Branchenmeldungen 29.12.2011
Neuer Klinikdirektor stärkt Expertise von Dresdner Uniklinikum
Mit Professor Dr. med. Dr. med. dent. Günter Lauer konnte das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden einen profilierten Vertreter der regenerativen Medizin gewinnen. Er steht seit Oktober als Direktor an der Spitze der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und folgt Prof. Uwe Eckelt.
Prof. Lauer übernimmt mit der Leitungsaufgabe auch die Professur für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden. Der Arzt und Wissenschaftler gehört in Deutschland zu den Pionieren der Kultivierung körpereigener Schleimhaut- und Knochenzellen und deren Einsatz bei Patienten.
Parallel
zu seiner ärztlichen Tätigkeit engagiert sich Prof. Lauer bereits seit
über 25 Jahren in der Grundlagenforschung. Da er vor seiner zweijährigen
Tätigkeit als Professor an der Medizinischen Universität Wien bereits
als stellvertretender Klinikdirektor am Klinikum tätig war, ist Prof.
Lauer vielen Dresdner Patienten bereits ein Begriff: Schwerpunkte seiner
ärztlichen Arbeit sind die plastisch-rekonstruktive beziehungsweise
plastische Chirurgie, Fehlbildungen im Kopf- und Gesichtsbereich sowie
das Implantieren von Zahnersatz.
„Mit Professor Lauer gewinnt die Dresdner Hochschulmedizin einen
Vordenker in der regenerativen Medizin. Was ihn jedoch besonders
auszeichnet, ist sein Talent, die Grundlagenforschung mit der
Krankenversorgung eng zu verknüpfen. So profitieren Patienten des
Universitätsklinikums früher als andere von den aktuellsten
Forschungsergebnissen“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer
Vorstand des Universitätsklinikums. Prof. Lauer und seine Ärzte zählen
deutschlandweit zu den wenigen Teams, die routinemäßig im Labor
gezüchtetes Gewebe in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
verwenden, um fehlende Mundschleimhaut oder Knochen zu ersetzen. Davon
profitieren vor allem Krebspatienten, Unfallopfer mit schwersten
Gesichtsverletzungen und Kinder, die mit einer
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren werden. Dank innovativer Verfahren
sowie der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Kliniken des
Uniklinikums lassen sich die Spalten besser als früher schließen und
damit sogar der Durchbruch der eigenen Zähne verbessern.
Die Forschungen von Prof. Lauer, die in enger Kooperation mit weiteren
Wissenschaftlerteams vorangetrieben werden, öffnen der
wiederherstellenden oder rekonstruktiven Chirurgie neue Perspektiven:
Bisher werden durch Verletzungen oder Tumore zerstörte Knochen vor allem
durch Platten aus Titan sowie neuerdings auch aus Keramik oder
Biomaterialien, die menschlichen Knochen ähneln, stabilisiert. Dank
neuer Verfahren der Zellkultivierung reichen nun wenige Knochenzellen
eines Patienten, um in etwa acht Wochen Gewebe zu züchten, welches dann
dem Patienten transplantiert werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass
das Risiko von Abstoßungsreaktionen und Infektionen weiter sinkt.
Bislang stößt der Einsatz von gezüchteten körpereigenen Geweben jedoch
an Größengrenzen: Die damit zu schließende Lücke darf nur klein sein.
Denn bisher ist es im Labor noch nicht gelungen, das Wachstum von
Blutgefäßen in das neu gebildete Gewebe anzustoßen: „Diese
Vaskularisierung – das An- und Einwachsen kleinster Gefäße in im Labor
gezüchtetes Material – befindet sich noch im Forschungsstadium. Ich
gehöre als Vertreter der chirurgischen Seite einer Arbeitsgruppe des
Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD) an, die sich mit diesen
Fragen beim Knochenaufbau beschäftigt“, erklärt Prof. Lauer. Mit dem
„Zentrum für Translationale Knochen-, Gelenk- und
Weichteilgewebeforschung“ startete in diesem Jahr eine weitere
Forschungseinrichtung, die sich der regenerativen Medizin verschrieben
hat: In dem von Klinikum und Medizinischer Fakultät gegründeten Zentrum
sind die nun von Lauer geleitete Klinik, die Kliniken für Orthopädie
sowie für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie zusammengeschlossen,
um ihre wissenschaftlichen Projekte in gemeinsam betriebenen Labors zu
bündeln.
„Ein weiterer Ansatz unserer Forschungen zur regenerativen Medizin
besteht darin, körpereigene Zellen zur Stimulation der Gewebebildung zu
nutzen“, beschreibt der neu berufene Klinikdirektor eine stark mit dem
klinischen Alltag verknüpfte Herausforderung. Damit wollen die
Wissenschaftler unter anderem dem Problem begegnen, dass der menschliche
Organismus implantierte Biomaterialien nicht optimal zu Knochen umbaut.
Dies kann sich beispielsweise negativ auf die Stabilität der neu
gebildeten Strukturen auswirken. Bereits heute setzt die Klinik
körpereigene Zellen ein, um Kieferknochen aufzubauen: Ein wichtiges
Einsatzgebiet ist die Implantologie: Wenn nach dem Verlust eines Zahnes
nicht sofort ein Implantat gesetzt wird, bildet sich der
darunterliegende Knochen zurück. Ursache ist der Wegfall der von einem
Zahn ausgehenden Belastung. Diesen Verlust an Substanz gleicht Prof.
Lauer aus, indem er zuerst den Kieferknochen im Bereich der Zahnlücke
spaltet und dann das später die Krone tragende Implantat zusammen mit
den Biomaterialien und den vorab kultivierten körpereigenen
Knochenzellen einbringt. Nach einem Vierteljahr ist das mit einem
Innengewinde versehende Implantat in der Regel voll belastbar, so dass
die Krone eingeschraubt werden kann.
Als Chirurg ist Prof. Lauer vor allem auf hochkomplexe Operationen im
Bereich von Schädel und Gesicht (lateinisch: craniofacial)
spezialisiert. In diesen Fällen arbeiten er und seine Fachkollegen der
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie auch mit den Experten der
Neurochirurgie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, der Unfall- und
Wiederherstellungschirurgie und bei Bedarf zusätzlich mit der
Kinderchirurgie eng zusammen. Je nach Komplexität werden die Eingriffe
an einem Computer geplant. Neben der Versorgung von Unfallopfern mit
schwersten Gesichtsverletzungen sind es Patienten, die durch die
operative Entfernung eines Tumors Knochen und/oder Weichgewebe im
Gesicht oder dem Schädel verloren haben. Auch Kinder profitieren von der
interdisziplinären Zusammenarbeit am Klinikum: Neben Lippen-, Kiefer
Gaumenspalten werden auch angeborene Schädeldeformationen zumeist im
ersten Lebensjahr korrigiert. Bei komplexen Schädeloperationen
unterstützen Prof. Lauers Team und die Neurochirurgen die
Kinderchirurgen des Universitätsklinikums. Der Mund-, Kiefer- und
Gesichts-chirurg hat in den vergangenen Jahren auch im südostasiatischen
Kambodscha viele Kinder zusammen mit den Neurochirurgen des
Uniklinikums kostenlos operiert. Die meisten litten an
Meningoencephalozelen, das sind Fehlbildungen mit Ausstülpungen von
Gehirnanteilen unter die Haut am Übergang zwischen Gesichts- und
Hirnschädel. Daneben verschließt Prof. Lauer dort auch regelmäßig
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten.
Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden