Wissenschaft und Forschung 28.05.2014
Neue Wege zu Fluorverbindungen möglich
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Nicht nur bei Vitaminen, sondern auch anderen meist synthetisch hergestellten Stoffen stellt sich die Frage, ob sich die Wirkweise von dem natürlich entstandenen analogen Wirkstoff unterscheidet. Fluorverbindungen sind bisher nur synthetisch generierbar. Doch eine natürliche Herstellung von Fluorverbindungen, die später als Wirkstoff in Medikamenten und Zahnpflegeprodukten nutzbar sind, scheint nun zugänglich zu werden.
Die Eigenschaften von chemischen Verbindungen werden unter anderem durch die in ihnen gebundenen Atome bestimmt. Der Einbau von Elementen wie Fluor, die nur selten in natürlich vorkommenden Molekülen enthalten sind, lässt Forscher auf die Entwicklung neuer Medikamente mit ungeahnten Eigenschaften hoffen. Fluorverbindungen sind jedoch bisher nur durch chemische Synthese zugänglich. Forschern der Universitäten in Berkeley und Stanford ist es nun erstmals gelungen, die dafür nötigen chemischen Prozesse von Bakterien verrichten zu lassen.1
Polyketide sind eine Gruppe von Naturstoffen, zu denen beispielsweise Pflanzenfarbstoffe und Antibiotika gehören. Sie werden im Organismus aus einzelnen Acetat-Bausteinen aufgebaut und treten durch unterschiedliche Modifizierung der einzelnen Acetat-Gruppen in sehr großer Vielfalt in der Natur auf. Einige Polyketide sind als medizinische Wirkstoffe bedeutend. Daher ist es sinnvoll, fluorinierte Varianten der Moleküle herzustellen, die z. B. im Organismus schwerer abgebaut werden und dadurch länger wirksam sind.
Die Wissenschaftler in Berkeley und Stanford haben nun einen Weg gefunden, die Biosynthese der Polyketide so zu verändern, dass von den veränderten Bakterienkulturen auch Fluoracetat als Polyketidbaustein verwendet wird. Dieses wird in der Natur nur durch einen einzigen Stoffwechselweg gebildet, der Fluor chemisch in Form von Fluoracetat bindet. Durch die Kombination beider Prozesse konnten nun Polyketide rekombinant erzeugt werden. Die Untersuchungen zeigen somit Wege auf, auch fluorinierte Analoga anderer Naturstoffe herzustellen, die auf herkömmlichem (chemischen) Weg nur schwer zugänglich wären. Dies könnte der Zugang zu einer breiten Palette neuer Wirkstoffe sein.
1 Expanding the Fluorine Chemistry of Living Systems Using Engineered Polyketide Synthase Pathways, Science Magazine, 6 September 2013, Walker et al., 341 (6150): 1089-1094