Branchenmeldungen 27.03.2013
Gebiss verrät Herkunft des Pflasterzahndinosauriers
Pflasterzahnsaurier gehörten zu den ersten Meeresreptilien. Mit ihren typischen Knackzähnen ernährten sie sich von Muscheln und Krustentieren. Wann und wo diese hochspezialisierten Meeresreptilien entstanden sind, war bis anhin unklar. Vor kurzem wurde in den Niederlanden ein 246 Millionen Jahre alter Schädel eines jungen Pflasterzahnsauriers entdeckt. Paläontologen der Universitäten Zürich und Bonn belegen nun, dass es sich dabei um einen der ersten dieser Saurier handelt, und er in Europa entstanden ist.
Während rund 50 Millionen Jahren besiedelten Pflasterzahnsaurier die
flachen, küstennahen Regionen des Tethys-Meeres. Auffälligstes Merkmal
der Placodonten, wie diese Saurier auch genannt werden, war ihr Gebiss:
Ihr Oberkiefer besass im Gaumen und auf dem Kieferknochen je eine Reihe
plattenförmiger Zähne, während der Unterkiefer nur eine Zahnreihe
aufwies – Zähne, ideal um Muscheln und Krustentiere zu zerbeissen.
Die Entstehung dieser Pflasterzahnsaurier war bis anhin nicht schlüssig
geklärt. Ein neuer Fund aus einer 246 Millionen Jahre alten
Sedimentschicht beleuchtet nun den Ursprung und die
stammesgeschichtliche Entwicklung der Placodonten. Wie das
schweizerisch-deutsche Team unter der Leitung von Torsten Scheyer,
Paläontologe an der Universität Zürich zeigt, handelt es sich beim
Schädelfund aus Winterswijk (NL) um die ursprünglichste Form aller
bekannten Pflasterzahnsaurier. Das Jungtier lebte vor 246 Millionen
Jahren. Sein rund zwei Zentimeter grosser Schädel ist sehr gut erhalten,
und seine Merkmale heben ihn von den bisher bekannten Placodonten ab.
Doppelte Zahnreihe mit spitzen Zähnen
Die bislang bekannten ursprünglichsten Placodonten besitzen die für die
Gruppe charakteristische Doppelbezahnung im Oberkiefer und haben
kugelförmige Zähne. Die namengebenden plattenförmigen Zähne treten erst
bei den voll entwickelten Pflasterzahnsauriern auf. „Das
Winterswijker-Exemplar hat im Unterschied zu allem bisher Bekannten
keine plattenförmigen oder kugeligen Knackzähne, sondern eher
kegelförmige, spitze Zähne“, erläutert Scheyer den Befund, „sodass beim
Zubeissen die spitzen Zähne des Unterkiefers präzise in den Raum
zwischen Gaumen- und Oberkieferknochenzähnen griffen.“
Dass es sich beim neuen Fund tatsächlich um einen Placodonten handelt,
belegt die für die Gruppe typische doppelte Zahnreihe im Oberkiefer.
Gemäss den Forschern war das Gebiss von Palatodonta bleekeri, so der
wissenschaftliche Name des Winterswijk-Exemplars, darauf spezialisiert,
weiche Beutetiere fest zu halten und zu durchdringen. Dazu Scheyer: „Die
Doppelbezahnung des Fundes kombiniert mit seinem hohen Alter lassen den
Schluss zu, dass es sich um einen sehr ursprünglichen Placodonten
handelt, aus dem sich dann die späteren Formen entwickelt haben.“ Die
Ausbildung der Knackzähne und die Spezialisierung auf eine Ernährung aus
Muscheln und Krustentiere erfolgten folglich innerhalb der
Entwicklungsgeschichte der Pflasterzahnsaurier.
Entstehung in Europa sichergestellt
Der kleine Palatodonta bleekeri-Schädel wirft ein neues Licht auf die Debatte um das Entstehungsgebiet der Pflasterzahnsaurier: Die bisherigen Funde liessen sowohl eine Entstehung in den Schelfmeergebieten des heutigen Chinas als auch in Europa zu. Aufgrund des hohen Alters des niederländischen Fundes und seiner ursprünglichen Form gilt jetzt die europäische Entstehung der Pflasterzahnsaurier als gesichert. Scheyer und Kollegen hoffen auf weitere spannende Funde aus Winterswijk, um die Entwicklungsgeschichte der Placodonten weiter voran zu treiben.
Quelle: Universität Zürich