses Interview ist unter dem Originaltitel „Selbstverständlich hat das EuGH-Urteil Signalwirkung für das Gesundheitswesen“ in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.
Der deutsche Gesetzgeber hat Rechtanwaltsgesellschaften einem Fremdbesitzverbot unterworfen. Dieses untersagt es der Anwaltschaft, reine Kapitalinvestoren in ihre Kanzleien zu holen. Damit soll die anwaltliche Unabhängigkeit gestärkt und die anwaltliche Berufsausübung vor Einflussnahme von Investoren auf die Mandatsführung und -auswahl unter Rentabilitätsgesichtspunkten geschützt werden. Nach eingehender Prüfung bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2024 diese Regelung. Demnach darf ein Mitgliedstaat die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Rechtsanwaltsgesellschaft verbieten. Was das Ganze mit der Zahnmedizin zu tun hat – darauf geht Konstantin von Laffert, Vizepräsident der BZÄK und Präsident der Zahnärztekammer Hamburg, im Interview ein.
Herr von Laffert, die zahnärztliche Standespolitik fordert seit Jahren eine gesetzliche Regulierung von Fremdinvestoren im Gesundheitswesen. Der neue Beschluss des EuGH in Bezug auf die anwaltliche Unabhängigkeit sollte Ihrer Meinung nach auch für die Reglementierung der Investorenbeteiligung an Zahnarztpraxen gelten. Tut es aber nicht. Warum?
Wir sehen hier einen klaren Widerspruch: Es ist nicht erklärbar, warum ein Fremdbesitzverbot für den Betrieb einer Anwalts-GmbH zulässig sein soll, für den Betrieb einer Zahnheilkunde-GmbH jedoch nicht. Will eine GmbH anwaltlich tätig sein, braucht sie dafür eine Genehmigung. Der EuGH hat nun bestätigt, dass es für diese Genehmigung unter anderem legitim ist, gesetzlich zu fordern, dass die Anwalts-GmbH nicht von Fremdinvestoren gesteuert werden darf. Obwohl niemand ernsthaft bezweifeln kann, dass es für die Patienten unabdingbar ist, dass bei deren Behandlung medizinische Gesichtspunkte und nicht mögliche Finanzinteressen Dritter im Vordergrund stehen müssen, gibt es in der Zahnheilkunde eine vergleichbare Regelung nach wie vor nicht. Zum Schutze der Patienten muss also auch die durch eine GmbH ausgeübte Zahnheilkunde vor Fremdinvestoren geschützt werden.
Könnte das Urteil Signalwirkung für weitere Regulierungen im Gesundheitswesen haben?
Selbstverständlich hat das Urteil des EuGH Signalwirkung auch für das Gesundheitswesen, weil der Gesetzgeber sich nun nicht mehr darauf zurückziehen kann, dass es europarechtlich schwierig sein könnte, Finanzinvestoren im Gesundheitswesen zu regulieren. Genau das ist aber möglich, bestätigt nun der EuGH. Einen Unterschied zwischen der anwaltlichen und der medizinischen Unabhängigkeit sehe ich dabei nicht.
Die BZÄK hat aktuelle Vorschläge zur Regulierung der Investorenbeteiligung im Gesundheitswesen vorgelegt. Können Sie uns etwas zu diesen Vorschlägen sagen und welche Rolle sehen Sie für die Politik bei der Umsetzung?
Gemeinsam mit der KZBV haben wir Lösungsvorschläge vorgelegt, die zum einen auf eine stärkere Regulierung von investorengetragenen MVZ im SGB V abzielen, deren Trägergesellschaften häufig als GmbH fungieren. Zum anderen fordern wir vom Gesetzgeber, dass er analog zu den anwaltlichen Regelungen die Ausübung der Zahnheilkunde durch beispielshalber eine GmbH reguliert und unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt. Dazu zählt nicht nur ein Fremdbesitzverbot, sondern beispielsweise auch, dass jegliche Änderungen an den gesellschaftsrechtlichen Verknüpfungen der Behörde vorgelegt werden muss. Liegen die Voraussetzungen für eine Zahnheilkunde-GmbH wie eine Mehrheit der Anteile in Zahnarzthand nicht mehr vor, kann die Genehmigung auch zurückgenommen werden. Regelungsort hier wäre das Zahnheilkundegesetz. Eine neue Bundesregierung wird sich auch daran messen lassen müssen, wie sie mit den seit Jahren vorliegenden Vorschlägen umgehen wird.