defaultContestImage

Leider kein Gewinn!

Suchen Sie weiter, die nächste Flasche könnte ein Gewinner sein.

rivetContestImage
Branchenmeldungen 05.11.2025

„Zahnfleisch muss und darf berührt werden“ – Ein prämiertes Betreuungskonzept



Wie gelingt es, eine Patientin mit Angst vor Zahnfleischkontakt zu einer konsequenten Mundhygiene zu motivieren? Mit Engagement, Fachwissen und Empathie fand Dentalhygienikerin Yvonne Crabtree-Laudenbach eine erfolgreiche Lösung. Für ihre besonders einfühlsame und strukturierte Betreuung einer Patientin mit systemischer Grunderkrankung hat sie den diesjährigen Praktikerpreis der Deutschen Gesellschaft für Dentalhygieniker:innen (DGDH) gewonnen. Im Interview berichtet die Dentalhygienikerin über den ausgewählten Patientenfall und wie sie Vertrauen auf- und Ängste abbaute, um eine nachhaltige Verhaltensänderung zu erzielen.

„Zahnfleisch muss und darf berührt werden“ – Ein prämiertes Betreuungskonzept

Foto: © staras – stock.adobe.com

Liebe Frau Crabtree-Laudenbach, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Praktikerpreises! Warum haben Sie den Patientenfall ausgewählt?

Die Betreuung eines Patienten mit systemischer Grunderkrankung erfordert besondere Aufmerksamkeit. Die von mir gewählte Patientin stellte sich neu in unserer Praxis vor. Die Dame gab eine Grunderkrankung, speziell eine rheumatische Erkrankung an, weshalb sie auch die regelmäßig empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen wahrnahm. Ihr bestehendes Zahnfleischbluten war ihr ein großes Anliegen. Bei der Erstuntersuchung wurde ein Parodontaler Screening-Index mit den Werten 3 und 4 durch den Behandler festgestellt und somit die Diagnose Parodontitis. Es erfolgte ein Termin zur Prophylaxe in meiner Sprechstunde.

Können Sie den Ablauf der Behandlung schildern?

Für die Vorbehandlung waren zwei Termine vorgesehen.
Zum ersten Termin bat ich meine Patientin, ihre persönlichen Mundhygieneartikel mitzubringen. Diese Vorgehensweise hat sich in meiner Arbeit bewährt, da sie bei einem doch sehr intimen Thema wie der Mundhygiene ermöglicht, eine Verbindung zum Patienten aufzubauen. Im Gespräch stellte sich heraus, dass meine Patientin zwar zweimal täglich mit einer Handzahnbürste reinigte, jedoch aus Angst vor Zahnfleischbluten den Kontakt zum Zahnfleisch vermied. Der wichtigste Schritt bestand daher zunächst darin, ein Umdenken in ihrer täglichen Putzroutine anzustoßen. Zahnfleisch muss und darf berührt werden, um eine Besserung zu erzielen. Ich erklärte der Patientin, dass die Reinigung des Zahnfleisches keinen Schaden anrichtet, sondern im Gegenteil eine wesentliche Voraussetzung für die Heilung ist. Gemeinsam erarbeiteten wir eine schonende, aber effektive Putztechnik. Ich führte die korrekte Reinigung vor und ließ sie diese selbst ausprobieren (nach dem Prinzip Tell-Show-Do).

In der zweiten Prophylaxesitzung wurde der Erfolg der neuen Putzroutine durch Anfärben kontrolliert und sichtbar gemacht. Dabei reflektierten wir gemeinsam das veränderte Putzverhalten und das Empfinden der Patientin. Erst in der dritten Sitzung, im Rahmen der Mundhygieneuntersuchung (MHU), erfolgte die Umstellung auf eine elektrische Zahnbürste. Mir war es wichtig, zunächst die Angst vor der Berührung des Zahnfleisches abzubauen, bevor neue Zahnputzgeräte eingeführt wurden.

Da die Patientin sehr motiviert war, erstellten wir in Absprache mit dem behandelnden Zahnarzt einen Parodontitis-Behandlungsplan. Im Einzelnen erfolgte eine Weiterbehandlung nach S3-Leitlinie. Während des Aufklärungs- & Therapiegesprächs wurden alle Schritte genau besprochen. Es folgten eine MHU sowie die antiinfektiöse Therapie. Nach vier Monaten führten wir eine erneute Befunderhebung und Verlaufskontrolle durch. Dabei zeigten sich deutliche Verbesserungen der anfangs dokumentierten Hyperplasien. Im Anschluss begann die Phase der unterstützenden Parodontitistherapie, die sich über zwei Jahre erstreckte.

Das kontinuierliche Anfärben und die Dokumentation in ParoStatus halfen, Fortschritte und Schwachstellen transparent zu machen. Diese visuelle Rückmeldung war für die Patientin sehr motivierend und förderte ihr Verständnis für die Änderung ihres Pflegeverhaltens.

 Ohne die aktive Mitarbeit, Motivation und Disziplin seitens der Patientin wäre ein solcher Erfolg nicht gewährleistet gewesen.

Gab es spezielle Herausforderungen während dieser Patientenbetreuung?

Durch ihre rheumatische Erkrankung kam und kommt es bei der Patientin immer wieder zu Einschränkungen in der Motorik. Ihre Gelenke waren stark geschwollen, was eine zum Teil eingeschränkte Mundöffnung und Schmerzen bedeutete. Sie erkannte jedoch sehr bald die Vorteile, die der Gebrauch der elektrischen Zahnbürste für sie bedeutete. Durch den dickeren Griff und die geringeren manuelle Bewegungen kann sie ihre inzwischen gute Mundhygiene dauerhaft beibehalten. Während Schüben verwendet sie anstatt der empfohlenen Interdentalbürstchen einen Airflosser. Dies erleichtert die Pflege für sie erheblich.

Sehen Sie in Ihrer täglichen Praxis häufiger Patienten mit systemischen Erkrankungen? Gibt es Strategien, um eine ganzheitliche Betreuung sicherzustellen?

Ja, in unserer Praxis betreuen wir einen großen Anteil älterer Patienten, daher sehen wir häufig auch Menschen mit systemischen Erkrankungen. Uns ist wichtig, dass das gesamte Praxisteam dafür sensibilisiert ist. Durch innerbetriebliche Schulungen stellt die Praxis sicher, dass auch Kolleginnen ohne spezielle Zusatzqualifikationen frühzeitig erkennen können, wenn Patienten durch eine Grunderkrankung eingeschränkt sind und wissen, welcher Behandlungsbedarf sich daraus ergibt. In Prophylaxesitzungen empfehlen wir entsprechende Mundhygieneartikel und üben gemeinsam deren richtige Anwendung. Außerdem planen wir für diese Patientengruppe bewusst längere Behandlungszeiten ein, um gezielt auf ihre Bedürfnisse eingehen und Hilfestellung geben zu können. Gerade hier ist eine kontinuierliche, lebenslange Betreuung entscheidend.

Viele dieser Patienten haben gesundheitliche Einschränkungen, die einen Pflegegrad rechtfertigen und damit Anspruch auf Unterstützung in der Pflege bieten. In diesem Fall ist es sinnvoll, auch die pflegende Person zu schulen, um eine fachgerechte Mundhygiene durchzuführen und den Patienten so zu entlasten. Sehr bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die verkürzte PAR-Strecke, welche es ermöglicht, bei Bedarf unmittelbar mit notwendigen Behandlungen zu beginnen, beispielsweise bei Parodontitis.

Gibt es Präventionsmaßnahmen in der Mundpflegeroutine, die Sie Patienten mit systemischer Erkrankung empfehlen würden?

Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen sind die wichtigste Grundlage. Gerade bei Patienten mit körperlichen Einschränkungen achten wir darauf, Mundhygieneartikel zu empfehlen, die einfach in der Handhabung sind und den individuellen Bedürfnissen entsprechen. Wenn ein Patient beispielsweise Schwierigkeiten hat, eine Zahnbürste sicher zu greifen, kann eine Verstärkung oder eine elektrische Zahnbürste eine große Hilfe sein.

Die große Herausforderung hierbei liegt oft darin, ältere Patienten zu einer dauerhaften Verhaltensänderung zu motivieren.

Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung persönlich und beruflich?

Die Auszeichnung bedeutet mir viel und ist für mich eine schöne Bestätigung, dass ich mit meiner Leidenschaft für die Zahnmedizin (Prophylaxe) und der Motivation, Menschen im Bereich der Zahnmedizin zu helfen, den richtigen Weg eingeschlagen habe.
Gleichzeitig möchte ich mit dieser Anerkennung auch andere ermutigen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass mehr Kolleginnen das vielseitige Berufsbild der Dentalhygienikerin kennenlernen und den Mut fassen, diese bereichernde Ausbildung zu absolvieren.

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper