Branchenmeldungen 08.11.2017
Blick in die Zukunft der Zahntechnik
Die digitalen Netzwerker der DentalTheke richteten beim „Strategieforum 2017“ am 27. Oktober in Hannover gemeinsam den Blick in die Zukunft und gingen der Frage nach: Wie bereitet sich ein zahntechnischer Betrieb auf die Zukunft vor? Über 100 Teilnehmer folgten der Einladung. Das Forum stand unter dem Motto „Wandel sehen. leben. nutzen.“ und die Beiträge entsprechend ausgerichtet.
Der digitale Markt buhlt um die Gunst der Daten
Der Geschäftsführer der DentalTheke, ZTM Alfred Schiller, gab in seiner Begrüßungsrede seine Freude darüber zum Ausdruck, dass er, neben den Teilnehmern und weiteren Gästen aus mehreren Bundesländern, auch Herrn Lutz Wolf als Ehrengast begrüßen durfte. Denn unter Lutz Wolf, als ehemaligem Obermeister der ZINB, wurde bereits ab dem Jahr 2006 der digitale Markt beobachtet und fortlaufend in der Innung analysiert. Ab 2009 ging die ZINB in die Umsetzungsphase zur Schaffung eines digitalen Marktplatzes als exklusives Netzwerk der zahntechnischen Innungslabore, zunächst nur über die ZINB-Website. 2012 wurde das Netzwerk an die digitalen Medien angepasst und trat final ab 2013 mit einer eigenen Internetplattform und Internet-App unter dem Firmennamen „DentalTheke“ auf. Seither sind fast fünf Jahre vergangen und die DentalTheke etabliert sich immer mehr am Markt. Unterstützt werden die Netzwerker von dentalen Werbepartnern, die sich dem Zahntechniker-Handwerk als Geschäftspartner verpflichtet sehen. Darüber hinaus sind bereits sechs Zahntechniker-Innungen bei der DentalTheke dabei.
Herr Schiller stellte fest, dass der digitale Markt immer mehr um die Gunst der Daten buhlt und dabei leider öfter auch die rote Linie der guten Sitten überschritten wird. Die Bildung von Netzwerken mit gemeinsamer Zielsetzung gewinnt zunehmend an Bedeutung. „Vor allem der persönliche Austausch unter den Kollegen wird in Zeiten von Social Media, mit meist nur kurz geposteten Informationen, schon zur Herausforderung. Beides optimal zu verknüpfen und zu pflegen, sind die Aufgaben unserer Zeit.“
Aggressiver Datenkampf
Frank Schollmeier, Obermeister der ZINB, bestätigte in seinem Grußwort die Schilderung der aktuellen Situation und verdeutlichte die Marktschärfe durch viele neue Mitbewerber und immer neuere Computersysteme im Zahnersatzmarkt. Über die Schilderung der Systementwicklungen in den letzten zehn Jahren und der Entstehungsgründe für die DentalTheke resümierte er, dass nur ein Zusammenschluss von Gleichgesinnten als Partner dem aggressiven Markt entgegentreten könne. Einer allein sei dem völlig hilflos ausgeliefert. Die aktuellen Laborstrukturen bestätigten diesen Trend. Es finde eine Konzentration in der Zahntechnik statt. „Zu beobachten ist vermehrt, dass die Industrie als Mitbewerber, neben den Handelsketten, die aus dem Ausland Zahnersatz beziehen, und den Praxislaboren, immer größere Marktanteile durch geschlossene digitale Systeme an sich bindet.“
Darüber will die DentalTheke informieren und aufklären und hat dafür die entsprechenden Experten zu diesem Strategieforum eingeladen, so Herr Schollmeier. Der Laborinhaber soll vor einer Entscheidung über analoge oder digitale Produkte in Eigen- oder Fremdfertigung wissen, was der Markt bietet und was seine Laborstruktur zulässt. Besonderen Dank sprach er Herrn Schiller aus, der die Arbeit für die DentalTheke völlig ehrenamtlich, ohne finanziellen Ausgleich, ausführt. Dies vor allem, weil ihm die Eigenständigkeit des Zahntechniker-Handwerks aus innerer Überzeugung heraus wichtig ist.
Wir in der DentalTheke schauen nach vorn
„Wir schauen nach vorn, genau wie Hannover 96 und RB Leipzig sich in der Fußballbundesliga nach vorne spielen“, begann Carsten Müller seine Moderation. Müller, selbst aus Leipzig, wo er ein 65 Mitarbeiter starkes Labor führt, ist seit Jahren der DentalTheke und der ZINB freundschaftlich verbunden. In seiner ungezwungenen, lockeren und mit Humor gespickten Art stellte er die Referenten vor und führte durch die Veranstaltung. Herr Müller bedankte sich im Vorfeld beim Vorstand und den Mitarbeitern der ZINB für deren Arbeit, die besonders davon geprägt sei, sich an den wirtschaftlichen Rahmenbedingen der Betriebe zu orientieren und sich für deren Verbesserung einzusetzen. Auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen diese Aufgabe nicht leichter machen, ist er sehr gern Gastbetrieb in dieser Innung.
Als erster Redner wurde Klaus Steinseifer aus Baden-Württemberg aufs Podium gebeten, der dem Auditorium darlegte, wie ein Unternehmen heute gut geführt werden muss. Hier hatten besonders die teilnehmenden Meisterschüler einen Zugewinn, denn sie sind diejenigen, die die nächste selbstständige Zahntechnikergeneration stellen.
Eckenhandwerker gibt es genug – Kompetenzen sind gefragt
Herr Steinseifer, der lange Jahre selbst zwei Handwerksbetriebe unterhielt, spricht die Sprache der Handwerker. Seine Kernkompetenz ist das Handwerk, und hier kennt er sich perfekt aus. Um Kompetenzen ging es auch in seinem Vortrag. „Weg vom Eckenhandwerker, den gibts an jeder Ecke! Hin zum erfolgreichen Fachexperten, den der Kunde nachfragt“, appellierte Herr Steinseifer an die Zuhörer. Diese erfuhren etwas über Unternehmens-, Mitarbeiter-, Fach- und Analysekompetenzen. Im Vergleich mit einem Schiff stellte er dar, dass der Unternehmer der Kapitän sein muss, der die Route und die Richtung für das Ziel kennt. In diesem Wissen führt der Kapitän die Mannschaft, und zusammen mit der Mannschaft bildet der Kapitän ein Team, um den Hafen zu erreichen. „Genauso muss ein Laborbetrieb funktionieren. Der Chef muss sich also durch fachliche, persönliche und unternehmerische Fähigkeiten auszeichnen. Denn wenn der Chef nicht zusammen mit dem Team funktioniert, ist das für den reibungslosen Betriebs- und Prozessablauf suboptimal.“
Gerade in heutigen Zeiten, wo die zahntechnischen Labore keine Alleinanbieter von Zahnersatz sind, muss die Zielgruppe, Zahnarzt, mit Leistungen und Produkten davon überzeugt werden, diese im zahntechnischen Fachlabor zu beziehen und nicht woanders. Dafür gab Herr Steinseifer Tipps, die zum Erfolg führen. Er erklärte die Bedeutung vom inneren und äußeren Unternehmenswert: Wie ist meine persönliche Auftrittskompetenz, wie meine fachliche Argumentation, meine Firmenpräsentation, wie selbstkritisch bin ich als Unternehmer und wie sieht meine Zukunft mittelfristig für mein Unternehmen aus? Was ist wann und wo, womit und mit wem zu tun, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Mit einem asiatischen Zitat beendete er seine Ausführungen. „Wenn du eine hilfreiche Hand brauchst, suche sie am Ende deines unteren Armes“ und lässt einige Firmeninhaber nachdenklich über ihren Führungsstil zurück, wie die Diskussion erkennen ließ.
Der zweite Vortrag beschäftigte sich mit digitalen Lösungen der modernen Implantatprothetik, die Zahntechniker Carsten Fischer aus Frankfurt am Main brillant vorstellte. Es war schnell zu erkennen, dass Carsten Fischer die CAD/CAM-Technologien, die keramische Doppelkrone, individuelle Abutments und vollkeramische Werkstoffe zu seinen Schwerpunkten zählt und damit zu Recht national und international als Berater und Referent bekannt ist. Unter anderem ist Herr Fischer Vizepräsident des EADT e.V. (European Association of Dental Technology), eine Fachgesellschaft, die sich für eine wissenschaftlich basierte und zugleich praxisorientierte Zahntechnik einsetzt. So steht Herr Fischer auch für den aktiven Austausch zwischen Zahntechnik, Zahnmedizin, Wissenschaft und Dentaltechnologie. Die Symbiose von wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischer Anwendung hat er mit Leidenschaft ausgeführt. Interessiert lauschten die Teilnehmer seinen Darlegungen, die er professionell mit Bildmaterialien untermauerte und so optisch verständlich und nachvollziehbar darstellte.
Verfahrenssicherheit über die digitalen Systeme mit analogen Regeln
„Gemeinsam für faire Zahntechnik“ ist eines seiner Credos. Er teilte dem Publikum mit, dass in seiner Brust ein Engelchen und ein Teufelchen wohnen, im täglichen Spannungsfeld zwischen Patientenerwartungen und Möglichkeiten. „Es gibt Patienten, die ihre Liebe zu den Zähnen schon verloren haben, aber es gibt technische Möglichkeiten, diese Liebe wiederherzustellen.“
Carsten Fischer betrachtet das Gesicht des Patienten insgesamt immer als analoge Herausforderung, bevor er sich für die spezielle CAD/CAM-Lösung im Einzelfall entscheidet. Für diese Entscheidung sind Verfahrenssicherheit in den Systemen, die Kenntnis über Ergebnisse von bestimmten Materialkombinationen sowie das Wissen um Grenzen von modernen Materialien notwendig.
„CAD/CAM-Technik ist nicht dafür gedacht, dass man die analogen Regeln vergisst.“ Diesen Satz wiederholte Herr Fischer mehrmals in seinem Vortrag, weil er so wichtig ist. Schon Ralf Requier hat beim Unternehmertag der DentalTheke 2016 immer wieder darauf hingewiesen, dass ohne guten analogen Input kein qualitatives digitales Ergebnis erwartet werden kann.
„Zwischen Zahnform und Zahnfarbe befindet sich die TRANSITIONSZONE des Zahntechnikers, und da sind viele Fragen zu klären, gemeinsam mit dem Zahnarzt und dem Patienten. Welche Technologie wende ich zum Beispiel an, welche Materialien, wie ist der klinische Befund, wie die Topografie und die Oberflächengestaltung? Schon heute gibt es im digitalen Bereich eine Vielfalt an System- und Materialangeboten, und damit hat man auch die Qual der Wahl. Deshalb geht es ohne fundiertes Fachwissen nicht, der digitale Workflow bleibt dann aus“, erklärte Fischer plausibel.
„Umso mehr Wissen wir in den Kreisen der Zahntechniker austauschen, umso sicherer werden wir im Umgang mit den neuen Techniken und Materialien. Deshalb sind Netzwerke in einer so schnelllebigen Zeit wie heute wichtiger denn je“, stellte er klar. „Eine sehr breite Angebotspalette anbieten zu können, ist nicht immer sinnvoll. Das Emergenzprofil zeigt nicht selten ein nicht vorhersehbares Ergebnis im Zusammenwirken von mehreren Faktoren an. Die individuellen Bauteile, bei dem der Zahntechniker das Design vorgibt, sind immer nur halbindividuell. Abweichungen in Volumenprozent von den Designvorgaben können für die Position des Kronenrandes sehr entscheidend sein. Was will ich mit welchem Werkstoff unter Anwendung von Verfahren XY erreichen, um die Oberflächen richtig weiterverarbeiten zu können?“
Fischer zeigte anhand von Auswertungen und Bildprofilen, was passieren kann, wenn bei allem Design die professionelle Reinigung von Kleber oder Strahlgut vernachlässigt wird. „Die Kronenoberfläche muss am Ende wie Seide sein.“ Er selbst wendet dafür ein Ampelsystem an, wo rot für rau, gelb für glatt und grün für mittelrau stehen. Eine Restrauigkeit zwischen 0,21 und 0,4 Mikromy sind gewünscht, damit der Zahntechniker die Oberfläche fachgerecht veredeln kann. „Der Zahntechniker muss Makropunkte setzen, die er dem Zahnarzt bei der Herstellung anbieten kann.“ Ein Beispiel dafür ist die Spaltgenauigkeit der Klebespalte. Da geht es um Qualität, und damit kann der Zahntechniker beim Kunden werben. Wie ist die Genauigkeit der Scanner zur Darstellung des intraoralen Abdruckes? Sind signifikante Vorteile vorhanden? Läuft der Verfahrensprozess so präzise, damit die individuellen Implantataufbauten auch topografisch richtig sitzen? Wie ist die Abutmenthygiene, damit es nicht zu Mikrorissen kommt? Das alles können Alleinstellungsmerkmale für das Labor sein, und das unterscheidet das Fachlabor vom einfachen Industrielabor, zeigte Fischer auf. „Da der Zahnarzt für alles die Verantwortung trägt, werden klare systemspezifische Herstellungsverfahren mit einer präzisen Definition des Herstellungsprozesses für Oberfläche, Design und Hygiene entscheidungsrelevante Kriterien für die Auftragsvergabe für festsitzenden Zahnersatz sein.“
Aber auch bei der herausnehmbaren Prothetik mit Kunststoff ist die heutige Prothesenszene sehr weit individualisiert worden, berichtete Fischer. Die Vorteile liegen auf der Hand. Der Hart- und Weichgewebeverlust, die Hygienefähigkeit und auch die Nachsorge sind deutlich einfacher als bei festsitzendem Zahnersatz. Diesbezüglich sind therapeutisch neue Set-ups gesetzt. Der Zahntechniker muss bei der Implantatprothetik vom ersten Moment an dabei sein. Jeder Zahnarzt, der sich diesem verweigert, wird in der Summe weniger Erfolg und weniger zufriedene Patienten haben. Und wieder kam es von Fischer wie eine tibetanische Gebetsmühle: „Was nützt uns digital, wenn sich analog nicht integrieren lässt!“
Carsten Müller fasste treffend zusammen, dass ihm die Ausführungen von Carsten Fischer verdeutlicht haben, dass der verantwortungsbewusste Zahntechniker das Industrieprodukt immer wieder hinterfragen muss. Wie sauber, wie klinisch verwertbar sind die angelieferten Halbfertigteile? Oder ist mein Qualitätsanspruch so hoch, dass man sie besser aus dem Fachlabor bezieht?
Das Digitale muss zum Analogen kommen und umgekehrt
Der nächste Redner ist kein geringerer Fachmann und kennt sich speziell mit digitalen Planungsinstrumenten aus. Clemens Schwerin, der nach der Wirtschaftsschule das Zahntechniker-Handwerk erlernte und danach das Curriculum CAD/CAM an der Universität München absolvierte, ist angetrieben von dem Ziel, ein zahntechnisches Gesamtverständnis zu erreichen.
Dieses Gesamtverständnis zog sich durch seinen interessanten und kurzweiligen Vortrag. Als Meister seines Faches appellierte er an die Teilnehmer, dass es nicht immer klug sei, darauf zu vertrauen, was die Industrie vorgibt. Jeder Selbstständige im Labor muss seinen eigenen, digitalen Workflow überblicken, und dafür braucht jedes Labor digitale Planungsinstrumente. Die Entscheidung darüber, ob ich als Labor eine digitale Fremd- oder Eigenfertigung vornehme, hängt vorrangig davon ab, wie reproduzierbar meine Input- und Outputkomponenten über Planung, Ausführung, Design und Konstruktion zusammenwirken sollen bzw. können. Auch Schwerin wiederholte die Aussagen, die Fischer vor ihm immer wieder kundtat: „Das Digitale muss zum Analogen kommen und umgekehrt. So entsteht ein kontinuierliches Qualitätsmanagement!“ Weil die Industrie seinen Qualitätsansprüchen nicht mehr genügt, erzeugt er seine digitalen Daten wieder selbst. Gerade bei der Implantologie müssen digitale und Volumendaten zu sogenannten Schichtdaten, die hintereinander liegen, zusammengeführt und dann wieder nach Wichtigkeit selektiert werden. Das können fremd gelieferte Daten aus der Industrie oft nicht leisten. Häufig sind diese Daten von unterschiedlichen Herstellern, die schwierig zusammenzuführen sind oder Daten liefern, die man für die jeweiligen Arbeiten nicht braucht. „Werden Daten angeliefert, müssen wir aufpassen“, so Schwerin. „Wer liefert mir die Daten, die ich am wenigsten nacharbeiten muss? Setzen Sie Ihren analogen zahntechnischen Hausverstand ein, wenn Daten sehr unterschiedlich von den Fremdfertigern angeliefert werden. Stellen Sie sich die Frage: „Kann das sein?“ Legen Sie sich die STL-Daten so hintereinander, dass Sie alles Unbrauchbare wegschneiden, wie ein Cutter für einen guten Film. Matchen Sie die unterschiedlichen Systeme und entscheiden Sie aus funktioneller Sicht des Zahntechnikers. Denn eine klare Schnittstellenansicht ist ein wichtiges Planungsinstrument.“ Das Gleiche gilt für Outputs der Drucker der 1. Generation. Je ungenauer die Oberfläche des gedruckten Produktes durch die Eingabe der STL-Daten ist, umso mehr muss ich als Zahntechniker an ihr nacharbeiten. Wenn man versteht, was in so einem Maschinendrucker vorgeht, dann weiß man, warum die Passgenauigkeit des Endproduktes auf dem Modell nichts mit der Baugenauigkeit des Druckers zu tun hat. Dieser zieht immer nur neue Fotos, und bei jedem anderen Material mit unterschiedlichen Indikationen entstehen immer wieder neue Ergebnisse.
Mit Pilotbohrschablonen als Planungsinstrument beim Schienendruck z.B. kann man anatomische Zähne auf dem Modell vorab digital planen und virtuell im Gesicht des Patienten prüfen. Als Ergebnis erstellt Schwerin über STL so eine Druckschiene, die der Patient in den Mund klicken kann. Also Mock-up planen, das Modell drucken, am Patienten kontrollieren und dann die Schiene fräsen. Das Publikum lernte, dass Planen, Ausführen, Prüfen, Handeln als Prozessablauf ständig anzuwenden und zu wiederholen ist. „Dazu gehört immer wieder die analoge Frage: ,Wie versteht der Computer, was ich im Ergebnis von ihm will? Schiene fräsen ja, aber wie und für welchen Zweck?`“ Schwerin erklärte weiter, dass die aktuell auf dem Markt angebotenen Drucker alle ihre Grenzen haben, weil die Materialien das Problem sind. Die Hersteller solcher Geräte sehen das natürlich anders, können aber bisher keine zertifizierten Materialien liefern, die lange im Mund verbleiben dürfen.
„Wir arbeiten in Strukturen von gestern mit Methoden von heute und Problemen von morgen!“, beendet Schwerin den ersten Teil seines Vortrages und leitet somit gleich in den zweiten über. Die Industrie behauptet, jeder brauche eine Fräsmaschine, so Schwerin. Dem sei nicht so, führte er aus.
Make or buy?
Was kaufe ich mir für eine Maschine, was kaufe ich zu, was mache ich selbst, was nicht? Wie hoch ist mein Produktionsvolumen, wie viel Einheiten produziere ich am Tag, im Monat, im Jahr? Kleine Maschine oder große Maschine, wie sind die Herstellungs- und Materialkosten? Wie sieht meine Investitionsrechnung bei meinem Produktionsvolumen jetzt und zukünftig aus? Fragen, die sich jeder Laborinhaber für seine Laborgröße stellen muss. Im Ergebnis steht die Entscheidung über digitale Eigen- oder Fremdfertigung. Beides hat Vorteile, erklärte Schwerin. Bei der Eigenfertigung bleibt das Know-how im Haus, man wirkt nach außen technisch hoch innovativ, kann schneller fertigen, hat eine größere Gestaltungsfreiheit und man identifiziert sich stärker mit dem eigenen Produkt.
Bei Fremdfertigung benötigt man keine Mitarbeiter für die Maschinenbedienung, hat keine Anschaffungskosten und damit kein Kostenrisiko. Es entstehen keine Lagerkosten und man hat weniger Zeitdruck.
Schwerin riet jedem Labor, eine Kostenvergleichsrechnung über digitale Eigen- oder Fremdfertigung aufzustellen. Dabei sind die Fix- und variablen Kosten p.a. zu berücksichtigen, pro hergestellter Einheit zzgl. Material-, Fräser- und Energiekosten. Erst dann kann die Entscheidung fallen, ob es sich für das Labor lohnt, selbst zu fräsen und zu drucken, oder nicht. Am Beispiel eines Labors, das 25 Jahre existiert, neun Mitarbeiter hat und 15 Kunden bedient, zeichnete er den Zuhörern anhand von Vergleichsberechnungen auf, wie so eine betriebswirtschaftliche Analyse als Entscheidungsprozess entwickelt wird. Als Fazit nahmen die Teilnehmer mit, dass vor dem Kauf von digitalen Geräten immer die individuelle Daten- und Kostenanalyse stehen muss. Produziere ich selbst, kaufe ich bei der Industrie oder vernetze ich mich mit Fachkollegen? Wie ist meine Firmenphilosophie und wie mein Qualitätsanspruch? Summa summarum, ein sehr nachhaltiger Vortrag von Clemens Schwerin.
Im letzten Vortrag stellte Zahntechnikermeister Rainer Ehrich den Nutzen seiner Internetplattform „Padento“ vor. Dieses Forum soll dazu dienen, Labore durch Neukunden erfolgreicher zu machen.
Neues Standing für Labore
„Wir brauchen ein neues Standing für die Dentallabore in Deutschland“, so Ehrich. „Der schwindende Marktanteil für die eigentlichen zahntechnischen Fachlabore benötigt neue Wege der Akquise. Das bieten uns die Social-Media-Möglichkeiten. Viele Patienten tummeln sich im Netz, und auch der heutige Zahnarzt stellt eine andere Generation, als noch vor zwanzig Jahren.“ Über die Padento Onlineplattform holt man sich den Patienten ins Labor und bietet ihm eine kostenfreie Zahnersatzberatung. Das Credo von Ehrich dabei: „Zahntechniker begleiten Patienten zu schönen Zähnen und damit diese, gut beraten und aufgeklärt, eine gute Entscheidung treffen können!“ Dazu schaltet er Anzeigen im Internet zum Thema „Zähne“, die die Patienten auf die Padento-Seite führen sollen. Bei Eingabe des Wohnortes werden diesen Labore vor Ort mitgeteilt, bei denen sich der interessierte Patient informieren kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Labore Mitglieder bei Padento sind. Diese Mitgliedschaft kostet pro Labor 400 € im Jahr und man erhält dafür sieben Tage die Woche und 24 Stunden pro Tag Kundenakquise durch Werbung. Carsten Müller resümierte, die Onlineplattform Padento steht für Patienten und Zahnärzte, so wie die Onlineplattform DentalTheke für Labore und Zahnärzte steht.
Insgesamt hat das Strategieforum den Teilnehmern aufgezeigt, welche Herausforderungen mittelfristig zu bewerkstelligen sind, um am zahntechnischen Markt jetzt und in Zukunft als Fachlabor mit seinen analogen und digitalen Produkten nachgefragt zu werden. Beim anschließenden „Get-together“ führten die Forumsvorträge zu angeregten Gesprächen mit dem Fazit: Das hat sich gelohnt. Meine Strategie im Labor wird nach den heute vermittelten Gesichtspunkten überprüft, beibehalten oder verändert.
Autorin: Viola Ullrich, Geschäftsführerin der ZINB