Branchenmeldungen 11.03.2025
Versorgungssicherheit: Bundesrat will Grundversorgung stärken
Eine gute Versorgung der Schweiz mit Medikamenten und anderen medizinischen Gütern ist für die Bevölkerung und für ein funktionierendes Gesundheitssystem zentral. Der Bundesrat teilt das generelle Anliegen der Initiative «Ja zur medizinischen Versorgungssicherheit» und will die Versorgung mit wichtigen Heilmitteln stärken. Der Bundesrat beurteilt die Initiative jedoch als zu wenig wirksam und zielgerichtet, um die Versorgungslage zu verbessern. Darum lehnt er die Volksinitiative ab und hat an seiner Sitzung vom 19. Februar 2025 das EDI beauftragt, bis im Sommer 2025 einen direkten Gegenentwurf auszuarbeiten. Dieser soll gezielt dort ansetzen, wo der Handlungsbedarf am dringendsten und die Wirkung am grössten ist, nämlich bei günstigen und häufig genutzten Medikamenten der Grundversorgung. Ausserdem möchte der Bundesrat mit dem Gegenentwurf Lücken in den Zuständigkeiten zwischen Bund, Kantonen und Wirtschaft schliessen.
Die im Herbst 2024 eingereichte Volksinitiative will die Versorgung mit wichtigen Heilmitteln und medizinischen Gütern verbessern und die Zuständigkeit für die Versorgungssicherheit dem Bund übertragen. Die inländische Erforschung, Entwicklung und Herstellung von wichtigen Heilmitteln soll gefördert werden. Es sei auch sicherzustellen, dass genügend Vorräte gehalten und die damit beauftragten Unternehmen dafür angemessen abgegolten werden. Zudem soll der Bund zusammen mit dem Ausland zuverlässige Lieferketten sicherstellen sowie für den geordneten Vertrieb und die Abgabe von wichtigen Heilmitteln in allen Landesgegenden sorgen.
Die Versorgung mit medizinischen Gütern zu stärken, ist auch dem Bundesrat ein zentrales Anliegen. Er setzt aber auf einen direkten Gegenentwurf, der dem Bund dort mehr Kompetenzen gibt, wo diese heute fehlen und der Markt allein keine lückenlose Versorgung gewährleisten kann. Am häufigsten treten Versorgungsengpässe bei den günstigen Medikamenten auf, jenen mit abgelaufenem Patentschutz. Dazu gehören zum Beispiel Schmerzmittel, Impfstoffe oder Antibiotika. Ausgerechnet da kann der Bund heute aber mangels Versorgungskompetenzen nicht tätig werden. Er kann erst bei drohenden schweren Mangellagen lebenswichtiger Medikamente sowie in Epidemien/Pandemien zur Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten aktiv werden. Mit dem direkten Gegenentwurf erhält der Bund einen entsprechenden verfassungsmässigen Auftrag, den er in Zusammenarbeit mit den Kantonen und unter Einbezug der Wirtschaft umsetzt. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, bis im Sommer die Vernehmlassungsvorlage dazu auszuarbeiten.
Gemäss den heutigen Zuständigkeiten sind die Kantone grundsätzlich für die Gesundheitsversorgung verantwortlich und die Sicherstellung der Versorgung mit Heilmitteln und medizinischen Gütern ist primär Aufgabe der Wirtschaft. Der Markt gewährleistet jedoch keine lückenlose Versorgung – und die Möglichkeiten der Kantone, den oft auch internationalen Ursachen und Auswirkungen von Versorgungsstörungen effektiv entgegenzutreten, sind beschränkt. Der Bundesrat teilt deshalb das generelle Anliegen der Initiative, die Kompetenzen des Bundes zu stärken. Der Initiativtext ist aber zu offen formuliert und droht darum wirkungslos zu bleiben. Ausserdem umfasst die Initiative auch Bereiche, die sich nicht auf die vorrangigen Versorgungsprobleme beziehen. Beim Vertrieb oder bei der Förderung von Forschung und Entwicklung sieht zum Beispiel der Bundesrat keinen Handlungsbedarf durch den Bund. Er möchte fokussiert dort ansetzen, wo zentrales staatliches Handeln am effektivsten ist.
Der Bundesrat hat bereits in den letzten Jahren verschiedene Massnahmen zur Stärkung der Versorgung mit medizinischen Gütern beschlossen: Im Frühling 2023 hat der Bund rasch wirksame Massnahmen getroffen, etwa mit der Teilabgabe von Medikamenten und einer einfacheren Vergütung bei Importen von Arzneimitteln. Und im August 2024 hat der Bundesrat ein Massnahmenpaket verabschiedet, das z. B. die Erweiterung der Pflichtlager für lebenswichtige Arzneimittel betrifft. Zudem sollen mit Herstellern Kapazitätsverträge abgeschlossen werden, um die Produktion einer gewissen Menge eines Medikamentes sicherzustellen.
Expertengruppe
Um gezielt weitere Massnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln zu eruieren, hat das EDI im letzten Herbst eine zehnköpfige Expertengruppe eingesetzt. Sie wurde damit betraut, die bisherigen Arbeiten zu sichten und die Massnahmen zu priorisieren. Falls notwendig, soll die Expertengruppe bis Ende 2025 zusätzliche Massnahmen zuhanden des Bundesrats erarbeiten, die kurz- und mittelfristig umgesetzt werden können. Präsident der Expertengruppe ist Bernhard Pulver, Verwaltungsratspräsident der Inselgruppe und von 2006 bis 2018 Regierungsrat des Kantons Bern.
Quelle: Der Bundesrat, Amt für Gesundheit