Wissenschaft und Forschung 15.07.2025

Übergriffe auf Zahnärztinnen keine Seltenheit



Eine neue Untersuchung legt offen, wie verbreitet verbale, psychische und physische Gewalt gegen Zahnmedizinerinnen ist. Über 60 Prozent der Befragten gaben an, während ihrer Arbeit Opfer von Übergriffen durch Patienten oder deren Begleitung geworden zu sein. Einschüchterung und Stalking spielen dabei eine besonders zentrale Rolle. Die Untersuchung wirft ein Licht auf einen bislang wenig thematisierten Aspekt zahnärztlicher Arbeit: Den „intimen Raum“, der für Patient und Behandlerin gleichermaßen schutzbedürftig ist. 

Übergriffe auf Zahnärztinnen keine Seltenheit

Foto: Thipphaphone - stock.adobe.com; Generiert mit KI

Die Autorinnen und Autoren der im Fachjournal Scientific Reports veröffentlichten Studie haben 165 Zahnärztinnen in Brasiliens bevölkerungsreichstem Bundesstaat befragt. Sie alle arbeiteten entweder in der öffentlichen oder privaten zahnmedizinischen Versorgung. Mehr als drei Viertel der Betroffenen berichteten von einer Atmosphäre der Einschüchterung. Für Frauen im öffentlichen Dienst war das Risiko noch höher als für Kolleginnen in der Privatpraxis. Statistisch besonders auffällig waren zwei Faktoren: Wer von Patient oder Begleitung eingeschüchtert wurde, hatte eine 16-mal höhere Wahrscheinlichkeit, auch weitere Formen von Gewalt zu erleben. Stalking verdreifachte das Risiko. Rund die Hälfte der Befragten berichtete von Stalking-Erfahrungen. Dass fast drei Viertel dieser Frauen zusätzlich tätliche oder psychische Übergriffe meldeten, verdeutlicht die Eskalationsgefahr solcher Verhaltensmuster.

Trotz der Belastung suchten nur 28 Prozent der Betroffenen aktiv Hilfe. Psychologische Unterstützung wurde dabei am häufigsten in Anspruch genommen, vor allem von weniger erfahrenen Zahnärztinnen. Jüngere Kolleginnen gaben häufiger an, nach einem Übergriff therapeutische Hilfe benötigt zu haben. Das Risiko für Gewalt bleibt dabei über alle Altersgruppen hinweg konstant. Ein sicherer „Ausweg“ durch mehr Berufserfahrung ist also nicht erkennbar. Immerhin gaben die meisten an, in ihrer Praxis Begleitpersonen während der Behandlung zuzulassen, ohne dass dies das Risiko signifikant erhöhte. Allerdings stachen gerade Begleitpersonen in den Erzählungen der Befragten als Täter hervor. Die Untersuchung belässt es jedoch nicht nur bei Zahlen, sondern benennt auch strukturelle Schwachstellen. So fanden sich in der Analyse Hinweise auf erhöhte Risiken in Praxen ohne Empfangskontrolle, bei Nachtarbeit und bei Alleinarbeit. Diese Faktoren erreichten zwar keine statistische Signifikanz, gelten aber aus Sicht der Forschenden dennoch als relevante Risikofaktor.

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