Branchenmeldungen 16.08.2011
Bessere medizinische Betreuung von Migranten
Seit April 2011 ist die Medizinische Universität Wien am EU-Projekt
„RESTORE“ beteiligt, das sich mit der medizinischen Betreuung von
Migranten in der medizinischen Grundversorgung befasst. Ziel ist es, bis
31. März 2015 sowohl für die Patienten, als auch für die
Allgemeinmediziner und Kostenträger der medizinischen Versorgung einen
Vorschlag zur Verbesserung des Miteinanders präsentieren zu können.
Leiter
des Projekts in Österreich ist der Allgemeinmediziner Wolfgang Spiegel
von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. „Bei der
Betreuung von Migranten sind die sprachlichen und kulturellen Barrieren
größer als landläufig bekannt. Um herauszufinden, wo den Patienten der
Schuh drückt, interessieren uns auch Aspekte, die mit der
Krankheitswahrnehmung zusammenhängen“, umreißt er einen der
Problembereiche. Und zwar nicht nur, was die Beschwerden bzw. die
Symptome an sich betrifft, sondern auch was Ängste, Hoffnungen oder die
sozialen und familiären Folgen des "Krankseins" betrifft. Spiegel:
„Solange sprachliche und kulturelle Barrieren bestehen, ist eine
vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung schwer zu etablieren. Das gilt
insbesondere für psychosoziale Probleme und psychiatrische Störungen.
„Das Potenzial für Missverständnisse verringern“
Viele
Patienten bringen einen Familienangehörigen mit zur Behandlung, der als
Dolmetscher fungiert, weiß Spiegel aus eigener Erfahrung als
Allgemeinmediziner in Wien-Ottakring. Doch auch beim Einsatz von
Laiendolmetschern können unterschiedliche Mißverständnisse auftreten:
„Oft wird die Mitteilung oder Frage das Arztes oder der Ärztin falsch
übersetzt oder vom dolmetschenden Angehörigen missverstanden.“ Dann
könne es schon passieren, dass der Arzt meint, ein Einvernehmen mit
einer Patientin hergestellt zu haben – zum Beispiel für eine bestimmte
Therapie oder die stationäre Aufnahme – aber tatsächlich vom Patienten
die gegenteilige Position eingenommen wird.
„Wir wollen mit der
Methode ‚partizipatives Lernen und Handeln’ in diesem Projekt
Alternativen und Lösungsansätze erarbeiten. Beispielsweise könnte es
erforderlich sein, die mitgebrachten Laiendolmetscher kurz über den
Dolmetschvorgang zu informieren oder mit ihnen eine vorher festgelegte
Checkliste durchzugehen. Wir werden auch verschiedene Modelle zum
Einsatz professioneller medizinischer Dolmetscher untersuchen, zum
Beispiel telefonische Dolmetschdienste.“
Schwerpunkt psychische Gesundheit
Klinischer
Schwerpunkt des österreichischen Anteils an diesem europäischen
Forschungsprojekt ist die psychische Gesundheit. „Migration ist oft ein
Wegbereiter für seelische Erkrankungen und Traumata. Spiegel: „In der
Allgemeinmedizin begegnen wir täglich Migranten, die sich mit
psychischen Beschwerden an uns wenden. Hier jene herauszufinden, die
psychiatrischer Behandlung bedürfen und die Patienten bei
spezialisierten psychiatrischen Diensten vorzustellen, ist keine
einfache Aufgabe.“.
Die ersten konkreten Ergebnisse aus dem
Projekt sind im Frühjahr 2012 zu erwarten. Derzeit wird der Ist-Stand
der Empfehlungen und Forschungsergebnisse gesichtet und mit Gruppen von
Betroffenen (ÄrztInnen, MigrantInnen, Vertretern von Organisationen)
über Ideen und Wünsche gesprochen.
Über RESTORE
RESTORE
ist ein von der Europäischen Kommission finanziertes Forschungsprojekt.
Es zielt darauf ab, die medizinische und psychosoziale Grundversorgung
für MigrantInnen in Europa zu optimieren. Mit Hilfe von innovativen
Forschungsmethoden, wie dem partizipativen Lernen und Handeln (PLA) und
der Normalisierungsprozesstheorie (NPT) soll erforscht werden, wie
kulturelle und sprachliche Barrieren im Kontakt zwischen MigrantInnen
und AllgemeinärztInnen bzw. Ordinationspersonal, überwunden werden
können. Gleichzeitig soll untersucht werden, wie verfügbare Ressourcen
effizient in Gesundheitssysteme in ganz Europa integriert werden können.
Ins Projekt involviert sind Universitäten aus Österreich, Griechenland,
England, Schottland, Irland und den Niederlanden.
Service: http://fp7restore.eu/
Quelle: MedUni Wien