Branchenmeldungen 21.08.2024

Fachkräftemangel: „War for Talents“ in der Zahntechnik



Fachkräftemangel: „War for Talents“ in der Zahntechnik

Foto: Elnur – stock.adobe.com

Dieser Artikel ist unter dem Titel „‚War for Talents‘ in der Zahntechnik“ in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

Der Fachkräftemangel prägt das Bild in der Zahntechnik. Mitarbeitergewinnung ist 2024 daher ein umfassender Prozess, der ein breites Spektrum an Aufgaben für Personalverantwortliche im Dentallabor bereithält. Die sogenannte AIDA- Formel sorgt dabei für mehr Struktur.

Laut Statista ist die Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Zahntechniker in den letzten fünf Jahren (2019 bis 2023) kontinuierlich um rund 7 Prozent auf knapp 46.000 gesunken. Der Negativtrend lässt sich ebenfalls bei Auszubildenden beobachten: Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Zahntechnik- Azubis um rund 8 Prozent auf knapp 4.900 (Bundesagentur für Arbeit). Gemessen an der Entwicklung der gesetzlichen Leistungen für Zahnersatz, die in fünf Jahren (2018 bis 2022) um rund 15 Prozent auf 3,87 Mrd. Euro gestiegen sind (Verband der Ersatzkassen), stehen einer positiven Marktentwicklung immer weniger Zahntechniker entgegen.

Die „klassischen“ Wege einer Stellenausschreibung über das Arbeitsamt oder das Schalten einer Anzeige in der lokalen Tageszeitung führen daher heutzutage eher zufällig zu einem Treffer. Längst bestimmt ein Mix an Maßnahmen das Bild des Recruitings von Zahntechnikern oder denen, die es noch werden wollen. Außerdem ist es nicht die Ansprache allein, die entscheidend ist, sondern das Gesamtbild eines Dentallabors muss für den Bewerber stimmen. Dazu zählen u. a. eine wertschätzende Unternehmenskultur, eine attraktive Arbeitsplatzgestaltung, passende (finanzielle) Rahmenbedingungen, ein einfacher Bewerbungsprozess, ein gelungenes Onboarding und schließlich die gekonnte Integration in das bestehende Zahntechnikerteam. Die positive Wahrnehmung des Arbeitgebers Dentallabor muss über den gesamten Prozess gewährleistet sein.

Die AIDA-Formel

Ein hilfreiches Instrument, um den Prozess der Mitarbeitergewinnung zu strukturieren, bietet die AIDA-Formel. Der in Vertrieb und Marketing seit vielen Jahren bekannte und oft genutzte Leitfaden für einen „Verkaufsvorgang“ lässt sich 1:1 auf den Prozess der Mitarbeitergewinnung anwenden. Das Akronym AIDA steht dann für:

  • ATTENTION (gelegentlich auch Awareness): Aufmerksamkeit (in) der Zielgruppe „Zahntechniker“ erzeugen
  • INTEREST: Interesse an einer Aufgabe/Stelle wecken und Emotionen erzeugen
  • DESIRE: Verlangen bei potenziellen Bewerbern auslösen, die Stelle „haben“ zu wollen
  • ACTION: Den Bewerber durch den Bewerbungsprozess führen

Am Ende von AIDA steht eine Einstellung.

Attention – Tue Gutes und rede darüber

Die positive Wahrnehmung eines Dentallabors durch die Bewerberzielgruppe ist kein einmaliges Ereignis, das sich z. B. an die Schaltung einer Stellenanzeige knüpft. Aufmerksamkeit ist vielmehr gekennzeichnet durch ein dauerhaftes Engagement auch außerhalb des Prozesses zur Mitarbeitergewinnung. Das kann u. a. durch die regelmäßige Bespielung sozialer Medien oder die Veröffentlichung von Insights aus dem Labor auf der eigenen Webseite erreicht werden. Eine aktive Laborpräsenz richtet sich an eine breite Zielgruppe, u. a. an (potenzielle) Kunden und (potenzielle) Mitarbeiter. Ziel der regelmäßigen Kommunikation ist die positive Wahrnehmung des Dentallabors von innen und außen.

Genau das möchte ein potenzieller Mitarbeiter sehen. Das Labor „lebt“, teilt regelmäßig seine Insights, ist proaktiv und transparent. Der Eindruck, den er bei der Konsumierung von Informationen aller Art und auf vielen Kanälen bekommt, gibt bewusst oder unbewusst Antworten u.  a. auf folgende Fragen: Wer steckt hinter dem Dentallabor? Was zeichnet das Labor aus? Wie wirkt das Labor auf mich? Die Voraussetzungen für die Generierung von Aufmerksamkeit sind sinnvollerweise digitaler Natur, weil Reichweite und Zielgruppe keine Showstopper sind. Hier spielen die sozialen Medien wie Instagram und Facebook in Verbindung mit der Laborwebseite ihre gesamten Vorteile aus. Mit einem vernünftigen Content Management, einem breiten Kanalmix und ein wenig „Technik“ (u.  a. SEO – Suchmaschinenoptimierung) steht der „Attention“ nichts im Weg. „Tue Gutes und rede darüber“ ist in dieser Phase das Mittel der Wahl.

Interest – Potenzielle Bewerber fesseln

Nachdem das Dentallabor für regelmäßige Aufmerksamkeit sorgt, geht es in der Phase „Interest“ nun an die konkrete Ansprache von Zahntechnikern und allen, die überdies im Labor gebraucht werden. Das setzt voraus, dass die Anforderungen an die Aufgabe klar definiert sind. Welche Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen muss der Kandidat zur Erfüllung der Aufgabe mitbringen? Ist das „Pflichtprogramm“ zu Papier gebracht, geht es um den Kanalmix, über den die nun sauber definierte Aufgabe kommuniziert werden soll. Die Printanzeige in der lokalen Tageszeitung findet genauso Abnehmer wie der Post in den sozialen Medien. Das Stellenportal im Internet liefert ebenso Ergebnisse wie die Aktivierung Ihres persönlichen Netzwerks. Der Mix machts! Die Stellenanzeige wird für jeden Kanal maßgeschneidert. Hier gilt: Je ausgefallener die Anzeige, desto mehr Interesse erzeugt sie.

Seit einiger Zeit spielen die sozialen Medien in der Mitarbeiteransprache eine besondere Rolle. Hier findet sich die Zielgruppe, die (noch) gar nicht auf der Suche nach einer neuen Aufgabe/einem neuen Arbeitgeber ist. Mit der richtigen Ansprache (Anzeige), einem gekonnt inszenierten Spannungsbogen, einem definierten Tagesbudget für Werbekampagnen und nahtlos ineinandergreifenden Handlungssträngen werden aus zufällig Interessierten plötzlich konkrete Bewerber. Das Potenzial von „Performance Recruiting“ ist riesig und ein wichtiger Teil des Kanalmixes.

„Performance Recruiting“ – wenn aus zufällig Interessierten plötzlich konkrete Bewerber werden. © Elnur – stock.adobe.com

Desire – Keine Fragen offenlassen

Die Anzeigen in unterschiedlichen Kanälen sorgen für Emotionen, wecken Interesse und lösen im besten Fall Bewerbungen aus. Die schiere Menge an Bewerbungsmöglichkeiten, die sich derzeit bieten, minimieren die Chancen auf Bewerbungen und machen einen zusätzlichen Schritt notwendig. Der gesetzte Trigger in der Anzeige, die positive Einstimmung auf eine tolle Aufgabe im Labor sollten noch ein wenig „angefüttert“ werden, um unschlüssige Konsumenten der Anzeigenbotschaft zu einer ernst gemeinten Bewerbung zu bewegen. In den sozialen Medien findet sich oft hinter der Werbeanzeige ein mobiler Funnel, der vorqualifiziert und den Bewerbungsprozess einleitet. In der persönlichen Kandidatenansprache wird z.  B. ein „Fachgespräch“ zwischen Zahntechnikern avisiert, um sich vom Stellenangebot „unter Gleichgesinnten“ überzeugen zu lassen.

Die Online-Stellenanzeige in den einschlägigen Stellenbörsen verlinkt auf die eigene Laborwebseite, im speziellen eine Karriereseite, die beim Auslösen von Verlangen eine wichtige Rolle einnimmt. Hier finden Besucher nicht nur die ansprechende Stellenbeschreibung (auch als Videobotschaft) wieder, sondern auch alle hilfreichen Backgroundinformationen, die das positive Gesamtbild des Arbeitgebers unterstreichen. Dazu gehören z.  B. die Grußworte des Laborinhabers oder ein Blick auf den neuen Arbeitsplatz per Video, Eindrücke aus dem Laboralltag als Fotogalerie, die Werte des Unternehmens, die Benefits, die Bewerber von der neuen Stelle haben, und natürlich eine Möglichkeit, sich zu bewerben oder mit einem Verantwortlichen in Kontakt zu treten.

Action – Den Sack zumachen

Ein Zahntechniker ist, so der ideale Ablauf, auf das Dentallabor aufmerksam geworden, bleibt an der fesselnden Stellenanzeige hängen und hat sich auf der laboreigenen Karrierewebseite letzte Eindrücke über seinen zukünftigen Arbeitsplatz verschafft. Jetzt will er sich bewerben. Das geschieht natürlich online. Also weg mit dem ganzen Ballast einer „klassischen“ Bewerbung und volle Konzentration auf das Angebot eines Kennenlernens: Dazu braucht es einen Termin, einen Ort und minimale Kontaktdaten des Bewerbers. Anschreiben? Gesellenbrief? Gehaltsvorstellung? Beim ersten Kennenlernen zweitrangig. Dieses dient zum einen dazu, um sich ein Bild vom Bewerber zu machen (Passt er ins Team? Bringt er die gewünschte Expertise mit?). Zum anderen ist das Kennenlernen auch die Chance für das Unternehmen Dentallabor, um sich beim Bewerber zu „verkaufen“. Der Fachkräftemangel ändert die Vorgehensweise, um sich die besten Bewerber zu sichern. Deshalb gehören schnelle Reaktionszeiten, persönliche Kontaktaufnahme sowie flexible Termin- und Ortsfindung zu einem gelungenen Bewerbungsprozess dazu.

Ergibt das Kennenlernen einen „cultural fit“ und liefert das Gespräch genügend fachliche Hinweise, schließen sich die „offiziellen“ Schritte an. Die Bewerbungsunterlagen werden eingefordert, weitere Gespräche/Probearbeiten mit der Fachabteilung vereinbart und natürlich die vertraglichen Rahmenbedingungen einer Einstellung geklärt. Die finale „Action“ ist dann die Unterschrift unter den Arbeitsvertrag.

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