Branchenmeldungen 05.10.2023

„Unser Handwerk ist keinesfalls angestaubt“



„Unser Handwerk ist keinesfalls angestaubt“

Foto: Firma PicNicAl / Nico Albrecht

In der nationalen wie internationalen Fachwelt genießt der Klaus-Kanter-Förderpreis ein hohes Ansehen. Mit ihrer Meisterarbeit sicherte sich Zahntechnikermeisterin Juliane Albrecht von Dental Design Björn Roland aus dem rheinland-pfälzischen Klein-Winternheim bei Mainz den „Oscar der Zahntechnik“ 2023. Die ZT-Redaktion sprach exklusiv mit dem jungen Talent über die Teilnahme am Wettbewerb und ihre Leidenschaft für das Handwerk.

Frau Albrecht, herzlichen Glückwunsch zum 1. Platz! Warum haben Sie sich ursprünglich für das Zahntechniker-Handwerk entschieden und was begeistert Sie tagtäglich am meisten?

Danke sehr! Meine Begeisterung für das Zahntechniker-Handwerk habe ich durch ein Schülerpraktikum entdeckt. Ich wollte schon immer im sozialen Bereich arbeiten, aber auch kreativ sein und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung haben – daher war der Beruf des Zahntechnikers genau richtig für mich. Und auch jetzt nach einigen Berufsjahren ist kein Tag wie der andere, es wird nie langweilig und ist immer aufs Neue herausfordernd, kreativ und spannend.

Woher stammte Ihre Motivation, am „Oscar der Zahntechnik“ teilzunehmen, und worauf haben Sie bei Ihrer Prüfungsarbeit im Detail geachtet?

Schon gleich zu Beginn der Meisterschule war mein Ehrgeiz geweckt, am Klaus-Kanter-Preis teilzunehmen. Meine Prüfungsarbeit sollte daher Aufmerksamkeit erregen und mit vielen kleinen Details punkten – wie z. B. beim 28er, den ich mit zwei Goldinlays und einem individualisierten Zahnfleisch abgerundet habe. Zudem habe ich die Meistermappe sowie die gesamten Arbeitsunterlagen mit einem besonderen Farbkonzept versehen, welches mit der Zahnfarbe der einzelnen Arbeiten abgestimmt war. Die gesamte Arbeit sollte eine runde Sache sein: Ästhetik, Funktion und kleine Highlights obendrauf.

Nach Bestehen der Prüfung, als Beste der Meisterschule Hessen der Zahntechniker-Innung Rhein-Main, habe ich meine Arbeit dann bei der Jury der Klaus-Kanter-Stiftung eingereicht und bin nun überglücklich, dass es geklappt hat und mein Traum in Erfüllung gegangen ist!

Gab es besondere Herausforderungen für Sie?

Ja, die gab es durchaus – zum Beispiel die KFO-Arbeit: Da ich im Alltag damit gar keinen Kontakt habe, ging mir das Biegen, trotz üben, nicht so schnell von der Hand, wie ich es mir gewünscht hätte – das hat mich am letzten Tag der Prüfung noch einige Nerven gekostet. (lacht)

Auch vor dem Gießen und Löten hatte ich einigen Respekt, da ich auch dabei keine Routine mehr hatte und in den Probewochen zuvor das ein oder andere schiefging. Aber zum Glück lief zur Prüfung alles gut.

Thema Support aus den eigenen Reihen: Welche Unterstützung haben Sie vonseiten Ihres Labors erhalten?

 Auch da hatte ich riesiges Glück. Mein Labor Dental Design Björn Roland hat mich in allen Dingen super unterstützt. Sei es der Chef selbst, der mir mit Rat und Tat immer zur Seite stand, als auch meine Kollegen, die zum Teil bis spät in den Abend mit mir getüftelt und geübt haben. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich das komplette technische Repertoire und viele Materialien des Labors nutzen durfte. Ich denke, ohne diesen Support wäre das Ganze in diesem Maße gar nicht möglich gewesen.

Könnten Sie sich vorstellen, sich zukünftig auch selbstständig zu machen?

 Grundsätzlich wäre es gerade jetzt nach dem Gewinn des Klaus-Kanter- und des PEERS-Preises die ideale Gelegenheit, sich selbstständig zu machen, aber aktuell habe ich ganz andere Pläne: Zunächst möchte ich noch die Ausbildung zum internationalen Meister abschließen und die Welt der Zahntechnik in anderen Ländern kennenlernen bzw. dort mein Know-how weitergeben.

Das Thema Fachkräftemangel ist in aller Munde, auch das Zahntechniker-Handwerk ist betroffen. Worin sehen Sie Optimierungsmöglichkeiten in Bezug auf das Image des Berufs in der Gesellschaft und welche (Kommunikations-) Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach Verbesserungen bringen?

Das ist tatsächlich ein wichtiges Thema, da es in vielen Laboren an Unterstützung durch ausreichend Fachkräfte mangelt und sich die Arbeit bis unter die Decke stapelt.

An sich ist unser Beruf sehr vielfältig und attraktiv, allerdings habe ich das Gefühl, dass er in der Gesellschaft generell noch nicht den Bekanntheitsgrad hat, den er haben müsste, um genügend neue Azubis zu gewinnen oder auch Umschüler zu motivieren. Oftmals werde ich für eine Zahnärztin oder Zahnmedizinische Fachangestellte gehalten, da den meisten gar nicht bewusst ist, dass es für Zahnersatz ein eigenes Handwerk gibt.

Auch in den sozialen Netzwerken bewegt sich unser Berufszweig zumeist in seiner eigenen digitalen Blase. Ich denke, gerade da müssen wir für die Jugend nach außen deutlich sichtbarer werden, sei es via TikTok, Instagram oder weiteren sozialen Medien. Wir müssen auffallen, faszinieren und konkret zeigen, dass unser Handwerk keinesfalls angestaubt ist, sondern sich stetig weiterentwickelt.

Digitalisierte Arbeitsabläufe, künstliche Intelligenz, veränderte Auftragslage für Labore: Wie wird sich die Arbeit des Zahntechnikers verändern und wie gehen Sie damit um?

Die Digitalisierung sehe ich als große Chance und Unterstützung in unserem Berufsfeld. Sie kann helfen, einen stetig reproduzierbaren Qualitätsstandard in den verschiedensten Arbeitsabläufen zu schaffen und dabei durchaus Zeit (z. B. Einsparung des einen oder anderen Versandganges dank digitaler Abformung) und Material (z. B. Ausbleiben von Fehlgüssen durch präziseres Planen) sparen.Auch die Visualisierung und Kommunikation mit dem Behandler oder auch dem Patienten selbst ist durch die Digitalisierung deutlich verbessert und kann die Zusammenarbeit erleichtern, wenn nicht sogar auf ein neues Level heben.

Arbeitsplätze sehe ich durch die Digitalisierung nicht gefährdet, ganz im Gegenteil: Sie hilft sogar, den Fachkräftemangel etwas zu kompensieren und den Beruf noch attraktiver zu machen. Auch die Kreativität wird im digitalen Bereich immer möglich sein, nicht nur im analogen. Digitalisierung bedeutet für mich Fortschritt, es ist wichtig, sich mit ihr auseinanderzusetzen.

Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

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