Branchenmeldungen 20.11.2025

„Zum ersten Mal fühlt sich Zahnmedizin wirklich lebendig an.“



Wenn man seit dem Abitur von einer Auslandserfahrung träumt, aber im Studium keine passende Anlaufstelle dafür findet, kann man aufgeben oder, wie Joel Rode, erst recht loslegen! Wie aus ganz viel Eigeninitiative ein wachsendes Netzwerk namens Dentventure entstehen kann, verraten die Gründer, Zahni Joel und Marketingexpertin Michelle, aus Halle (Saale) im exklusiven df-Interview.

„Zum ersten Mal fühlt sich Zahnmedizin wirklich lebendig an.“

Foto: Dentventure

Joel, wie kamst du auf Dentventure?

Wie viele andere wusste auch ich nicht, wie ich meinen Traum vom Ausland mit meinem Zahnmedizinstudium verbinden sollte. Ich wollte raus, lernen, reisen und erleben, aber es gab keinen wirklichen Weg dafür. Kein offizielles Programm, keine Struktur – nur diesen Gedanken, dass es doch irgendwie möglich sein muss. Dann wurde mir klar: Entweder gebe ich den Traum auf oder ich finde selbst eine Lösung. Freunde aus Brasilien sagten damals: „Komm einfach. Wir kümmern uns um dich. Wir helfen mit Wohnung, Sprache, Uni, allem.“ Ich habe meinen Studienplatz behalten, ein Urlaubs­semes­ter beantragt und angefangen, Portugiesisch zu lernen – mitten im zweiten Staatsexamen, ohne zu wissen, ob ich überhaupt angenommen werde. Als die Zusage der Uni kam, war ich einfach nur glücklich. Ich bin nach Brasilien geflogen und wurde in Bauru im Bundesstaat São Paulo so herzlich empfangen, dass ich sofort wusste: Das war die richtige Entscheidung!

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„Als ich aus Bauru zurückkam, wollte ich meine Erfahrung teilen. Erst mit Freunden, dann mit Freunden von Freunden – bis mir klar wurde: Das ist größer als meine Geschichte. Daraus wurde Dentventure. Eine Organisation, die Studierenden genau das ermöglicht, was ich erleben durfte: klinische Erfahrungen in einem universitären Umfeld im Ausland, unter Anleitung erfahrener Professor/-innen, kultureller Austausch und die Freiheit, sich selbst neu zu entdecken. Unsere Organisation besteht aus acht Teammitgliedern – sechs Zahnärzte oder Zahnmedizinstudierende, sowie einem Webdesigner und einer Marketingspezialistin.“

 Was hast du konkret gelernt?

Meine Dozentin und Mentorin an der Faculdade do Centro Oeste Paulista (FACOP), Prof. Letícia Chiara, hat mir gezeigt, wie Zahnmedizin dort funktioniert – praxisnah, menschlich, voller Leidenschaft. Und dann gab es da noch Daniel, meinen Boxpartner aus der Klinik. Ich erinnere mich noch genau an den Tag meiner ersten Extraktion eines verlagerten Achters. Ich hatte Respekt davor, wollte eigentlich ablehnen, aber Daniel über­redete mich und schickte mir am Abend davor ein YouTube-Video mit den Worten: „Olha que fácil, mano“ – „Schau, wie easy, Bro“. Am nächsten Tag stand ich mit zittrigen Händen am Behandlungsstuhl, unter der Anleitung einer erfahrenen Chirurgin, und habe den Zahn gezogen. In dem Moment ist bei mir ein Knoten geplatzt. Ich hatte plötzlich keine Hemmschwelle mehr, Patient/-innen zu behandeln. Da habe ich gemerkt, wie viel diese Erfahrung mit einem macht –fachlich und persönlich. Ich habe in Brasilien gelernt, was Zahnmedizin bedeuten kann, wenn man sie wirklich lebt. Diese Leichtigkeit, diese Offenheit, Menschen, die dich sofort annehmen, Professorinnen, die dich fördern, und Abende auf der Dach­terrasse, an denen man beim Sonnenuntergang grillt und merkt, wie frei sich Lernen anfühlen kann. Eine meiner prägendsten Erfahrungen war auch, wie schnell ich das Vorurteil der „Unsicherheit“ verloren habe. Anfangs habe ich mich nicht ohne Handy auf die Straße getraut. Nach sieben Tagen habe ich mich dann dabei erwischt, wie ich Snaps verschickt habe, ohne nachzudenken, abends allein nach dem Club in meine Unterkunft ging und dieses Gefühl von „zu Hause“ entstand. Alle schienen sich dort, egal, ob Mann oder Frau, auf dem gleichen Level sicher zu fühlen. Das lag wohl auch daran, dass die 500.000 Einwohner meiner Unistadt gefühlt ausschließlich Studierende waren. Es gab kein spürbares kriminelles Klima, keine Anspannung, nur dieses offene, junge Lebensgefühl. Das hat unglaublich viel mit mir gemacht. Ich habe verstanden, dass Sicherheit manchmal weniger mit einem Ort zu tun hat, sondern mehr mit der Energie, die dort herrscht.

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„Wir kooperieren mit Universitäten in Brasilien und Ägypten. Studierende können ab dem vierten Semester selbst am Patienten arbeiten, ab dem siebten Semester ihre Pflichtfamulatur dort absol­vieren. Und das Beste daran: Sie müssen – anders als ich damals – nicht ein Jahr aussetzen, sondern können das Programm in den Semesterferien absolvieren.“

Michelle, Dentventure positioniert sich mit der Philosophie Learn. Connect. Succeed. Was genau verbirgt sich dahinter?

Bei uns geht es darum, dass sich Lernen wieder nach Leben anfühlt. Jeder unserer Teilnehmenden bestätigt uns: „Das ist das erste Mal, dass Zahnmedizin wirklich Spaß macht.“ Und genau das wollen wir erreichen. Unsere Programme sind so aufgebaut, dass Studierende früh in die Praxis kommen. Ab dem vierten Semester arbeiten sie selbst am Patienten, natürlich immer unter Anleitung erfahrener Professor/-innen. Diese klinische Erfahrung ist oft der Moment, in dem Zahnmedizin plötzlich greifbar wird. Man merkt, dass das, was man im Hörsaal gelernt hat, Sinn ergibt. Der Unterricht findet an unseren Partneruniversitäten in Brasilien und Ägypten statt – in modernen Lehrkliniken, nicht in improvisierten Camps. Alles läuft im universitären Rahmen, mit festen Strukturen, echter Aufsicht und akademischer Qualität. Die Teilnehmenden behandeln dort Menschen, die auf zahnärztliche Hilfe angewiesen sind, und lernen, Verantwortung zu übernehmen. Auf Augenhöhe, in einem sicheren Umfeld. Aber genauso wichtig ist, was nach der Uni passiert. Der Unterricht dauert maximal vier Stunden am Tag. Der Rest ist für das gedacht, was dir kein universitäres Curriculum der Welt beibringen kann: Kultur und Begegnung. Egal ob Hidden Gems, Ausflüge nach São Paulo oder Rio, gemeinsame Abende auf der Dachterrasse oder Einladungen zum Essen bei den Familien unserer Betreuer – es geht darum, neue Perspektiven zu erleben. Und wir sagen auch ganz offen, worum es nicht geht: nach den Semesterferien „fertiger“ zu sein als vorher. Es geht darum, etwas zu erleben, das inspiriert, Spaß und den Kopf frei macht. Viele kommen zurück und sagen, dass sie durch die Erfahrung nicht nur besser, sondern entspannter geworden sind. Und genau das ist es, was wir mit Learn, Connect, Succeed meinen.

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„Ich erinnere mich noch gut an meinen Start in Brasilien. Anfangs konnte ich kaum Portugiesisch, aber das war kein Problem, da ich mit Englisch an der Uni superleicht zurechtgekommen bin. Alle waren hilfsbereit, herzlich und neugierig. Genau diese Erfahrung wollen wir weitergeben: dass man schnell ankommt, auch wenn alles neu ist. Und wer einmal erlebt hat, wie sich Zahnmedizin anfühlt, wenn sie praktisch, international und menschlich ist, kommt verändert zurück. Mit neuen Ideen, neuer Energie und oft auch mit dem Wunsch, selbst Teil von Dentventure zu werden.“

Joel, als Plattform by dentists – for dentists kennt Dentventure die Perspektive und Bedürfnisse von Zahnmedizinstudierenden. Inwiefern beeinflusst dieses Wissen die Auswahl der Partneruniversitäten und die Gestaltung der Betreuung?

Wir wissen, wie sich das Studium wirklich anfühlt. Zwischen Klinik, Prüfungen und Stress bleibt oft kaum Raum, einfach mal durchzuatmen oder etwas Eigenes zu erleben. Und genau das wollen wir ändern. Unsere Partnerunis sind bewusst so gewählt, dass sie fachlich stark sind, aber auch menschlich. Orte, an denen man nicht nur behandelt, sondern sich willkommen fühlt, lacht, Fehler machen darf und trotzdem wächst. In Brasilien zum Beispiel herrscht eine unglaubliche Offenheit. Jeder will mit dir reden, dir helfen, dich integrieren. Das ist kein Austausch im klassischen Sinn, sondern ein richtiges Eintauchen in eine neue Welt. Damit das reibungslos funktioniert, kümmern wir uns um alles: von der Sprachvorbereitung über das Visum bis zur Unterkunft. In Brasilien holen wir unsere Teilnehmenden am Flughafen ab, bringen sie in ihre Apartments in Uninähe und sind während der gesamten Zeit für sie da. Unsere Betreuer/-innen sprechen fließend Englisch, viele zusätzlich Portugiesisch oder Arabisch. Sprachkenntnisse sind also keine Voraus­setzung – wer Portugiesisch oder Arabisch lernen möchte, macht das aus eigenem Interesse, nicht aus Notwendigkeit.

Für wen eignet sich Dentventure?

• Zahnmedizinstudierende ab dem 4. Semester
• Junge Zahnärzt/-innen & Assistent/-innen
• Alle, die in den Ferien mehr als Tourismus suchen

Weitere Infos zu Dentventure auf dent-venture.com und www.instagram.com/dentventure.

dentalfresh 04/25

dentalfresh


Dieser Beitrag ist in der dentalfresh erschienen.

dentalfresh ist das Magazin für Studierende und junge Zahnärzte auf dem Weg ins Berufsleben. Viermal im Jahr bringt es frische Einblicke direkt aus der Uni- und Praxiswelt: Interviews, Famulaturberichte, Gründungsstories und Tipps für den Berufsstart. Mit einer Auflage von rund 6.000 Exemplaren wird es deutschlandweit über die Fachschaften verteilt und trifft seine Leserinnen und Leser genau dort, wo sie stehen, mitten im Studium und am Beginn ihrer Karriere.

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