Wissenschaft und Forschung 29.04.2011
Drastische Zunahme von Kopf-Hals-Tumoren
Nach
wie vor gelten Alkohol, Nikotin und schlechte Mundhygiene als
Hauptursachen für die extrem gefährliche Erkrankung. Seit neuestem hat
die Wissenschaft jedoch auch Viren im Visier, sagt Prof. Andreas Dietz
Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
am Universitätsklinikum Leipzig, einem international bekannten Zentrum
für Therapie und Forschung auf dem Gebiet der Kopf-Hals-Tumore. "Durch
die neuen Erkenntnisse werden Ursachenbestimmung und Therapieverfahren
derzeit völlig auf den Kopf gestellt. Inzwischen wird beispielsweise
auch eine Virusübertragung durch Oralsex als Risikofaktor mit
Rachenkrebs in Verbindung gebracht."
In der Regel wird chirurgisch eingegriffen, bestrahlt und/oder eine
Chemotherapie angewandt. Aktuell vollzieht sich jedoch ein Wandel hin zu
Behandlungskonzepten, die vermehrt die individuelle Tumorbiologie ins
Auge fassen. Hinzugekommen ist die sogenannte Antikörpertherapie mit
Medikamenten, die durch Blockade von Wachstumsfaktoren den Krebs
bekämpfen können. Eine neue Behandlungsdimension, die in mehreren
klinischen Studien derzeit noch verfeinert wird, so auch in Leipzig. Da
leider immer noch jeder zweite Erkrankte an dem Tumorleiden verstirbt,
ist bei weltweit zunehmender Fallzahl dringend eine größere
Aufmerksamkeit für diese Erkrankung notwendig.
Bei den Kopf-Hals-Karzinomen handelt es sich zu weit über 90 Prozent um
Plattenepithelkarzinome der Mundhöhle, des Rachenraums und Kehlkopfs
sowie der Zunge. Speziell für Rachenkrebs werden derzeit Infektionen mit
humanen Papillomaviren (HPV) als Ursache diskutiert. Die unmittelbaren
feinbiologischen Zusammenhänge sind derzeit Gegenstand der
Forschungsarbeit vieler Arbeitsgruppen. In Leipzig wird dieses Phänomen
im LIFE-Projekt untersucht.
Ausgedehnte molekularbiologische Untersuchungen sollen Aufschlüsse geben über verbesserte Therapieoptionen. Auch in Deutschland werden steigende Neuerkrankungszahlen registriert. Laut einem aktuellen, europaweiten Vergleich sterben 58 Prozent der an Krebs im Kopf-Hals-Bereich erkranken Patienten innerhalb von fünf Jahren. Prof. Dietz und seine Lübecker Kollegin, Frau Prof. Wollenberg, sehen dies als Ansporn und Verpflichtung für die Wissenschaftler.
Quelle: Universität Leipzig