Branchenmeldungen 20.02.2023
Nachfolger gesucht: Speeddating für die Laborübernahme
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Ein Interview mit Michael Knittel, Zahntechniker-Innung Düsseldorf.
Auch die letzten Zahntechniker der Generation Babyboomer machen sich langsam, aber sicher in Richtung Ruhestand auf. Da heißt es: Nachfolger gesucht! Um der steigenden Zahl an Laborschließungen entgegenzuwirken, hat die Zahntechniker-Innung Düsseldorf die Dentallaborbörse gegründet. Somit können Interessierte Beteiligungsmöglichkeiten an bestehenden Betrieben finden. Ob Anmietung eines Arbeitsplatzes, Teilhaberschaft, sofortige oder spätere Übernahme – ganz gleich! Im nachfolgenden Interview beschreibt ZID Geschäftsführer Michael Knittel, welche Idee hinter der Börse steckt, was ihn antreibt und wie erfolgreich das Konzept umgesetzt und angenommen wird.
Herr Knittel, die Zahntechniker- Innung bietet ihren Mitgliedern mit der Laborbörse eine Art Speeddating für die Laborübernahme an. Wie kann man sich dies vorstellen? Wie läuft der Prozess ab?
Zunächst einmal bedanke ich mich für Ihre Anfrage. Es freut mich sehr, dass Sie auf unsere wichtige Arbeit aufmerksam geworden sind, denn das zeigt mir, dass wir auch „draußen“ sehr gut sichtbar sind. Zunehmend wurde mir in den vergangenen Jahren die Frage nach einem Nachfolger für das „Lebenswerk Labor“ gestellt. Vielen Inhabern ist es wichtig, dass für die Mitarbeiter und auch die Kunden der passende Nachfolger für das Labor gefunden wird, damit der Betrieb in der nächsten Generation erfolgreich weitergeführt werden kann. Wir haben hierzu über unseren nahezu täglichen Innungsnewsletter dazu aufgerufen, dass sich Labore bei uns melden können, die von der Erfahrung des Betriebsberaters der Handwerkskammer Düsseldorf profitieren und auch meinen hervorragenden Kontakt zu den Laboren nutzen möchten. Terminiert wurden sechs Beratungsgespräche à eine Stunde, um zunächst eine Übersicht über den Ablauf zu erhalten. Danach wurde dann das Labor mit der speziellen Bewertung der Handwerkskammern für kleine und mittlere Betriebe rechtssicher für Verkäufer und Käufer, meistens erstmalig, bewertet. Im Anschluss wurde eine individuelle Laboranzeige erstellt und diese sowohl auf der Seite der Handwerkskammer Düsseldorf als auch auf der Website der ZID veröffentlicht oder exklusiv den Innungsmitgliedern per Mail übersandt. So gestaltete sich das Speeddating mit Herrn Gerd Fahrendorf, Betriebsberater der HWK. Haben sich dann Interessenten gemeldet, wurden die Verkäufer über diese Kontaktaufnahme umgehend informiert und konnten erste Termine für ein Kennenlernen abstimmen.
Warum haben Sie damals dieses Angebot entwickelt? Welche Rolle spielte dabei der Fachkräftemangel?
Die Zahntechniker-Innung ist die erste Anlaufstelle für die Labore. Daher wurde mir auch die Frage, „wie regele ich eigentlich meine Nachfolge im Labor“, immer wieder gestellt. Die demografische Entwicklung ist uns ja allen bekannt. Das Ergebnis einer Studie besagt, dass in den kommenden fünf Jahren etwa 125.000 Handwerksbetriebe und rund 78.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen. Bis 2030 werde die Zahl schrittweise weiter ansteigen. Hier tatenlos zuzusehen wäre fatal, denn auch die zahnärztlichen Kunden benötigen weiterhin „ihren Zahntechniker“ für hervorragende zahntechnische Arbeiten. Zusehen, dass die Labore einfach so geschlossen werden, das konnte es nicht sein.
Durch die Bewertung, Veröffentlichung und Vemittlung beugen wir in gewisser Weise auch dem akuten Fachkräftemangel vor, denn zahlreiche Laborinhaber erweitern gerade ihre Anzahl der Arbeitskräfte und den Standort durch den Zukauf eines weiteren Labors. Der alte Inhaber kann dann noch eine gewisse Zeit weiter begleiten. Dort greifen dann möglicherweise geringe Neustrukturierungen und das Thema Fachkräftemangel wird, bei gleichbleibender oder mehr Arbeit im Labor, aktiv von den Laboren angegangen.
Wie sieht es mit der Erfolgsbilanz Ihres Angebots aus?
Die Erfolgsbilanz lässt sich sehen und ich bin darauf auch ein wenig stolz. Ich freue mich mit den Inhabern, wenn ein „Deal“ erfolgt ist. Natürlich braucht man einen längeren Atem. Wer sich im November entscheidet, sein Labor zum 31.12. verkauft zu haben, der wird höchstwahrscheinlich enttäuscht werden. Die Verkäufer sollten durchaus etwa ein bis zwei Jahre Vorlaufzeit einplanen. Schließlich sind ja auch noch weitere wichtige Aspekte wie Mitarbeiter, Steuern, Verträge usw. zu beachten und zu erstellen. Die Laborinhaber bedanken sich und finden es gut, wenn zum Ende der aktiven Erwerbstätigkeit die HWK und Innung tatkräftig unterstützen können. In der kommenden Ausgabe der ZWL – Zahntechnik Wirtschaft Labor berichten Sie ja über erfolgreiche Vermittlungen. Beide habe ich persönlich begleitet und war aktiv beteiligt. (Anm. d. Red.: Die nächste Ausgabe der ZWL erscheint am 24. Februar 2023.)So ganz uneigennützig mache ich das natürlich nicht, denn wie wir alle wissen, sind unsere Innungsmitglieder alle freiwillig in der Innung organisiert. Damit und auch durch die sich täglich ergebenden Fragen sichern wir als Team in der Innung auch den sehr gut aufgestellten Fortbestand und die Struktur der Innung Düsseldorf, die zahlenmäßig von den Betrieben deutschlandweit mittlerweile die stärkste Innung ist. Das ist Ansporn und Herausforderung zugleich, macht aber auch riesigen Spaß.
Begleiten Sie die Nutzer dieses Angebots auch über die Vermittlung hinaus?
Nun, wir als Innung fangen sehr früh mit der Begleitung an, denn schon in der Berufsschule bei den Auszubildenden stellt sich die Innung vor und ist Ansprechpartner. Das geht dann ebenso in der Meisterschule weiter. Auch hier haben wir vor Kurzem erst einen speziellen BEL-Abrechnungskurs durchgeführt, um die angehenden Meister intensiv mit der Fachkompetenz in der Abrechnung auszustatten.
Nach der bestandenen Meisterprüfung kommt dann die Anfrage, ob es Labore zur Übernahme gibt. In dem Moment schlägt mein Herz höher und die Vermittlung und Beratung beginnt. Natürlich gibt es in der Phase der Existenzgründer zahlreiche Fragen, aber auch hier, und das war ja Ihre Frage, begleiten wir die Existenzgründer intensiv, egal, ob Kaufvertrag, Businesspläne, Finanzierungen, Eintragung in die Handwerksrolle, Arbeitsverträge. Die Zahntechniker-Innung Düsseldorf steht für alle Fragen, die sich ergeben, zur Verfügung.
Welchen Stellenwert nimmt die Innung heutzutage innerhalb des Zahntechniker-Handwerks ein? Können Sie in wenigen Sätzen schildern, wie wichtig die Arbeit als Innung ist?
In wenigen Sätzen ist aber eine ganz besondere Herausforderung, ich möchte fast als Leitsatz sagen, ohne Innung geht es nicht!
Betrachtet man andere Handwerksberufe, ist es fast immer eine Selbstverständlichkeit, sich in einer Innung zu organisieren und die Organisationsgrade sind sehr hoch. Warum sollte es in der Zahntechnik anders sein? Gibt es doch gerade in unserem Berufsstand viele gute Gründe dafür.
Die Mitgliedschaft in einer Handwerksinnung heute ist, im Gegensatz zu den Zünften im Mittelalter, freiwillig. Ein modernes Gesundheitshandwerk, zudem vom Gesetzgeber eingebunden in die Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung, benötigt gerade heute eine starke Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Nur eine starke, solidarische Gemeinschaft kann die Interessen ihrer Mitglieder vertreten – ohne Innung geht es nicht!
Die Zahntechniker-Innung und der VDZI vertreten ihre Mitglieder als standespolitische Organisationen unter anderem gegenüber der Politik, den Zahnärztekammern, den kassenzahnärztlichen Vereinigungen und der Industrie und sind Verhandlungspartner der Krankenkassenverbände bei den Preisverhandlungen. Wären die Zahntechniker nicht organisiert, hätten sie keinerlei Einfluss auf die Rahmenbedingungen, unter denen sie selbst handeln können. Der Zahntechnikerberuf ist ein Gesundheitshandwerk und unterliegt somit besonderen gesetzmäßigen Bestimmungen. Der Innungsverband hat die Möglichkeit, diese Bestimmungen mitzugestalten und somit Einfluss auf die Gesundheitspolitik zu nehmen. Diese Solidarität muss auch zukünftig bewahrt werden!
Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.